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Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Titel: Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emmy Abrahamson
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und gefragt, wo sie sind. Sie hat es ihm natürlich nicht erzählt, aber wenn er jetzt nach Hause käme, hätte er eine gute Chance, an alle Informationen zu kommen, die er braucht. Ich würde sie ihm geben. Unter Folter sage ich alles. Nein, ich würde ihm auch so alles erzählen, die schnellste Busverbindung zwischen Ystad und Vallerup inklusive. Auch ohne Folter. Wenn er mich nur am Leben lässt!
    »Weiß er, dass wir hier sind?«
    »Natürlich nicht«, flüstert Mutter.
    »Also ist das hier ein Einbruch!«
    »Es ist kein Einbruch, wenn man Schlüssel hat.«
    »Aber …«
    »Er würde die Sachen niemals freiwillig herausrücken«, sagt Mutter. »Sei vorsichtig und rühr keine von den Flaschen an! Sieht aus, als ob er die sammelt.«
    Richtigstellung:
    MUTTER UND TOCHTER AUF POLENREISE VON BETRUNKENEM BUSFAHRER ZERSTÜCKELT UND IN FLASCHEN ABGEFÜLLT !
    Während wir unsere Lasten zum Aufzug schleppen, kommt eine ältere Frau aus der Wohnung gegenüber. Hinter ihr kläfft ein kleiner Hund und springt dazu wie ein Gummiball auf und ab.
    »Was geht hier vor?«, fragt sie. »Wo ist Pani Kowalska?«
    Pani heißt auf Polnisch Frau, Pan Herr. Ich frage mich auch, wer und wo Frau Kowalska sein könnte, bis ich darauf komme, dass Sylwia und Celestyna mit Nachnamen so heißen.
    »Weiß Pan Kowalski davon?«, fährt die Nachbarin fort.
    »Das geht Sie nichts an«, sagt Mutter kaltschnäuzig.
    Die Nachbarin schlägt die Tür mit einem Knall wieder zu. Zu dem Kläffen kommt jetzt ein dumpfes Klatschen. Offenbar beginnt der kleine Hund, sich gegen die Wohnungstür zu werfen.
    Bevor wir die Tür zur Sylwias Wohnung endgültig schließen, entdecke ich ein kleines gelbes Kaninchen mit einem dunkelblauen Halsband, das Celestyna gehören muss. Ich stopfe das Kaninchen in die Jackentasche und stelle mir vor, wie glücklich Celestyna sein wird, wenn ich es ihr gebe.
    Jetzt, wo ich gesehen habe, wie fürchterlich sie in Polen gewohnt haben, werde ich nie wieder etwas Dummes über Sylwia und Celestyna denken. Ich werde mit Freuden im Garten herumlaufen und Sylwias Kippen aufsammeln. Ich werde Celestyna Schokolade kaufen, bis sie ins Zuckerkoma fällt. Ich werde vorschlagen, dass wir alle drei zu Lindex shoppen gehen und ich alles bezahle, was sie haben wollen. Celestyna kann sogar mein Magnolienparfum behalten.
    Als wir zum Auto kommen, sehe ich, dass die kleinen Jungs versucht haben, den Volvo-Schriftzug am Heck des Wagens zu entfernen, aber sie haben nur einen Buchstaben geschafft.
    Als der Olvo vom Hochhaus Nummer 16 wegfährt, bete ich ein stilles Gebet, dass ich nie wieder nach Rumia kommen muss. Und nie in den Schlagzeilen der Abendzeitung landen werden.

10
    Der letzte Tag in Gdynia versinkt im Chaos. Das Auto muss gewaschen, gleich kiloweise Brot gekauft und Vaters Uhr vom Uhrmacher abgeholt werden. Dann packen wir sämtliche Taschen um, weil Fleisch und Würste darin tief unten versteckt werden müssen, danach geht es Tomaten kaufen. Zwei Tanten müssen auch noch besucht und noch einmal müssen mehr Kronen im Hotel Gdynia in Zloty gewechselt werden, denn Mutter möchte unter anderem noch eine Tischdecke von den alten Frauen vor dem Hauptbahnhof erstehen. Bei einem Cousin in Sopot wären drei Dosen Honig und zwei Dosen eingelegte Gurken abzuholen – von der Million Kleinigkeiten, die sonst noch zu erledigen sind, zu schweigen.
    Am Morgen der Abreise versuchen wir verzweifelt, all unser Gepäck und dazu die Sachen von Sylwia und Celestyna ins Auto zu quetschen, als Mutter mit jeder Menge Werkzeug und mehreren Werkzeugkästen anrückt, die offenbar auch noch mit sollen.
    »Was ist das denn?«, frage ich.
    »Die Sachen von Pan Bogusław und Pan Maciej«, antwortet Mutter, als hätte ich das selber wissen können.
    »Pan wer und wer?«
    »Die Handwerker, die mit uns nach Schweden kommen. Damit endlich das Badezimmer und die Küche fertig werden.«
    »Handwerker?«
    Mutter antwortet nicht, sondern steckt eine Kartuschenpresse zwischen Sylwias Bettwäsche.
    »Und wie sollen wir alle ins Auto passen?«, frage ich. »Wir zwei haben ja kaum Platz mit all den Sachen.«
    Ich kenne die Antwort schon: Ich werde aufs Dach gebunden.
    »Sie werden nicht mit uns im Auto fahren. Auf der Fähre tun sie so, als wären sie Passagiere, und wir nehmen ihr Werkzeug im Auto mit.«
    »Tun so, als wären sie Passagiere? Was sollen sie denn sonst sein, Aliens oder was?«
    Mutter stopft Spachteln unter eine Wolldecke.
    »Sie haben Pässe, aber offiziell

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