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Wie ausgewechselt

Wie ausgewechselt

Titel: Wie ausgewechselt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudi Assauer , Patrick Strasser
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vor seiner Ankunft aus Bremen gab es ein Missverständnis über einen Termin des neuen Chefs mit Trainer Jusufi. Der Manager und Präsident Fenne gaben mir die Schuld, dass das Treffen nicht zustande gekommen war. Ich wurde nach Strich und Faden zusammengefaltet. Das ging mir alles ganz schön aufn Senf, ich war richtig auf Krawall gebürstet. All diese Geschichten hatte ich eines Tages einem Mitarbeiter erzählt, ohne zu wissen, dass Herr Assauer direkt hinter mir stand. Ich drehte mich um, noch die Teetasse in der Hand, und er fragte mich direkt: ›Was war das?‹ Ich geigte ihm darauf ganz offen die Meinung und meinte: ›Und jetzt packe ich meine Sachen, gekündigt wird mir ja nun sowieso.‹«
    »Ich bin ganz ruhig geblieben und habe der Söldner’schen, wie ich sie später genannt habe, geantwortet: ›Okay, jetzt haste dir mal Luft gemacht. Alles gut. Und nun beweg deinen Hintern, wir müssen einen Spielervertrag aufsetzen.‹ Später wurden wir ein Herz und eine Seele. Wir zofften uns und vertrugen uns wieder. Einmal standen wir uns im Streit so nah gegenüber, Nase an Nase, dass ich sie mit meiner Zigarre leicht verbrannte. Kann ja mal passieren im Eifer des Gefechts. Die Zusammenarbeit wurde immer besser. Bis es so war, dass der eine das denkt, was der andere gerade sagt. Und umgekehrt. Wir haben ja auch mehr Zeit im Büro miteinander verbracht als mit unseren Familien. Ich hab sie geduzt, sie hat mich immer nur ›Chef‹ genannt.«
    Schalke gilt Anfang der 80er-Jahre als Skandalmeister. Ein Verein, der von seiner Vergangenheit, den Erfolgen der Mannschaft um den legendären Ernst Kuzorra, lebt und den eine dicke Schuldenlast drückt. In den 70er-Jahren sorgte Schalke für viele negative Schlagzeilen. Erst der Bundesligaskandal 1971, in den einige Schalker Spieler verwickelt waren, die aufflogen, weil sie in Spielmanipulationen für Geld verwickelt waren, dann ein totales Führungschaos mit vier Präsidenten von 1976 bis 1980. Der mit einer kurzen Unterbrechung von 1967 bis 1979 amtierende Präsident Günter Siebert berauschte sich nächtelang an seinen flammenden Reden. Wenn er fragte: »Wo wohnt Günter Siebert?«, gab es in der Kneipe nur eine richtige Antwort. Erwiderten seine Zuhörer: »Im Herzen aller Schalker«, gab es Freibier. Aber Siebert hinterließ Schulden, eine schwere Hypothek für seinen Nachfolger Hans-Joachim Fenne und seinen Wunschkandidaten als Manager, Rudi Assauer. Günter Siebert gab sich als Mann fürs Volk, hemdsärmelig, ein Kumpeltyp. Gelernter Zimmermann, später Kneipenwirt auf Gran Canaria. Fenne dagegen ist Geschäftsmann, ein Unternehmensberater, promovierter Betriebswirt. Fenne liebt weniger die Geselligkeit, sondern Statussymbole. Er fährt Porsche, spielt Golf, raucht Pfeife. Die zuletzt genannte Leidenschaft teilt er mit Assauer. Doch viel wichtiger: Fenne hilft Schalke aus der Klemme, rettet den Traditionsklub vor dem Konkurs. Während seiner Amtszeit bis Ende 1986 baut er den Schuldenstand von rund sieben Millionen Mark auf 2,2 Millionen ab. Und das ohne Besitz, ohne Rücklagen. Das einzige Kapital waren die Spieler.
    Im Sommer 1980 hatte der DFB die Bundesligalizenz für Schalke 04 nur noch unter Sonderauflagen erteilt. So musste der Rechtsaußen Rüdiger Abramczik für 1,2 Millionen DM an Borussia Dortmund verkauft werden, um wieder flüssig zu sein – ausgerechnet an den BVB. Weitere Spielertransfers sollten folgen. Sogar die vereinseigene Glückauf-Kampfbahn, in der einst Ernst Kuzorra und Fritz Szepan gespielt hatten, musste für 850 000 DM an die Stadt Gelsenkirchen veräußert werden. Daher entschied sich Präsident Fenne zur Radikalkur und gab als Losung aus: »Lieber freiwillig absteigen und in der Zweiten Bundesliga gesunden als weiter Schulden machen. Bei unserem Zuschauerschnitt brauchen wir keine Spieler mit Direktorengehältern mehr.« Statt der erhofften und für den Etat errechneten 26 000 Zuschauer pro Spiel kamen allenfalls noch 14 000 ins weitläufige Parkstadion.
    Fenne plant daher im Winter 1980/81 ganz konsequent den Abstieg. Das Gründungsmitglied der Bundesliga, seit 55 Jahren stets erstklassig, nun als Zweitligaverein? Nahezu unvorstellbar, jedoch unvermeidbar. Noch im Dezember bietet Fenne alle Spieler, »die anderen Klubs noch etwas wert sind«, zum Verkauf an. Für Vorstopper Rolf Rüssmann zahlt Dortmund 800 000 DM Ablöse. 950 000 DM überweist Borussia Mönchengladbach für den Stürmer Wolfram Wuttke. Exnationaltorwart Norbert Nigbur

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