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Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)

Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)

Titel: Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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räumst ihre Zimmer auf und wäschst ihre Wäsche. Wenn sie ihre Pflichten vernachlässigen, entschuldigst du sie und übernimmst sie selbst. Du behandelst sie wie eine aussterbende Spezies. Lass es doch einfach mal ein bisschen lockerer angehen.«
    »Wieso sollte ich? Wenn ich die Hausaufgaben nicht kontrolliere, wird Mia sie gar nicht mehr machen. Oder sollte ich vielleicht nicht mehr die Eltern ihrer Freunde anrufen, um mich zu vergewissern, dass sie wirklich dort sind, wo sie sein sollten? Zu meiner Zeit gab es in der Highschool jedes Wochenende Besäufnisse, und zwei meiner Freundinnen wurden schwanger. Von nun an muss ich noch besser aufpassen, das kannst du mir glauben. In den nächsten vier Jahren kann so vieles schiefgehen. Ich muss sie beschützen. Wenn sie erst mal aufs College gehen, lass ich es lockerer angehen. Versprochen.«
    »Aber aufs richtige College«, sagte er in scherzhaftem Tonfall, dabei wussten beide, dass es kein Witz war. Obwohl die Zwillinge gerade erst mit der Highschool anfingen, prüfte Jude schon die ersten Colleges.
    Sie sah zu ihm auf, weil sie wollte, dass er sie verstand. Er meinte, sie würde es mit ihrer Bemutterung übertreiben, und sie verstand seine Sorge, doch sie war nun mal Mutter und wusste nicht, wie man das nebenbei erledigen sollte. Sie ertrug einfach die Vorstellung nicht, dass ihre Kinder sich ebenso ungeliebt fühlen konnten wie sie einst.
    »Du bist nicht wie sie, Jude«, sagte er leise, und sie war ihm dankbar dafür. Sie lehnte sich an ihn. Gemeinsam betrachteten sie den Sonnenaufgang, bis Miles schließlich erklärte: »Ich gehe jetzt besser. Um zehn muss ich operieren.«
    Sie küsste ihn leidenschaftlich und folgte ihm ins Haus. Dort duschte sie rasch, fönte sich ihr schulterlanges blondes Haar und zog sich ausgeblichene Jeans und einen Kaschmirpullover mit U-Boot-Ausschnitt an. Dann holte sie aus einer Schublade ihrer Kommode zwei Päckchen, eins für jedes Kind. Damit ging sie aus dem Schlafzimmer und dann den breiten Flur mit dem Schieferboden hinunter. Die Sonne schien durch die vom Boden bis zur Decke reichenden Fenster, so dass ihr aus Glas, Stein und Tropenhölzern erbautes Haus von innen zu glühen schien. Der große Hauptgang war mit erlesenen Objekten dekoriert. Jude hatte jahrelang mit Architekten und Designern an der Ausgestaltung des Hauses gearbeitet, und es war so spektakulär geworden, wie sie es sich erträumt hatte.
    Die obere Etage allerdings war nur den Kindern vorbehalten. Eine geschwungene Treppe aus Stein und Kupfer führte in ihr Reich. Ein großer Raum mit riesigem Fernseher und Billardtisch nahm die gesamte Ostseite des Hauses ein. Dazu gab es noch zwei große Schlafzimmer mit angeschlossenem Bad.
    An Mias Zimmer angekommen, klopfte Jude pflichtschuldigst und ging hinein.
    Wie erwartet, lag ihre vierzehnjährige Tochter noch in ihrem Himmelbett und schlief. Im ganzen Zimmer verteilt sah man Kleider in Stapeln und Haufen, wie die Überreste einer bizarren Explosion. Mia steckte mitten in der Suche nach ihrer Identität, und jeder Rollenwechsel erforderte einen radikalen Kleiderwechsel.
    Jude setzte sich auf den Rand ihres Bettes und strich Mia das weiche blonde Haar aus dem Gesicht. Einen Augenblick lang war die Zeit aufgehoben. Plötzlich war sie wieder eine junge Mutter, die ihr pummliges kleines Mädchen mit dem Flachshaar und dem verschmierten Gesicht betrachtete, das ihrem Zwillingsbruder wie ein Schatten folgte. Sie waren wie kleine Hundewelpen gewesen, die im ausgelassenen Spiel übereinandergepurzelt waren, unablässig in ihrer Geheimsprache geplappert hatten und lachend vom Sofa, von der Treppe, vom Schoß gefallen waren. Von Anfang an war Zach der Anführer gewesen. Er hatte als Erster zu sprechen angefangen und dann nicht mehr aufgehört. Mia hatte erst nach ihrem vierten Geburtstag ihr erstes Wort gesagt. Vorher hatte ihr Bruder das Sprechen für sie übernommen. Eigentlich tat er das immer noch.
    Jetzt rollte Mia sich schläfrig herum und öffnete blinzelnd die Augen. Ihr blasses herzförmiges Gesicht – ihre Gesichtszüge waren ein Erbe ihres Vaters – wurde von einer Akne verunstaltet, derer man seit Jahren nicht Herr werden konnte. Dazu kam ihre – wenn auch modisch bunte – Zahnspange. » Hola , madre .«
    »Es ist euer erster Tag in der Highschool.«
    Mia verzog das Gesicht. »Erschieß mich! Bitte.«
    »Du wirst sehen, es ist besser als in der Mittelschule.«
    »Das sagst du. Kannst du mich nicht

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