Wie Champagner in den Adern
benahmen sich geradezu wie Barbaren, die zum ersten Mal einen Blick in die Zivilisation werfen. Die Tafelgefährten luden jeden einzeln ein, Platz zu nehmen.
Prinz Rafi führte Zara herum. Mit Erstaunen musterte sie all die Kostbarkeiten. Unzählige bunte Seiden-und Webkissen waren um einen langen, niedrigen Tisch verteilt. Kristallene Gläser und bemaltes Porzellan funkelten in Silber und Altgold. In der Mitte des Tisches und ringsherum an den Wänden sah man das Flackern zahlloser Flammen in künstlerisch bemalten Glaskugeln. An einen Wand stand sogar ein großer Springbrunnen. Zara mochte es nicht glauben, aber er war aus echtem Marmor, und das leise Plätschern des Wassers war schöner als Musik. Auf der gegenüber liegenden Seite waren die Zeltbahnen hochgerollt worden, damit ihnen die sanfte abendliche Brise etwas Kühlung bot. Mond, Sterne und Wüste bildeten einen malerischen Hintergrund. Nie zuvor in ihrem Leben hatte Zara etwas Vergleichbares gesehen.
„Das ist wunderschön", flüsterte sie, und Prinz Rafi lächelte.
„Es freut mich, dass es Ihnen gefällt, Zara." Er führte sie an das eine Ende des Tisches. Der Duft frisch zubereiteter Speisen erfüllte die Luft.
Prinz Rafi blieb stehen, und zu ihrer grenzenlosen Verwunderung erkannte Zara, dass er sie dazu ausersehen hatte, während des Abendessens neben ihm zu sitzen. Ein Tafelgefährte hatte sich auf der anderen Seite des Prinzen eingefunden, und gleich daneben hatte sich Gordon niedergelassen. Die anderen suchten sich ihre Plätze noch aus, und schon sah man, dass jeden zweiten oder dritten einer der Tafelgefährten innehatte.
Prinz Rafi bedeutete allen, sich hinzusetzen. Zara nahm auf den herrlich bequemen Kissen Platz und hielt ihre Füße ordentlich bei sich. Auf der anderen Seite neben ihr saß Arif ur-Rashid.
Musik erklang. Mehrere Musiker mit Geigen und anderen Instrumenten sorgten für die klangliche Untermalung während des Essens.
Arif klatschte in die Hände, und eine kleine Gruppe weiß gekleideter Jungen und Mädchen tauchte auf. Jeder Junge trug eine Karaffe und jedes Mädchen eine Schüssel. Sie traten an den Tisch und knieten sich neben den Gästen hin. Das Mädchen zwischen Prinz Rafi und Zara balancierte die Schüssel auf dem Knie und bot dem Prinz ein Stück Seife. Er sprach leise mit dem Mädchen. Es errötete, wandte sich an Zara und hielt ihr die Seife hin. Zara nahm die Seife entgegen und wusch sich unter dem Wasser, das der Junge mit der Karaffe über ihre Hände goss.
Als Zara fertig war, wollte das Mädchen die Seife wieder entgegennehmen, doch Prinz Rafi griff danach. Mit klopfendem Herzen reichte Zara sie ihm. Unwillkürlich rang sie nach Atem und beobachtete fasziniert, wie Prinz Rafi die Seife zwischen seinen Händen rieb. Wie von selbst hob sie den Kopf und begegnete seinem Blick.
Lächelnd schaute er ihr in die Augen. Langsam legte er die Seife in die Schüssel und hielt seine Hände unter den angebote nen Wasserstrahl. Rosenwasserduft vermischte sich mit den anderen Gerüchen, die Zara in die Nase wehten.
„Ihnen wird das Handtuch gereicht, Miss Blake", bemerkte der Prinz.
Im ersten Moment war Zara wie benommen. Doch dann wandte sie sich lächelnd dem Mädchen zu.
„Danke", sagte sie, trocknete sich die Hände und beobachtete, wie der Prinz das gleiche tat. Dann gesellten der Junge und das Mädchen sich zu dem Tross der Wasserträger, die in fester Formation den Saal verließen.
Fast gleichzeitig kam die nächste Gruppe Bediensteter herein, brachte den köstlichen Duft orientalischer Küche mit und trug ein wahres Festmahl auf. Ein paar Schüsseln wurden auf den Tisch gestellt, andere herumgereicht. Die wunderschönen silbernen und goldenen Kelche wurden mit Wasser, Wein und exotischen Säften gefüllt.
Nachdem das geschäftige Treiben sich gelegt hatte, hob Prinz Rafi seinen goldenen Kelch. „Allen Mitarbeitern des archäologischen Teams möchte ich meinen herzlichen Glückwunsch aussprechen.
Der große historische Fund, den Sie gemacht haben und der zweifellos in den kommenden Jahren ausgegraben wird, ist eine Bereicherung für das Wissen über die Geschichte meines Landes und der Antike. Besonders wende ich mich dabei an Mr. Gordon Rhett, den ich bereits von seinen vielen Besuchen und begeisterten Schreiben her kenne."
Er prostete Gordon zu, und alle folgten seinem Beispiel.
„Aber heute ist nicht der Tag für große Reden. Die Geistesnahrung wird angeboten, sobald die Fleischeslust befriedigt
Weitere Kostenlose Bücher