Wie ausgewechselt
Vertrag. Meier war übrigens auch beim HSV im Probetraining, deren Manager Günter Netzer lehnte einen Transfer jedoch ab. Zu unserem Glück – die werden sich schön geärgert haben, dass sie das Juwel vor ihrer eigenen Haustür nicht entdeckt haben.«
Der dritte Neue, Erwin Kostedde, steht für das bemerkenswerte Comeback eines Fußballers im Rentenalter von 36 Jahren. 1974 hatte der Mittelstürmer bereits für Furore gesorgt, weil er als erster farbiger Spieler in der deutschen Nationalmannschaft debütierte. Werder Bremen ist sein neunter Verein, in der Saison zuvor war er in Frankreichs Erster Liga bei Stade Laval Torschützenkönig geworden, doch in Deutschland war der in Münster geborene Sohn eines afroamerikanischen GI beinahe vergessen.
»Damals entgegnete ich den nörgelnden Reportern: ›Bei uns braucht der Kostedde nicht mehr zu laufen, es genügt, wenn er im gegnerischen Strafraum steht und mit seinem Hintern noch Tore erzielt.‹ Die Buden hat er ja dann auch gemacht. Nur mit Herumstehen ging unter Trainer Kuno Klötzer natürlich nicht viel, der hat einem dann Beine gemacht. Kostedde hatte Selbstvertrauen, das gefiel mir. Er fühlte sich körperlich blendend in Schuss und wollte es allen Kritikern beweisen, die ihn vor Jahren schon für den Spitzenfußball abgeschrieben hatten. Daher erklärte er sich bei seiner Verpflichtung damit einverstanden, nur pro Spiel bezahlt zu werden. Eine ungewöhnliche wie riskante Nummer, er hätte sich ja verletzen können. Am Ende kassierte er für 42 Einsätze 126 000 DM und zusätzlich knapp 30 000 DM an Prämien.«
Die Sache geht auf: Kosteddes 29 Tore in 42 Spielen sprechen eine deutliche Sprache. Er wird zu Bremens Sportler des Jahres 1981 gewählt, und in der darauffolgenden Erstligasaison glücken ihm immerhin noch neun Tore in 33 Spielen.
Die Transfers sind allesamt aus der Not geboren, da den Verein finanzielle Nöte plagen, ein Loch von einer Million Miesen. Als Zuschauerschnitt benötigt man mindestens 10 000 pro Spiel, um den Etat zu decken. Ein schwieriges Unterfangen in der unattraktiven Zweiten Liga. Der Verkauf von Werner Dreßel und Karlheinz Geils bringt Geld, und bei weiteren Einnahmequellen zeigt Assauer sich erfinderisch. So lockt er den Erzrivalen Hamburger SV mitsamt Franz Beckenbauer, dem Rückkehrer aus der US-Profiliga, ins Weserstadion. Zum Gastspiel des HSV kommen 20 000 Zuschauer – ein weiteres Mosaikstück bei der Rettung des Etats. In Sachen Bandenwerbung startet Assauer mit Charlie Luessen, dem damaligen Bremer Chef der Deutschen Städtereklame, einen Marsch durch die Direktorenzimmer der Sponsoren. Mit Erfolg, denn die Verhandlungen haben zum Ergebnis, dass die Förderer ein Jahr weiter zu Erstligakonditionen zahlen. Auch mit der Stadt Bremen, dem Besitzer des Weserstadions, kann eine Sonderregelung für die Mietzahlungen gefunden werden. Assauer streckt sich nach der Decke.
Sportlich beginnt die Zweitligasaison, geplant als einmalige Strafrunde, ziemlich zäh. Nach einem 1 : 1 bei Rot-Weiß Oberhausen setzt es gegen den 1. FC Bocholt eine 1 : 2-Pleite. Der Bundesligaabsteiger und Topfavorit für den Wiederaufstieg liegt damit auf Rang 18. Klötzer und Assauer erwartet nun ein anstrengender 40-Spiele-Marathon. Am dritten Spieltag gelingt mit dem 1 : 0 bei TeBe Berlin schließlich der so dringend benötigte erste Saisonsieg. Ab diesem Zeitpunkt kommt Werder wieder ins Rollen. Es geht stetig nach oben, am 17. Spieltag ist man erstmals Tabellenführer. Die Mischung in der Mannschaft stimmt, die Neueinkäufe schlagen ein, die Ansprache von Klötzer ist authentisch. Im DFB-Pokal kämpft sich die Truppe um Altstar Fichtel bis ins Achtelfinale vor und unterliegt erst dann bei Fortuna Düsseldorf mit 0 : 2. Nachdem man in der Winterpause schon längst wieder für die Bundesliga plant und der Lauf auch danach anhält, wird die Werder-Familie am 11. Februar 1981 jäh aus allen Träumen gerissen. Trainer Klötzer baut auf der B 214 zwischen Celle und Braunschweig auf vereister Fahrbahn einen schweren Verkehrsunfall, in dessen Folge er einen Rippenbruch, Platzwunden und eine Gehirnerschütterung erleidet. Und wieder springt Rudi Assauer ein, diesmal ohne einen Trainer zu entlassen. Am 15. Februar sitzt er zum dritten Mal in seiner Werder-Ära auf der Trainerbank und verantwortet das 4 : 1 in Osnabrück. Es ist das beste Auswärtsspiel Werders gegen die bis dahin zu Hause unbesiegten Osnabrücker. Im Klub wartet man auf die Genesung
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