Wie deutsch ist das denn?!
wird das Thema gar zum Auslöser einer handfesten Ehekrise: » Ich bringe sie um « , murmelt der frustrierte Gemahl finster entschlossen, nachdem er mit der Dame des Hauses eine end- und fruchtlose Diskussion über das Viereinhalb-Minuten-Prinzip geführt hat. » Morgen bringe ich sie um! «
Der Härtegrad des deutschen Frühstückseis– eine der großen nationalen Schicksalsfragen? Womöglich gar eines der unaufgedeckten Rätsel unserer Kriminalstatistik? Wie viele deutsche Ehefrauen mögen inzwischen unter dem Rasen schlummern, nur weil sie ihrem Gatten das Ei » nach Gefühl « zubereiteten und nicht nach der Stoppuhr?
Eine beunruhigende Vorstellung, fürwahr! Aber auch das Problem von zu harten oder zu weichen Eiern ist mit Sicherheit kein exklusiv deutsches. Denn Tatsache ist: Gekochte Eier zum Tagesauftakt isst man nahezu überall auf der Welt. Und man isst sie auch schon seit ewigen Zeiten, wie Eierbecherfunde in Ausgrabungsstätten des antiken Rom belegen.
Seit jenen Zeiten hat das Frühstücksei eine ausgedehnte Wanderung über die Alpen angetreten; heute schätzt man den morgendlichen Energiespender in ganz Mitteleuropa, aber auch in Teilen Skandinaviens und des Baltikums. Außerhalb Europas konzentrieren sich seine Verbreitungsschwerpunkte dagegen mehr auf die weiter östlich gelegenen Weltregionen– darunter Afghanistan, Ägypten, Indonesien, Irak, Iran, Kambodscha, Korea, Libanon, Malaysia, Myanmar, Singapur, Syrien, die Türkei und Vietnam. Wobei der Härte- oder Weichheitsgrad je nach heimatspezifischer Vorliebe variiert.
Am intensivsten haben sich mit der Kunst des Eierkochens denn auch nicht deutsche Experten befasst, sondern zwei Österreicher und ausgerechnet ein Engländer– obwohl die Briten bekanntlich Spiegel- und Rühreier bevorzugen. Werner Gruber, Neurophysiker am Institut für Experimentalphysik der Universität Wien, beschäftigt sich als Hobbykoch schon lange mit den komplexen Problemen, die uns das Garen roher Hühnereier bereitet, beispielsweise mit der Frage, warum Eierschalen beim Kochen zum Aufplatzen neigen. Was er aufgrund seiner Erkenntnisse (durch die Temperaturänderung bauen sich in der Schale Spannungen auf) als Gegenmaßnahme empfiehlt, unterscheidet sich allerdings nicht von den gängigen Hausfrauentricks: Zuvor ein Loch in die Schale piksen oder das Ei in Essig baden.
Natürlich hat Magister Gruber mittels mathematischer Algorithmen auch das Geheimnis des perfekt gekochten Frühstückseis entdeckt. » Es gibt Berechnungen aus der Thermodynamik « , schreibt er, » die kann man ganz einfach auf das Ei übertragen. « Heraus kommt dabei eine wirklich elegante Formel:
t=0,0016*d²*ln[(2* TW asser- TS tart)/( TW asser- TI nnen)]
Zu ebenso bahnbrechenden Erkenntnissen gelangt eine weitere Wissenschaftlerin aus Österreich, die Physikerin Silke Maier. In ihrer Diplomarbeit » Kulinarische Physik « (2002) heißt es wörtlich:
Für die Zubereitung eines Frühstückseis im Kochtopf gibt es zwei Möglichkeiten:
1. Den Topf mit kaltem oder etwas wärmerem Wasser füllen und auf den Herd stellen. Ei hineingeben und einschalten. Nach gewünschter Zeit herausnehmen.
2. Topf mit Wasser zum Kochen bringen, dann das Ei hineinlegen. Nach gewünschter Zeit herausnehmen.
Die Krönung jedoch liefert der Engländer Charles D. H. Williams von der Universität Exeter. Von ihm stammt das wohl ultimative Standardwerk zur Physik des Eierkochens– die wissenschaftliche Publikation The Science of Boiling an Egg (1998). Wie man ein Ei nach naturgesetzlichen Gegebenheiten vom Rohzustand in eine essbare Form bringt, belegt Williams hier haarklein mit mathematischen Formeln, die auch jede deutsche Hausfrau auf Anhieb versteht und praktisch umsetzen kann. » Das Endergebnis ist relativ einfach « , lautet sein Fazit. Und so sieht das Ganze dann aus:
$$ t_{\rm cooked } = \frac { M^{2/3} c \rho^{1/3}}{K \pi^2 ( 4 \pi / 3 )^{2/3}}log_e left [ 0.76 \times \frac{( T_{rm egg}- T_{\rm water} ) }{ ( T_{\rm yolk}-T_{\rm water}) } \right ] $$
Ei, ei, ei. Schade, dass Loriot nicht mehr lebt– vermutlich wäre ihm auch dazu ein Sketch eingefallen, der uns ein paar Lachtränchen in die Augen getrieben hätte.
[12] Ludwig Thoma: Lausbubengeschichten (1905).
Gartenzwerg
Küss die Hand, gnä’ Wichtel
Er hat es weder in die Literatur noch ins Theater oder in die E-Musik geschafft, und trotzdem ist er eine stille Berühmtheit: der Gartenzwerg. Er gehört zu unserem Deutschlandbild wie der
Weitere Kostenlose Bücher