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Wie deutsch ist das denn?!

Wie deutsch ist das denn?!

Titel: Wie deutsch ist das denn?! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Ahrens
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machen. An der Praxistauglichkeit hapert es also noch.
    Erst 32 Jahre später ist der Kampf gegen den Wind gewonnen, ebenfalls dank einer französischen Entwicklung: Die 52Meter lange, elektrisch angetriebene La France der Brüder Charles und Paul Renard ist das erste Luftschiff, mit dem es gelingt, aus eigener Kraft wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Auf insgesamt sieben Flügen zwischen 1884 und 1885 stellt La France diese Fähigkeit fünf Mal unter Beweis.
    Etwa zur gleichen Zeit befasst sich im österreichisch-ungarischen Kaiserreich ein Mann namens David Schwarz mit der Idee einer starren Luftschiffkonstruktion. Der vollkommen unbekannte jüdische Provinzler stammt aus einer westungarischen Stadt mit dem unaussprechlichen Namen Zalaegerszeg, ist eigentlich Holzhändler und hat keinerlei technische Ausbildung, sondern nur eine Kaufmannslehre absolviert. Nichtsdestotrotz begeistert er sich für Technik, verschlingt diverse einschlägige Bücher und verfällt irgendwann in den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts auf die Idee, ein Luftschiff mit starrer Hülle zu konstruieren. Nur so, schwant ihm, sind wirklich stabile Flugeigenschaften erzielbar.
    Für Gerüst und Hülle wählt Schwarz Aluminium, einen damals völlig neuartigen Werkstoff, der leicht und trotzdem stabil ist. 1890 bietet er seine fertigen Konstruktionspläne dem österreichischen Kriegsministerium an. Das zeigt zwar Interesse, hat jedoch kein Budget für ein solches Projekt. Durch Vermittlung des russischen Militärattachés in Wien gelingt es Schwarz drei Jahre später dennoch, in St. Petersburg einen Prototyp seines Luftschiffs zu konstruieren– allerdings mit desaströsem Ergebnis: Gleich beim Befüllen mit Wasserstoff bricht das Aluminiumgerüst in sich zusammen, und der stolze Erfinder kann seinen Traum vorerst begraben.
    Zum Glück interessiert sich außerhalb des Zarenreichs kein Mensch dafür. So kommt die Rettung schließlich aus Deutschland, wo Schwarz den Fabrikanten Carl Berg im westfälischen Lüdenscheid für seine Idee begeistern kann. Berg hat bereits Aluminiumlegierungen von besonderer Festigkeit patentieren lassen und wittert die Chance, mit dem Erstflug eines Aluminium-Luftschiffs eine spektakuläre Werbeaktion für sein Unternehmen zu inszenieren. Am 18. August 1892 schließt er mit Schwarz einen Vertrag, der diesem die Finanzierung des Projekts, das nötige Aluminium und sowie technische Unterstützung zusichert.
    Im Januar 1897 ist die imposante Konstruktion auf dem Tempelhofer Feld bei Berlin endlich bereit zum Abheben: 48 Meter lang, 3800 Kubikmeter Hüllenvolumen, 3,65 Tonnen Gewicht und drei Propeller, angetrieben von einem 12 PS starken Daimler-Motor. Für die innere Stabilität sorgt ein Aluminiumgittergerüst, die Außenhülle besteht komplett aus dünnem Aluminiumblech. Doch die Jungfernfahrt seines Luftschiffs erlebt der Erfinder nicht mehr. Die Nachricht von der Fertigstellung löst bei dem Kettenraucher Schwarz einen derartigen Adrenalinschub aus, dass er kurz darauf zusammenbricht und, erst 46-jährig, an Herzversagen stirbt.
    Der Schock ist groß und guter Rat teuer, denn außer dem Verstorbenen gibt es in der Firma niemanden, der seine Konstruktion sicher bedienen und steuern kann. Beim deutschen Militär verweigert man sich kategorisch, geht es doch hier um ein » jüdisches « Projekt. So fällt die Wahl schließlich auf den Mechaniker Ernst Jagels, dessen aeronautische Fähigkeiten allerdings eher bescheiden sind. Am Nachmittag des 3. November 1897 wagt er in Gegenwart zahlreicher hochrangiger Gäste die erste Probefahrt. Und tatsächlich: Trotz riskanter Windgeschwindigkeiten um 30 km/h steigt das Luftschiff planmäßig auf und erreicht eine Höhe von rund 400 Metern. Doch dann versagt urplötzlich der Antrieb– bei zwei Propellern springen gleichzeitig die Treibriemen ab, und das Luftschiff wird zum unkontrollierbaren Spielball des Windes. In seiner Not lässt Jagels Gas ab, offenbar viel zu schnell, sodass er eine krachende Bruchlandung hinlegt. Der Pilot selber wird dabei zwar nur leicht verletzt, aber Gerüst und Außenhülle des Luftschiffs sind völlig zerknickt: wieder ein Totalschaden.
    Und abermals zeichnet sich Rettung ab– denn unter den zahlreichen hochrangigen Gästen, die das Schauspiel verfolgen, befindet sich auch der luftschiffbegeisterte Graf Zeppelin. Er nimmt Kontakt mit Carl Berg auf, kauft der Witwe von David Schwarz die Baupläne ab und setzt gleich noch eins drauf: Seine

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