Wie ausgewechselt
gewählt. Er verspricht seinen Anhängern wieder Nestwärme. Die Mannschaft entfernt sich aus der Abstiegszone und schließt die Saison im gesicherten Mittelfeld auf Rang 13 ab. Ein Jahr später als im Fall Assauer ist dann auch für Schafstall Schicht auf Schalke.
»Es war ein ungerechter Rausschmiss. Dieser Großkotz Rolf Schafstall ist für mich einer der größten Proleten, die ich in diesem Geschäft kennengelernt habe. Es gibt Menschen, besonders im Ruhrgebiet, mit denen ich ein Bierchen trinken würde, Rolf Schafstall gehört nicht dazu. Und der Fenne hat sich den Doktortitel wohl gekauft. Entweder an einem Fahrkartenautomaten oder in Österreich.«
So lauten Aussagen von Rudi Assauer in den darauffolgenden Jahren, die die Wut und Enttäuschung über den Trainer, der ihn seinen ersten Managerjob bei Schalke gekostet hat, und den Präsidenten, der nicht mehr zu ihm gehalten hat, widerspiegeln. Heutzutage hört sich das im Zuge der Demenzerkrankung ganz anders an. Rudi Assauer ist milde geworden, er hat die Vorfälle schlicht vergessen. Fenne ist im Juli 2010 verstorben, über Schafstall sagt er heute:
»Natürlich würde ich mich mit dem Schafstall unterhalten, also ein kurzes Hallo und ein bisschen Smalltalk. Warum denn nicht? Der hat mir doch nichts getan.«
1986, zum Ende seines ersten Engagements bei Schalke, gilt Assauer als der Sündenbock der königsblauen Gemeinde. Sein Versuch, aus Schalke einen seriösen Verein zu machen, ist damit vorerst gescheitert. Schalke hat also ihn geschafft – zumindest auf der ersten Etappe.
8. Meine Auszeit vom Big Business
»Makler, Urlauber, Oldenburger«
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Die Entlassung auf Schalke 1986 hat Rudi Assauer hart getroffen. Obwohl er ein Kind des Ruhrpotts ist, will er daher nicht in Gelsenkirchen bleiben, kehrt nach Bremen zurück und dem Fußballgeschäft erst einmal den Rücken. Assauer nimmt eine Auszeit – gezwungenermaßen, aber ohne große Entzugserscheinungen, wie sich seine Tochter Bettina erinnert: »Papa war anders, hat das Leben genossen. Er war lockerer, aufmerksamer, offener. Sogar ein Kurzurlaub an der Côte d’Azur war plötzlich mal drin. Im Kreise der Familie haben wir viel gemeinsam unternommen. Dann konnte er ein richtiger Entertainer sein, hat die Leute unterhalten. Sonst war er ja mit seinem Kopf meist abwesend, weil ständig beim Verein.« Auch der Sport kommt in dieser Zeit nicht zu kurz. »War Papa im Job, kannte er kaum Hobbys. Als Manager ist er frühmorgens ins Büro, den ganzen Tag hatte er Termine, Feierabend war wirklich erst abends. Dann ging er ins Restaurant zum Essen, oder er hat sich vor den Fernseher gesetzt, meist lief Fußball«, erzählt Bettina. »In den Jahren zwischen Schalke und Oldenburg hat er hier und da ein wenig selbst gekickt, auch mal Tennis gespielt. Er ist privat zu Fußballspielen gefahren, hat ein paar Termine wahrgenommen – alles ohne Druck. Er hat die Freiheit genossen, auch wenn Fußball sein Leben war und ist.«
Assauer macht in der Folgezeit vier Jahre lang in Immobilien. Ein sonderlich glückliches Händchen hat er in dieser Zeit jedoch nicht. Falsche Freunde, falsche Versprechungen, unschöne Ergebnisse – fertig ist die persönliche Finanzkrise. Verzockt, verspekuliert. Im rechten Moment kommt da Klaus Baumgart, die etwas fülligere Hälfte des Schlagerduos Klaus & Klaus, die für ihren Schunkelhit An der Nordseeküste berühmt ist, in Assauers Leben.
»Klaus Baumgart war ein dufter Kerl, ein gebürtiger Oldenburger. Wir haben uns in Bremen kennengelernt. Ende der Neunziger wurde er Vizepräsident des damaligen Zweitligisten VfB. Er lockte Wolfgang Sidka im Juli 1989 als Spielertrainer in die Unistadt. Sidka führte die Mannschaft gleich im ersten Amtsjahr aus der Amateur-Oberliga Nord in die Zweite Bundesliga. Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt nahm der damalige Geschäftsführer Michael Kalkbrenner das Angebot eines Oldenburger Wirtschaftsunternehmers an und kündigte. Für mich war der Weg frei. Der Anstoß jedoch kam von Sidka: Er schlug mich, obwohl damals aus dem Fußballgeschäft draußen, als Manager vor. Beim VfB wollte man professionellere Strukturen schaffen. Ich war zunächst unschlüssig, hab in Bremen Rat gesucht. Die meisten Verantwortlichen des SV Werder haben die Bemühungen des Nachbarn in diesem 40 Kilometer entfernten Oldenburg mit Argwohn betrachtet, mir abgeraten. Doch mein alter Kumpel, Werder-Präsident Franz Böhmert, empfahl
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