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Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Titel: Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emmy Abrahamson
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scheißtraurig«, schluchzt er, während seine schwankenden Kumpel ihn zu trösten versuchen.
    Dann haut ihm einer von ihnen viel zu hart auf den Rücken.
    »Is’ okay, Magge«, sagt ein anderer. »Is’ okay.«
    Als Magge zu Boden sinkt und einschläft, schieben sie ihm das T-Shirt hoch und malen ihm mit Filzstift Augen, Nase und Mund auf den Bierbauch. Dann trampeln sie wie eine Horde Elefanten johlend davon.
    »Schweden!«, grummelt Mutter, als sie von der Toilette zurückkommt und das Kunstwerk auf Magges Bauch sieht.
    Bald darauf informiert eine Frauenstimme aus dem Lautsprecher, dass wir uns Karlskrona nähern. Es ist Zeit, wieder zum Auto zu gehen. Wir sammeln unsere Sachen ein und nehmen die nächstgelegene Treppe. Sie führt am Ausgang für Passagiere ohne Fahrzeug vorbei. In der davor wartenden Menge sehen wir unsere polnischen Handwerker stehen.
    »O nein!«, stöhnt Mutter. »Pan Bogusław hat immer noch die bescheuerte Kappe auf. Ich hab ihm doch gesagt, dass ersie abnehmen soll, bevor er an Land geht. Alicja, geh und sag ihm, dass er die Kappe abnehmen soll, sonst wird er nie ins Land gelassen!«
    »Was?«
    »Jetzt mach schon!«
    Mutter schubst mich, und ich beginne, mich durch die Menschenmenge durchzukämpfen. Pan Bogusław lächelt, als er mich entdeckt. Pan Maciej steht neben ihm und starrt auf die Tür.
    »Fräulein Alicja!«
    Ich dränge mich so nah wie möglich an Pan Bogusław heran, damit uns niemand hört.
    »Meine Mutter bittet …«, beginne ich. »Meine Mutter fragt, ob Sie Ihre Kappe abnehmen könnten.«
    »Verzeihung?«, sagt Pan Bogusław.
    »Meine Mutter bittet, dass Sie die Kappe abnehmen«, wiederhole ich. »Damit Sie nicht von der Polizei aufgehalten werden.«
    Ich weiß nicht, wem von uns beiden die Sache peinlicher ist, aber Pan Bogusław nimmt die Kappe ab. Sein Lächeln wirkt ein bisschen verlegen. Man sieht, dass er eine halbe Glatze hat.
    »Tut mir leid«, sage ich und meine es auch so.
    Als wir endlich auf schwedischen Boden rollen, bin ich so froh, dass ich mir erst nichts dabei denke, als ein schwedischer Zöllner uns Zeichen macht. Dann verstehe ich, dass wir an die Seite fahren sollen. Wie ein Schuljunge, den man zum Rektor schickt, müssen wir aus der Schlange ausscherenund einen der ausgewiesenen Plätze der Schande ansteuern. Ich sehe, wie sie in den anderen Autos die Hälse recken, um einmal im Leben richtige Gangster zu sehen. Ich zerquetsche fast die Decke zwischen meinen Beinen.
    »Pass und Führerschein, bitte!«, sagt der Zollbeamte mit steinerner Miene.
    Mutter gibt ihm unsere Pässe und ihren Führerschein und lächelt so unschuldig, wie es nur wahrhaft Schuldige können. Der Mann verschwindet mit unseren Papieren in einem kleinen Häuschen.
    Nach ein paar Minuten kommt er zurück und schaut ins Auto.
    »Haben Sie Fleisch, Obst oder Gemüse mitgebracht?«, fragt er.
    »Nein«, sagt Mutter wie aus der Pistole geschossen.
    Ich schüttle stumm den Kopf.
    »Und was ist das da?«, fragt er und zeigt auf die gequetschte Decke zwischen meinen Beinen. Zu meinem Entsetzen sehe ich oben einen roten Farbrührer herausschauen.
    »Ein Schneebesen«, sagt Mutter ärgerlich. »Ein teurer sogar. Ist es vielleicht verboten, so was nach Schweden mitzunehmen?«
    Der Zollbeamte runzelt die Stirn, und ich bete ein stilles Gebet, dass er sich weder mit dem Backen noch mit Anstreicharbeiten auskennt. Oder dass er keinen Bock hat, Streit mit einer kratzbürstigen Polin anzufangen.
    Schließlich macht uns der friedfertige Zollbeamte Zeichen, dass wir weiterfahren sollen. Ich bin zu Hause.

11
    In unserem Haus in Vallerup sollen jetzt also außer Mutter, mir, meinem Bruder Rafał und den Zwangsgästen Sylwia und Celestyna auch noch die polnischen Handwerker Pan Bogusław und Pan Maciej wohnen. Das Chaos beginnt schon, als wir den Olvo ausladen. Wir brauchen die halbe Nacht, um das Essen in den Kühlschrank zu räumen, alles zum Lüften aufzuhängen, was nach Wurst riecht, und provisorische Nachtlager für die Handwerker aufzuschlagen. Als feststeht, dass im Haus kein Platz für sie ist, werden sie in der Garage einquartiert. Zwei Feldbetten haben sich am Ende auch noch gefunden.
    »Tut mir leid, dass ihr hier draußen schlafen müsst«, sage ich, als ich ihnen Kissen bringe.
    »Bei einer Familie in Deutschland musste ich in einem feuchten Keller ohne Fenster und Toilette schlafen«, antwortet Pan Bogusław. »Dagegen ist das hier Luxus.«
    Obwohl Sylwia und Celestyna schon in ein paar

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