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Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Titel: Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emmy Abrahamson
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haben keinen Strom«, sage ich. »Seit heute Morgen.«
    Der Kleinere von den beiden macht sich Notizen, dann gehen wir ins Haus, wo ich ihnen den Stromkasten im Flur zeige. Ich registriere, wie Mutter schnell die Küchentür zumacht, damit die beiden nicht sehen, dass wir renovieren.
    »Aber ich glaube, ich weiß, was das Problem ist«, sage ich und führe die beiden wieder hinaus in den Garten.
    Die Jungs sind so herrlich sommerbraun und haben so unglaublich blaue Augen, dass ich mich nur schwer konzentrieren kann. Der Kleinere hat sogar Sommersprossen auf der Nase!
    Ich zeige auf die Grube, in der eine Plastiktüte das durchgeschnittene Kabel verdeckt. Der Größere steigt hinein, um sich das Kabel aus der Nähe anzusehen.
    »Und wie ist das passiert?«, fragt er in einem nicht mehr ganz so freundlichen Ton.
    »Ja, äh«, sage ich. Jetzt bloß nicht die polnischen Handwerker erwähnen! »Das war ich.«
    Der Kleinere sieht mich mit gerunzelter Stirn an.
    »Du?«
    Ich räuspere mich und sage: »Ja.«
    »Und warum machst du so was?«, fragt der Größere.
    »Ich wollte nur …« Ich zeige auf einen x-beliebigen Strauch in der Nähe. »… den Strauch da umpflanzen. Und da hab ich aus Versehen das Kabel durchgeschnitten.«
    »Du? Du hast das Kabel durchgeschnitten?«, wiederholt der Kleinere.
    Dann entdecke ich den Spaten, den wir beim Aufräumen übersehen haben. Er steht einen Meter von der Grube entfernt. Oben am Stiel hängt eine von Pan Bogusławs unzähligen Kappen. Ich setze mir das schmutzige Ding schnell auf und ziehe den Spaten so routiniert wie möglich aus der Erde.
    »Ja, ich … werkle gern im Garten«, sage ich. »Wir … ich bin gerade dabei, ein paar Sachen umzupflanzen.«
    Ich sehe, wie der Kleinere einen Blick auf das Labyrinth von Schnüren um uns herum wirft.
    Ich beschließe, das Thema zu wechseln. »Und? Kann man es reparieren?«, frage ich in einem möglichst glaubwürdigen Jetzt-stehen-wir-mal-nicht-herum-und-verschwenden-Zeit-und-Geld-Ton.
    »Wir haben leider nicht das richtige Kabel dabei, um das hier auszuwechseln«, sagt der Größere. »Wir müssen noch mal in die Zentrale, aber wir versuchen, später am Nachmittag wiederzukommen.«
    Im Garagenfenster sehe ich Pan Bogusławs Gesicht und bringe es mit hektischem Kopfschütteln zum Verschwinden.
    »Spitze!«, sage ich. »Dann bis später!«
    Dann gehen wir zurück zu ihrem Wagen.
    »Könnte ich schnell mal auf eure Toilette?«, fragt der Größere.
    »Nein! Wir …ICH bin auch dabei, das Badezimmer zu renovieren.«
    »Aha. Aber vielleicht kann ich in die Küche. Ich müsste mir die Hände waschen, sie sind ein bisschen dreckig von der Gartenerde.«
    »Nein! Leider. Die Küche renoviere ich auch.«
    Den zwei gut aussehenden Jungs von den Elektrizitätswerken verschlägt es erst mal die Sprache.
    Dann sagt der Größere: »Du scheinst ganz schön beschäftigt zu sein.«
    »So ist das auf dem Land«, sage ich.
    »Wie alt bist du eigentlich?«, fragt der Kleinere.
    »Sechzehn. Seit heute. Meine Eltern sind für Kinderarbeit.«
    Als keiner von den Jungs eine Miene verzieht oder gar Anstalten macht, mir zum Geburtstag zu gratulieren, wechsle ich schnell wieder das Gesprächsthema.
    »Ich kann einen Eimer Wasser holen.«
    »Nein, ist schon okay«, antwortet der Größere.
    Als sie endlich weggefahren sind, stürme ich ins Wohnzimmer, wo Mutter steht und Kleider zusammenfaltet.
    »Sei so lieb und red du mit ihnen, wenn sie noch mal zurückkommen«, sage ich zu ihr.
    »Haben sie es nicht gleich repariert?«
    »Sie brauchen eine andere Sorte Kabel. Sie wollen später wiederkommen.«
    »Typisch«, sagt Mutter.
    »Bitte, red du mit ihnen. Es war so peinlich. Ich musste ihnen ja erklären, was passiert war.«
    »Nie krępuj się«, lautet Mutters Antwort.
    Und bevor mir eine Antwort auf meinen Hasssatz Nummer eins einfällt, klingelt es an der Tür. Mutter wirft mir einen Blick zu, der besagt, dass ich es bin, die nachsehen soll, wer es ist.
    »Wenn es Nanna ist«, sagt Mutter, »sag, dass ich nicht zu Hause bin.«
    »Aber sie sieht doch dein Auto.«
    »Sag’s trotzdem. Sie wollte kommen und sich was ausleihen, aber ich habe keine Lust, mit der Frau zu reden.«
    »Warum immer ich? Es ist mein Geburtstag, und bestimmt hast du auch nichts Leckeres zum Abendessen gekauft!«
    Es klingelt wieder.
    »Alicja, mach dich nicht lächerlich und geh an die Tür!«
    »Ich? Mich lächerlich machen? Ich bin doch nicht diejenige, die so tut, als wäre sie nicht

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