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Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Titel: Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emmy Abrahamson
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Und jetzt … bitte verzeih mir doch!«
    Jetzt gerät mein Blut doch in Wallung, und ich spüre meine Wangen rosa werden.
    »Versuch’s doch bitte mal aus meiner Sicht zu sehen«, fährt Ola fort. »Ich musste doch denken, dass du es warst. Am Anfang hab ich sogar gehofft , dass du es bist. Dass du …«
    »Ich sehe kein bisschen wie Celestyna aus!«, schreie ich und knalle das Buch zu.
    Ein paar Leute recken schon die Hälse, und jetzt sehe ich Ola Olsson endlich an. Sehe, wie schrecklich leid es ihm wirklich zu tun scheint. Er sieht genauso unendlich traurig aus wie an dem Tag, als er in Vallerup aufgetaucht ist und ich ihm gegen das Schienbein getreten habe.  – Ha, das hatte er verdient!
    »Ich weiß«, sagt er unglücklich. »Aber sie hatte immer deine Kleider an und …«
    Ich werde so wütend, dass zur Stressinkontinenz wahrscheinlich nicht mehr viel fehlt.
    »Sehe ich aus wie dreizehn?«
    »Nein …«
    »Habe ich flachsblonde Haare?«
    »Nein, si…«
    »Sehe ich aus wie jemand, der gerade eine Schokoriegeldiät macht?«
    »Überhaupt ni…«
    »Sehe ich aus wie jemand, der Leuten nachstellt?«
    »Nein, überhaupt nicht! Aber ich dach…«
    »Sehe ich aus, als hätte ich nichts Besseres zu tun, als anderer Leute Blumenbeete umzupflügen?«
    »Nein …«
    »Sehe ich aus, als würde ich mit toten Vögeln spielen?«
    »Nein …«
    »Sehe ich aus, als würde ich anderen Leuten Dachse ins Bett legen? Tote Dachse?«
    »Ich hab sie immer nur von weit weg …«
    »Sehe ich überhaupt wie jemand aus, der auch nur einen Hauch von Interesse an jemandem wie dir haben könnte?«
    Ola Olsson antwortet nicht und sieht nur immer zerknirschter aus.
    »Kurz gesagt: Sehe ich vielleicht wie eine PSYCHOPATHIN aus?«
    »Nein«, sagt Ola Olsson mit schwacher Stimme.
    Ich spüre, dass ich wieder freier atmen kann.
    »Dann hätten wir das ja geklärt!«, sage ich.
    Und dann steht plötzlich Pan Bogusław neben mir.
    »Fräulein Alicja, brauchen Sie Hilfe?«, fragt er und sieht Ola Olsson drohend an.
    »Danke, nicht nötig. Aber ich glaube, es ist am besten, wenn wir draußen auf Mutter warten.«
    Bevor wir gehen, wende ich mich noch einmal Ola Olsson zu.
    »Nur zu deiner Information: Das hier ist Pan Bogusław, unser hundertprozent illegaler Handwerker aus Polen. Nur damit du alles sauber auf die Reihe kriegst, wenn du bei deinen Freunden von der Polizei anrufst. Außerdem kannst du ihnen erzählen, dass mein Vater bei der Steuererklärung schummelt, mein Bruder Rafał, seit er zwölf ist, einen falschen Schülerausweis benutzt und meine Mutter Kartoffeln und Zwiebeln von fremden Feldern holt.«
    Und in letzter Sekunde fällt mir noch was ein:
    »Ach, übrigens: Ich hab nicht die Bohne Lust, katholisch zu werden! Ich kapier nicht mal, wer der Heilige Geist sein soll, wenn er nicht entweder Gott oder Jesus ist!«
    Dann marschiere ich mit Pan Bogusław in Richtung Ausgang. Pan Bogusław will etwas sagen, aber ich höre nicht zu, weil jede einzelne Zelle in mir tobt vor Wut. Erst als ich ein ohrenbetäubendes Piepen höre, sehe ich, was Pan Bogusław mir sagen wollte, dass er nämlich für die Sachen in seinem roten Plastikeinkaufskorb noch nicht bezahlt hat. Und jetzt ist es dazu zu spät. Der Alarm ist laut genug, um Tote aufzuwecken. Pan Bogusław wird leichenblass.
    »Fräulein Alicja, was sollen wir machen?«, fragt er. »Ich wollte die Sachen doch bezahlen.«
    In dem Einkaufskorb liegen mehrere Flaschen Shampoound Haarpflegebalsam, ein paar Tiegel Hautcreme, eine Flasche Parfum und eine Schachtel Tampons.
    »Es sind Geschenke für meine Frau«, sagt er.
    Ich sage nichts, weil ich ganz einfach nicht weiß, was wir tun sollen.
    Gleich werden die Sicherheitsleute auftauchen, danach wird es ein Verhör auf der Polizeiwache geben, und irgendwann wird die Polizei eins und eins zusammenzählen und darauf kommen, dass Pan Bogusław hier bestimmt nicht nur ein bisschen Urlaub macht. Dann wird Mutter ihre Arbeit als Dolmetscherin bei der Polizei verlieren, und mich werden sie wieder zu Erik Antonsson-Rosing schicken, dem Dipl.-Kinder- und Jugendpsychologen, der herausfinden soll, warum ich von meinen kriminellen Aktivitäten offenbar nicht lassen kann.
    »Gib mir den Korb!«, höre ich da eine Stimme sagen.
    Es ist Ola Olsson.
    »Gib mir den Korb und haut ab!«, sagt Ola Olsson.
    Ich reiße Pan Bogusław den Korb aus der Hand und gebe ihn Ola Olsson. Das Inkontinenzbuch, das ich immer noch in der Hand halte, gebe ich ihm auch. Dann

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