Wie alles begann ... Die Geschichte eines Coming-Out (German Edition)
schmücken …
„Hab ich mir gedacht, dass es dich da hin zieht“, sagte sie.
„Ach ja? Warum?“
„Weil ich glaube, dass du ein Auge für Design hast. Deine Kleidung verrät deinen Stil.“
„Wenn du meinst. Der hier ist der Wahnsinn!“, erklärte ich und zeigte auf einen mitternachtsblauen Stoff, der filigran mit silbernen Sternchen bestickt war.
„Echtes Silber“, Eva lächelte. „Ich muss gleich aufmachen, komm mit, ich zeig dir das Lager. Ach, ich sollte vielleicht erwähnen, dass Ric – der Lagerist – genauso tickt wie du. Lass dich nicht umgarnen“, sagte sie und zwinkerte mir zu.
„Hallo? Was denkst du denn von mir? Ich werfe mich doch nicht gleich jedem Kerl an den Hals!“, erwiderte ich entrüstet.
Ich folgte ihr. Das Klicken ihrer Absätze auf dem Marmorboden hallte und wurde immer wieder unterbrochen, weil einzelne Stellen des Geschäfts mit Teppichboden ausgelegt waren. Sie lief bis ans andere Ende, wo Dezent getarnt eine Tür aus dem Verkaufsbereich führte. Das Türblatt war nur indirekt zu erkennen, denn es war wie die Wand mit einer Seidentapete beklebt.
Kaum waren wir durch die Tür, rief sie auch schon quer durch das Lager.
„Ric! Wo steckst du?“
„Hier Chefin!“, erklang eine dunkle Stimme von weiter hinten. Kurz darauf tauchte ein Blondschopf neben einem Regal auf. Der dazugehörige Kerl war der Hammer! Muskulös und groß, markantes Gesicht mit einem freundlichen Lächeln. Die Haare waren sichtlich blondiert, denn nur die oberen Spitzen leuchteten blond, der Rest war brünett.
„Hey, du hast mir Hilfe mitgebracht?“, fragte er und strahlte, als er auf sie zukam.
„Ja, Ric. Vorerst. Das ist mein Neffe, Niklas. Er wird dir eine Zeit lang helfen, bis er einen Ausbildungsplatz hat.“
„Cool. Hi Niklas, ich bin Ric, wie du gehört hast. Auf gute Zusammenarbeit“, sagte er und hielt mir die Hand hin.
Ich griff zu – augenblicklich begann meine Haut zu prickeln.
„Hallo“, sagte ich. Viel zu leise und daher kaum hörbar.
„Och, nicht so schüchtern, ich beiße nicht!“ Ric lachte.
„Sei so lieb und zeig Niklas, wie hier alles funktioniert. Ich muss aufschließen. Bis später“, sagte Eva und trippelte davon. Ihr Hüftschwung machte sicherlich so manchen Kerl verrückt, dachte ich noch, als ich ihr nachsah. Ich war richtig stolz auf meine Tante, die mit knapp vierundvierzig noch toll in Form war.
„Hey! Jemand zu Hause?“, unterbrach Ric meine Gedanken mit wedelnden Händen vor dem Gesicht.
„Ähm ja – sicher.“
„Sie ist deine Tante, ja? Dann solltest du ihr nicht so hinterher starren, das machen schon die alten, reichen Böcke, die hier kaufen!“
„Ähm, so hab ich nicht geguckt. Ich dachte gerade, dass ich stolz bin, weil sie meine Tante ist.“
Ric schnaubte. „Komm, ich zeig dir mal, wo alles steht“, meinte er dann und schüttelte den Kopf.
Ich fragte mich, ob ich ihm sagen sollte, dass Frauen nicht so mein Ding sind – aber ich verkniff es mir lieber. Es sollte nicht so klingen, als hätte ich Interesse an ihm.
An diesem Tag begann die aufregendste Zeit meines Lebens. Ich konnte mir nicht verkneifen, Ric immer wieder anzusehen. Es war mir klar, er würde es bemerken, doch er sah einfach zu gut aus mit dem Muskelshirt und der zerfetzten Jeans. Lässig und cool wirkte er. Vor allem wenn er sich beugte, um auf etwas im Regal weiter unten zu zeigen – dann schaute aus den Rissen der Jeans ein knackiger Hintern hervor. Ich fragte mich, ob die Hose bewusst so war oder zufällig mit der Zeit an diesen Stellen kaputtgegangen war …
Nach einiger Zeit - er erklärte mir noch immer das System im Lager und die Regalordnung - begann er, mich wie zufällig zu berühren. Es kam mir vor, als wollte er mich testen, ob mir diese Nähe unangenehm war. Als Eva ihre Rückkehr ins Lager mit dem hallenden Klackern der High Heels ankündigte, war ich beinahe froh. Vorerst hatte sie mich gerettet, dem Lagerist um den Hals zu fallen. Ich verstand mich selbst nicht – war ich gerade erst zwangsweise von Josh getrennt, lockte mich schon ein anderer. Sprach das etwa für meinen Charakter? Ich wusste es nicht und wollte mir auch keine Gedanken machen. Ich wollte Eva für ihre Unterstützung danken und musste dafür eben Arbeitseinsatz zeigen. Doch ich ahnte, dass ich Ric nicht lange widerstehen konnte, würde er weiterhin diese kleinen Anspielungen machen.
„Mittagspause Jungs, kommt ihr mit was Essen?“
„Klar Chefin. Ich find das immer lustig,
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