Wie deutsch ist das denn?!
angetreten, längst sind Cappuccino und Latte macchiato– Sattmacher, die mit Kaffee nur entfernt zu tun haben– auch hierzulande zu Kultgetränken avanciert. Und die amerikanische Kaffeehauskette Starbucks, die in Deutschland immerhin über 150 Filialen betreibt, versteigt sich zu Kreationen wie » Caramel Macchiato « (mit Vanillesirup und Caramel-Topping) oder » White Caffè Mocha « (mit weißer Schokolade).
Dem Trend zu Exotik und Experimentierfreude hat sich selbst die Firma Melitta angeschlossen: Zwar ist das Bentz’sche Filterprinzip noch immer im Programm, aber es hat einen schweren Stand gegen Lifestyle-Produkte wie Kaffeepads, Espressomaschinen, Vollautomaten und die fantasievollsten Kaffeesorten. Wer weiß, ob die gute alte Krepptüte in zehn Jahren nicht schon einen Platz im Museum erhält.
Frikadellen
Völkerverbindende Fleischeslust
Grad gibt es den Abend auch Frikadellen,
die unbeliebt in den meisten Fällen.
So reimte sich Wilhelm Busch 1876 das Heraufziehen eines Ehekrachs bei seinem Biedermann-Bürger Tobias Knopp zusammen.
Unbeliebt? Was mag den Dichter zu dieser Einschätzung bewogen haben? Eher ist doch das Gegenteil der Fall: Frikadellen futtert nahezu ganz Deutschland einträchtig jeden Tag in den verschiedensten Spielarten, und das– wie man annehmen darf– freiwillig.
Allerdings zeigt schon die Vielzahl verschiedener Namen, unter denen die Frikadelle kursiert, dass auch sie kein urdeutsches Phänomen darstellt. Fast alle Bezeichnungen stammen nämlich aus anderen Ländern; lediglich der ostpreußische » Klops « kann eventuell als deutschstämmiges Wort durchgehen, das möglicherweise auf » kloppen « (von zerklopftem Fleisch) zurückgeht. Das Grimm’sche Wörterbuch aus dem 19.Jahrhundert nennt dagegen das schwedische kalops (gebratene Fleischscheibe) oder das englische collops (Fleischschnitten) als wahrscheinlichen Ursprung.
Das Wort » Frikadelle « wiederum wird häufig auf das italienische frittata zurückgeführt– allerdings ist diese Hypothese sehr umstritten, denn frittata bedeutet eigentlich » Eierkuchen « . Sprachlicher Urvater scheint dafür mit ziemlicher Sicherheit das lateinische frigere (braten) zu sein. Im Grimm’schen Wörterbuch findet sich noch die davon abgeleitete, heute nicht mehr gebräuchliche deutsche Form fricken – die aber wohl eher in der Bedeutung » kochen « benutzt wurde, wie folgendes Beispiel zeigt: » Ich will nun sieden, fricken und braden, dasselbig das gott hat beraden. «
Auch dieFrikadelle ist schon seit dem späten 17. Jahrhundert im deutschen Sprachgebrauch belegt, wenngleich sie bei den Grimms noch nicht auftaucht. Später kam als weitere AbleitungdieSchreibweise Frikandelle vom französischen fricandeau hinzu– dieses ist in der französischen Küche allerdings kein Hackfleisch, sondern ein gebratenes Kalbsnüsschen.
Johann Georg Krünitz’ 1784 erschienene Oeconomische Encyclopädie definiert Frikadellen dann schon halbwegs so, wie wir sie heute kennen:
» Fricandellen, Fr. Fricandelles, nennt man, in der Kochkunst, ein in Butter gebackenes Gehäcke aus Kalb-Fleisch, Semmel, Speck u.s.w. welches in Gestalt kleiner Würste, oder auch in anderer Form zusammen gerollt ist. Sie werden zuweilen mit Stücken von Kälber-Netz überzogen, und alsdann Netz-Würstchen genannt. «
Aus Frankreich stammt ursprünglich auch die Berliner Bezeichnung Bulette ( » Preußentum « ), im Original boulette (=Kügelchen) geschrieben. Der Begriff kam während der napoleonischen Besatzungszeit zwischen 1806 und 1813 auf– allerdings als deutsche Eigenkreation, ähnlich wie heutzutage das Handy, das im Englischen ebenso wenig ein Telefon ist wie eine boulette im Französischen ein Hackfleischklops. Übrigens kann man hier fast von einem fliegenden Wechsel sprechen– denn umgekehrt haben die Franzosen aus dem Deutschen die fricadelle reimportiert.
Selbst das urbayerische Fleischpflanzerl ist trotz seines volkstümlich klingenden Namens nur teilweise deutsch: » Pflanzerl « hat nämlich nichts mit einem Pflänzchen zu tun, sondern mit einem Pfännchen (eigentlich müsste es also » Fleischpfanzl « heißen) und einem Zelten – Letzteres die altertümliche Bezeichnung für einen flachen kleinen Kuchen, in diesem Fall aus Fleisch. Das Ursprungswort heißt mithin » Fleischpfannzelten « ; das Wort » Pfanne « wiederum geht zurück auf das lateinische patina und letztendlich auf das griechische pátanē ( » Schüssel « ).
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