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Wie ausgewechselt

Wie ausgewechselt

Titel: Wie ausgewechselt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudi Assauer , Patrick Strasser
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zehnten Runde verlässt man die Aufstiegsränge eins oder zwei nicht mehr. Ferners ruhige, sachliche Art tut der Mannschaft gut. Es wird ein souveräner Durchmarsch, lediglich die Liebe der Fans scheint erkaltet. Die beiden Abstiege haben Vertrauen gekostet, trostlos wirkt das Parkstadion bei oft nur rund 10 000 bis 15 000 Zuschauern. Mit dem 2 : 0 in Wattenscheid am 35. Spieltag ist der Aufstieg praktisch geschafft, punktemäßig herrscht eine Woche später nach dem 5 : 0 gegen Alemannia ­Aachen Klarheit. Die letzte Partie findet gleich zweimal statt. Nachbar Rot-Weiß Essen wird erst 5 : 0 besiegt, doch wegen randalierender Schalker Fans und der Verletzung des Rot-Weiß-Keepers Carsten Hallmann durch einen Ordner muss das Spiel nach einem Protest der Essener wiederholt werden. Nur 25 000 Fans sehen dann das 3 : 2 der Königsblauen wenige Tage später.
    Die sportliche Achterbahnfahrt ist damit endlich beendet: Zuvor spielte man Jahr für Jahr in der Ersten Liga, dann der Abstieg 1981 und der direkte Wiederaufstieg 1982. Eine Saison darauf der Wiederabstieg und schließlich der Wiederwiederaufstieg 1984.
    In der Saison 1984/85 hat sich der Verein unter Ferner endlich gefangen. Schalke landet als Aufsteiger in der Bundesliga auf einem guten achten Platz, sogar eine Europapokalteilnahme scheint in greifbarer Nähe. Mit Olaf Thon reift ein Jahrhunderttalent heran, und mit Klaus Täuber hat Schalke nach langer Zeit wieder einen echten Goalgetter.
    Ein besonderer Coup glückt Assauer, als er Klaus Fichtel zu einem Comeback bei den Königsblauen überredet und den Oldie aus Bremen zurückholt. Vorgesehen war der 40-Jährige eigentlich nur als Kotrainer zur Unterstützung von Ferner, doch aufgrund zahlreicher Verletzter in der Abwehr muss Fichtel selbst ran. Beim 4 : 0 gegen Waldhof Mannheim macht der Libero sein 521. Bundesligaspiel und ist damit Bundesliga-Rekordspieler. Am 21. Mai 1988 tritt Fichtel nach fast 23 Jahren dann endgültig von der Bühne Fußballbundesliga ab – mit 43 Jahren, sechs Monaten und zwei Tagen.
    »Der Klaus ist eine Legende, wir haben ihn alle ›Tanne‹ genannt. Ein ganz feiner Kerl, ein Profi, wie ich ihn in all den Jahren selten gesehen habe. Der hat geschuftet, auf seinen Körper geachtet, auf seine Ernährung – nur so konnte er im hohen Alter noch mit den ganzen jungen Küken mithalten. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ihm die Schalker Fans gehuldigt haben. Aus Ver neigung vor seiner Lebensleistung hatten einige ein Transparent gemalt, darauf stand: ›Der Wald stirbt – die Tanne steht‹. Eine schöne Idee.
    Durch Tanne Fichtel habe ich übrigens meinen guten Freund Werner Hansch kennengelernt. So wurde Fichtels Abschiedsspiel ein wichtiger Moment meines Lebens. Hansch war in den 70ern fünf Jahre Stadionsprecher bei Schalke, doch da habe ich noch in Dortmund und Bremen gekickt. Dann arbeitete er beim WDR als Hörfunkreporter. Für das Abschiedsspiel von Fichtel haben wir Hansch als Moderator engagiert, er durfte sogar Interviews auf dem Platz machen. Es war ja auch nur ein Showkick, diese Partie zwischen Schalke und einer internationalen Auswahl am 26. August 1986. Selbst Uwe Seeler, damals schon fast 50 Jahre alt, kickte eine Halbzeit mit und Johan Cruyff gar 90 Minuten – da war ich mächtig stolz, dass der Niederländer extra nach Gelsenkirchen kam. Einen besonderen Gag hatten sich Werner und ich ausgedacht: Die Altstars wurden in einem Container am Mittelkreis versteckt und sind dann nach und nach herausgekommen und auf den Platz gelaufen. Eine dolle Sache, dieses 6 : 6. Die ganzen alten Recken waren dabei: Klaus Fischer, Rolf Rüssmann, Rüdiger Abramczik und Helmut Kremers, betreut vom alten Trainer Fritz Langner.
    Der emotionale Höhepunkt der Partie kam eine Viertelstunde vor Schluss. Klaus Fichtel lief an den Spielfeldrand, zog sein Trikot mit der Nummer fünf aus und streifte das Dress seinem Sohn Christopher über, einem Steppke von zwölf Jahren. Da sind mir fast die Tränen gekommen, eine rührende Geschichte. Dann haben wir den Pferdenarr Fichtel zu seiner Überraschung in einen Sulky gepackt. Hinter einem Trabrennpferd auf die Ehrenrunde – das hat auch noch kein Fußballer zum Abschied erleben dürfen.«
    1985/86 wird die letzte komplette Saison von Assauer als Schalke-Manager – zumindest in seiner ersten Ära. Es ist eine, rein sportlich betrachtet, relativ unspektakuläre Saison, mit wenigen Höhepunkten für die Königsblauen, mal abgesehen vom 6 :

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