Wie deutsch ist das denn?!
seinem 242 Bände starken, größtenteils auf französischen Quellen beruhenden Mammutwerk Oeconomische Encyclopädie jedenfalls schon einen recht umfangreichen Artikel. Hier ein Auszug aus Band 32, erschienen 1784:
» Die neuerlich eingeführte Weise, den Kaffetrank durch das Filtriren zu verfertigen, ist wohl unstreitig die beste. Man legt nähmlich in einen dazu gemachten blechernen, wohl verzinnten, Filtrirhut oder Trichter, (Kaffe-Sieb) ein reines, feines Leinwand-Tüchlein oder Haartuch, oder, weil dieses durch den öftern Gebrauch leicht unrein gemacht werden könnte, lieber weißes Lösch- und Druck-Papier, und nimmt jedes Mahl neues; in dieses schüttet man den gemahlenen Kaffe, setzt den Trichter über einen erwärmten Topf oder Kanne, und gießt allmählich siedendes Wasser darauf. Auf solche Art zieht das Wasser aus dem Kaffe die Kräfte, und filtrirt ganz klar durch das Tuch oder Papier. Das Wasser aber muß langsam aufgegossen werden; man könnte auch, um die Kraft desto besser auszuziehen, diesen durchgeseiheten Trank nochmahls in den Trichter zurück gießen, und durch den gemahlenen Kaffe zum zweyten Mahl laufen lassen. «
Sieh einer an, das Löschpapier! Also hier und nicht erst bei Melitta Bentz wird es zum ersten Mal urkundlich als Hilfsmittel zum Kaffeefiltern erwähnt.
Trotzdem waren es zunächst papierlose Kombisysteme wie jenes von de Belloy, die bis ins 20. Jahrhundert hinein Schule machten. So soll der Vater des Englischen Gartens in München, Sir Benjamin Thompson Count of Rumford, bereits im 18. Jahrhundert in den USA den sogenannten Percolator (vom Lateinischen percolare = durchseihen) erfunden haben– einen zweiteiligen Kaffeekocher, der das Prinzip der De-Belloy-Kanne automatisierte. Seine trickreiche Funktionsweise: Von unten wird Wasser zum Kochen gebracht, schießt durch ein zentrales Rohr ins obere Stockwerk, rieselt dann über eine perforierte Metallscheibe über das Kaffeemehl und schließlich durch einen Filter zurück in den erhitzten Wasserbehälter, wo es den Kreislauf erneut beginnt und sich so in zunehmend stärkeren Kaffee verwandelt. Fast wie bei Krünitz beschrieben, nur eben selbsttätig. Zum Patent angemeldet wurde dieses Verfahren allerdings erst 1865 von dem Techniktüftler James H. Mason aus Massachusetts– der Beginn einer Erfolgsgeschichte, die bis in die 1970er-Jahre andauern sollte. Der Saxophonist und Sänger Boots Randolph widmete dem Percolator 1958 sogar einen eigenen Song (in Deutschland bekannt unter dem Titel » Ich will keine Schokolade « , mit welcher das Gerät allerdings auch arg überfordert wäre). Vier Jahre später kam Masons Erfindung dann als Instrumental-Twist der Gruppe Billy Joe & The Checkmates noch einmal zu musikalischen Ehren.
Eine italienische Konstruktion wiederum, die » macchinetta napoletana « , besteht ebenfalls aus zwei zusammengeschraubten Teilen, zwischen denen sich ein Sieb befindet: Das Oberteil ist die eigentliche Kanne, in das Unterteil wird Wasser eingefüllt, in ein Zwischenstück das Kaffeemehl. Dann erhitzt man das Unterteil mittels Herdplatte oder Flamme, und sobald das Wasser kocht, stellt man das Ganze auf den Kopf. Das heiße Wasser läuft nun durch das Kaffeemehl, wird durch das Sieb von selbigem gereinigt und tropft als Filterkaffee in die Kanne.
Eine ziemlich lange Tradition hat auch das Verfahren, das beim sogenannten » indian filter coffee « im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu verwendet wird. Dabei stellt man zwei Töpfe aus Edelstahl übereinander: Der obere hat einen perforierten Boden, auf den das Kaffeemehl geschüttet wird. Darauf kommt eine weitere perforierte Metallscheibe, um das Kaffeemehl festzuhalten, und dann wird heißes Wasser darübergegossen. Also nicht viel anders als bei der neapolitanischen Kanne, nur in diesem Fall ohne 180-Grad-Drehung.
Fazit: Von den » klassischen « Kaffeeländern abgesehen, ist die Menschheit eine weltumspannende Gemeinschaft von Kaffeefilterern. Selbst beim 1855 erfundenen, vielgerühmten italienischen Espresso bleibt das Kaffeemehl ja in einem Sieb hängen und rauscht nicht ungebremst in die Tasse. Der Unterschied liegt hauptsächlich in der » Crema « , die durch hohen Dampfdruck (bis zu 9 bar) erzeugt wird – da kann natürlich keine Maschine mithalten, die den Kaffee einfach nur filtriert.
Aber was ist vom » deutschen Filterkaffee « überhaupt noch geblieben? Längst hat die Espressomaschine ihren Siegeszug auch durch deutsche Küchen und Büros
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