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Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Titel: Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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vielleicht schon zu spät. Aber er sah auch keine Alternative. Er konnte Jack nicht dazu zwingen, sofort aufzubrechen.
    »Ich verspreche, ich nehme den ersten Flug morgen früh – sobald die Halsketten fertig sind.«
    »Das dürfte nicht ganz einfach sein. Viele Fluglinien haben alle Flüge gestrichen.«
    »Warum? Kommen die Piloten nicht zum Dienst?«
    »Auch das. Aber einige Flugzeuge sind verschwunden. Besser gesagt, eine Menge Flugzeuge sind verschwunden. Sie heben ab, landen aber nirgendwo.«
    »Toll. Womit haben wir es jetzt zu tun? Löcher im Himmel?«
    »Nein. Da sind Leviathane in der Luft, die sich auf die Flugzeuge stürzen und sie zermalmen.«
    Jack schwieg und blickte Glaeken nur skeptisch an.
    »Es stimmt«, sagte Bill und führte Nick aus der Küche herein.
    Bill setzte ihn in einen Sessel, der von der Morgensonne beschienen wurde. Nick starrte blicklos gegen die Wand.
    »Ich habe sie gesehen«, fuhr Bill fort. »Sie waren riesig. So groß wie ganze Städte, und sie segelten durch die Nacht.«
    »Wenigstens haben wir noch die Tage«, meinte Jack. »Ihre Dauer nimmt vielleicht ab, aber vielleicht hat dieser Rasalom einen Fehler gemacht, als er uns noch so viel Zeit gegeben hat.«
    »Ganz und gar nicht. Die Tage geben uns die Gelegenheit, uns von unserer schlimmsten Seite zu zeigen. Die ständige Bedrohung könnte uns zusammenschweißen und das Beste in uns zum Vorschein bringen. Aber der Aufschub, den uns das Tageslicht verschafft, gibt den Schrecken der Nacht zuvor und den zu erwartenden Schrecken der kommenden Nacht die Zeit, auf uns zu wirken. Durch ihn erhält die Angst genug Raum, uns zu zermürben. Angst ist der Schlüssel zu Rasaloms Macht. Angst ist das, was uns spaltet. Von Krieg und Rassismus bis zu den üblichen Lastern wie Gier und Maßlosigkeit – alles hat seinen Ursprung in der Angst. Was ist Religion schließlich anderes als eine ritualisierte Reaktion auf Angst – Angst vor dem Tod, vor den Unwägbarkeiten von Glück und Zufall, denen jedes Leben auf die eine oder andere Art unterworfen ist?« Er deutete zum Fenster hinaus. »Die Angst regiert da draußen. Sie treibt einen Keil zwischen uns, verletzt uns, bringt das Schlimmste in vielen von uns zum Vorschein. Sie wird uns vernichten.« Er wandte sich an Jack. »Deswegen müssen Sie nach Maui und diese Halsketten zurückholen.«
    »Ich werde eine Möglichkeit finden«, sagte Jack besänftigend. »Irgendeinen Weg gibt es immer.«
    Insgeheim jedoch nagte eine Frage an Glaeken: Selbst wenn Jack einen Weg findet, die Halsketten wiederzubeschaffen, was dann?
    Die Anspannung breitete sich von seiner Brust bis in die Gliedmaßen aus. Er ließ die arthritischen Finger knacken, um die Verspannung zu lösen. Ja, was dann? Da er den Ursprung des Metalls kannte, aus dem die Halsketten gefertigt waren, hatte er fast Angst davor, mit ihnen im gleichen Raum zu sein. Was würde geschehen, falls er sie berührte? Oder auch nur in ihre Nähe kam? Hoffentlich nichts. Aber er konnte es nicht riskieren. Er würde Abstand zu ihnen halten, wenn und falls Jack sie zurückbrachte.
    Jack meinte: »Wissen Sie, so, wie sich die Dinge entwickeln, wäre es vielleicht ganz gut, wenn ich auf diesem Trip Rückendeckung hätte.«
    Bill sagte: »Ich kann mitkommen, wenn Sie das wollen.«
    Zuerst war Glaeken überrascht, dass Bill das anbot. Er sah den ehemaligen Priester an und bemerkte den verzweifelten Blick in seinen Augen. Weswegen die Verzweiflung? Dann begriff er. Bill fühlte sich verloren, hilflos, er sah sich bereits als Bewohner des Landes, in dem der größte Teil der Menschheit bald angesiedelt sein würde. Armer Kerl. In den Fahndungslisten der New Yorker Polizei wurde er immer noch wegen eines Kapitalverbrechens geführt, er hatte mit seiner Kirche gebrochen, seine Familie war tot, sein letzter Freund saß hier und befand sich die meiste Zeit im Zustand der Katatonie, und nicht zuletzt hatte Glaeken den Eindruck, dass Bills Gefühle für Carol Treece tiefer gingen, als er zuzugeben wagte.
    Kein Wunder, dass er leichtfertig bereit war, Risiken einzugehen.
    Glaeken hoffte, dass Jack vernünftig genug sein würde, auf dieses Angebot zu verzichten.
    »Ähem, das ist jetzt nicht persönlich gemeint, Bill«, sagte Jack nach einer langen Pause, »aber ich suche dafür jemanden, der etwas mehr handgreifliche Erfahrung mitbringt.«
    »Wenn ich jünger wäre …«, meinte Glaeken wehmütig.
    Er erinnerte sich an Zeiten, in denen er die Zeitalter verflucht hatte,

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