Wie alles begann ... Die Geschichte eines Coming-Out (German Edition)
wenn die Leute uns anstarren!“, erklärte Ric und grinste breit.
„Hä, wieso das?“, wunderte ich mich.
„Siehst du das nicht? Deine Tante ist `ne Lady und ich sehe dagegen aus wie ein Gammler …“, Ric streckte mir die Zunge raus, als wollte er den Klassenunterschied mit schlechtem Benehmen zusätzlich demonstrieren.
„Na los, wir haben nicht ewig Zeit – ich zumindest nicht.“ Eva drehte sich um und ging durch das Lager zurück. Ric eilte ihr nach, sah über die Schulter zu mir und zwinkerte frech. Ich schüttelte nur den Kopf und lief den beiden hinterher.
Leckereien
Eva führte uns in ein nobel aussehendes Lokal. Ich kam mir wirklich doof vor, mit Jeans und T-Shirt da hinein zu gehen, auch wenn es Markensachen waren. Ric war kleidungsmäßig ja noch schlechter dran als ich, obwohl die kaputte Jose auch gut als Designer Einzelstück durchgehen konnte.
Der Kellner rümpfte die Nase, sagte aber nichts weiter zu unserer Aufmachung. An Eva gab es ja rein gar nichts auszusetzen. Sie passte in den Laden wie de Faust aufs Auge, um es mal so auszudrücken. Einige der Anwesenden bedachten uns mit affektierten Blicken, andere schenkten uns bewusst gar keine Beachtung. Mir war es gleich. Ich hatte Hunger.
Eine knappe Stunde später verließen wir den Laden wieder. Die Bäuche gefüllt, Eva hatte wie selbstverständlich die Rechnung beglichen. Die mir, wen wundert es, enorm hoch vorkam. Zur Gewohnheit wollte ich das nicht werden lassen. Ich stand so schon in ihrer Schuld, da fühlte sich das teure Mittagessen irgendwie falsch an. Sie schien meine Gedanken gelesen zu haben, denn sie knuffte mir in die Seite, kaum dass wir zur Tür hinaus waren.
„Glaub nicht, dass es jetzt jeden Tag so ist. Das war für deinen Einstand.“
„Da bin ich aber beruhigt. Danke“, gab ich zurück.
„Ich habe übrigens mit deiner Mutter telefoniert. Sie ist … sagen wir zufrieden, dass du hier bist und alles in Ordnung ist. Sie schickt das Zeugnis, sagte, sie müsste nur mit der Schule alles klären.“
„Wie zufrieden? Das klingt komisch.“
Eva sah mich schräg von der Seite an und ich war überaus froh, dass Ric mit den Stöpseln in seinen Ohren unser Gespräch nicht mithörte.
„Naja, dein Vater ist weiterhin sehr aufgebracht. Deine Mutter findet, hier bist du vorerst gut aufgehoben. Auch wenn ich mit ihr nie sonderlich warm wurde, ich kann die Frau gut verstehen. Ich kenne meinen Bruder …“
„Klingt nicht so beruhigend. Aber ich werde das auch ohne die beiden auf die Reihe kriegen!“
Eva lachte. „Ja, klar. Jetzt hast du ja mich, nicht wahr?“
„Ähm, ja. Ich kann dir gar nicht erklären, wie dankbar ich für dein Verständnis bin.“
„Lass mal. Und lass dich nicht zu schnell von Ric umgarnen – ich sehe, wie er dich anschaut …“ Eva zog einen Kussmund und grinste dann.
„Hmm, ich hab‘s auch gemerkt.“
Eva sagte nicht weiter, doch als wir ihr Geschäft erreichten, zog sie mich zu sich.
„Eins sollte klar sein: Hier wird gearbeitet, nicht rumgemacht. Wenn schon, dann verschiebt das auf den Feierabend, ja?“, meinte sie leise.
Ich nickte und merkte, dass mir die Röte ins Gesicht schoss. Eva zwinkerte. Langsam fragte ich mich, womit ich sie verdient hatte. Sie war so anders als mein alter Herr, kaum zu glauben, dass die beiden Geschwister waren.
„Hopp – Kisten auspacken!“, forderte sie bestimmt aber freundlich, kaum dass wir durch die Tür getreten waren.
Ric zog im gleichen Moment seine Ohrstöpsel raus, wummernde Bässe waren dezent zu hören. Kurz darauf stoppte er die Musik und der Player verschwand in seiner Gesäßtasche. Er nickte mit dem Kopf in Richtung Lagertür.
„Komm, jetzt kannst du beweisen, ob du dir alles gemerkt hast, was ich erklärt habe.“
„Ich bin doch nicht doof!“, beschwerte ich mich, konnte mir ein Lachen aber nicht verkneifen.
Eva blieb im Laden zurück und ich ging Ric hinterher. Er hielt direkt auf einen Stapel Kartons zu, die unterschiedlicher Größe und mit verschiedenen Aufdrucken versehen waren. Das musste also die Lieferung sein. Schweigend machten wir uns daran, das ganze neue Zeug zu sortieren und in die entsprechenden Fächer zu bringen. Die Kisten waren zum Teil so scher, dass ein Transport durch die Regalreihen nur mit einer Sackkarre möglich war und wir zu zweit die schwere Ware ins Regal stellen mussten.
Durch das hin und her Laufen und Hochhieven der Kartons kam ich ganz schön ins Schwitzen, weshalb Ric begann, mich
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