Wie ausgewechselt
jedoch ab. Bei der Jahreshauptversammlung im Hans-Sachs-Haus wird Assauer zum Watschenmann. Er wird ausgebuht, zum Teufel gewünscht. Als ein langjähriges Mitglied vom Rednerpult aus die Entlassung »des total unfähigen Herrn Assauer« fordert, brandet unter den Anwesenden großer Jubel auf. Ein Vorwurf: »Hasse kein Pulver, brauchs’e nich auf Schalke«, habe der ach so rüde Manager zwei arbeitslosen Jugendlichen geantwortet, die um Freikarten baten. Ein empörtes Mitglied brüllt: »Das ist nicht mehr der Verein, den ich lieb habe.«
Es wird nun zunehmend ungemütlich für Assauer. Zum endgültigen Bruch mit dem Präsidenten kommt es schließlich, als der den unauffälligen Trainer Ferner für die Saison 1986/87 durch den krawalligen Rolf Schafstall ersetzt – hinter dem Rücken Assauers.
» Bis dahin hat die Zusammenarbeit mit uns ja nicht schlecht geklappt. Aber das Problem war, dass Dr. Fenne über Nacht plötzlich der Meinung war, irgendjemand habe ihm Fußballverstand eingeimpft. Das konnte nicht gut gehen, daher sind wir aneinandergeraten. Bei Schafstall wurde ich komplett übergangen. Als ich die Verhandlungen über die letzten Details des Vertrages mit dem neuen Trainer aufnehmen wollte, höre ich, dass schon alles geregelt ist. Das hatte Fenne erledigt und Schafstall längst unterschrieben. Weil ich einen guten Draht zu unseren Spielern hatte, war mir klar, dass diese Verpflichtung fatale Folgen haben würde. Denn Schafstall und Assauer – das passte überhaupt nicht zusammen.«
Dabei steht der Saisonstart 1986/87 unter einem nicht allzu schlechten Stern: Die Abgänge von Frank Hartmann (zu Kaiserslautern) und Dieter Schatzschneider (ausgeliehen an Fortuna Köln) werden durch die Einkäufe von Jürgen »Kobra« Wegmann (vom BVB) und Libero Wilfried Hannes (aus Gladbach) kompensiert. Doch ehe die Saison richtig losgeht, nimmt das Unglück seinen Lauf. Wegmann bricht sich im Trainingslager den Fuß, und Hannes machen Muskelprobleme zu schaffen. Von Rang sechs nach dem siebten Spieltag geht es kontinuierlich nach unten. Nach einer 2 : 0-Führung Anfang Oktober im Spiel gegen den 1. FC Köln verliert Schalke noch 2 : 4. Und das ist der Beginn eine Serie von sieben Spieltagen ohne Sieg. Der autoritäre Schafstall sprengt den Zusammenhalt in der Mannschaft. Bernard Dietz, der alte Kämpfer, wird demontiert. Es gibt keine klare Linie bei der Torhüterwahl, mal spielt Pavel Macak, mal Walter Junghans. Natürlich strahlt auch der Zoff zwischen Präsident Fenne, Manager Assauer und Trainer Schafstall auf die Mannschaft aus. Während einer Fahrt zum Freundschaftsspiel nach Rostock schließen die drei zwar noch einmal Frieden, doch mehr als ein Waffenstillstand für die Öffentlichkeit wird es nicht. Es kommt sogar fast zu Handgreiflichkeiten zwischen Assauer und Schafstall. Der Eklat ist letztlich unvermeidlich: Am 28. November verbannt der Trainer den Manager aus dem Trainingslager, separiert ihn damit von der Mannschaft. Und Fenne stimmt dieser Entscheidung zu. Im Dezember ist dann für Assauer Schluss auf Schalke. In einer Marathonsitzung des Vorstandes und des Verwaltungsrates bis weit nach Mitternacht wird der Manager vom Vorstand gegen den Willen des Verwaltungsrates entlassen.
»Auf der Sonderversammlung haben die gesagt: ›Ach du Scheiße, was hat denn der Assauer mit dem Geld gemacht?‹ Und dann haben sie mir verbal was auf die Schnauze gegeben. Mein lieber Mann! Eine Woche musste ich rund um mein Haus Polizeischutz bekommen, irgendwelche Dummköpfe haben mir die Scheiben eingeschmissen. Meine Tochter Katy konnte 14 Tage lang nicht in die Schule gehen, die ist von Schalke-Fans aus dem Bus geworfen worden. Und der Herr Fenne ist da rausgegangen wie Graf Koks von der Rennbahn. Immer schön den Knoten um, mit dem schönen steifen Hemd, zack, zack, zack.«
Zur großen Überraschung erklärt Präsident Fenne am 6. Dezember vor dem Schlagerspiel gegen Bayern München selbst seinen Rücktritt – aus »sachlichen und persönlichen Gründen«, wie er angibt. Fenne und Assauer hinterlassen einen Verein, der sich in einer ähnlich misslichen Lage wie zu Beginn der 80er-Jahre befindet: Schalke 04 hat über fünf Millionen Mark Schulden und kämpft um den Klassenerhalt. Daraufhin wird Günter Siebert von Betreuer und Vereinsmaskottchen Charly Neumann aus seinem Pub in Gran Canaria zurückgeholt und am 2. Februar 1987 von der Mitgliederversammlung zum dritten Male nach 1967 und 1978 zum Präsidenten
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