Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
Karin ihren Freund und weitere Hells Angels aus Hamburg und Kiel am Flughafen abholen; man war auf einem Trip nach Brasilien gewesen. Was sie dann sah, war zu viel für sie. Ihr Freund und Lebensgefährte, so hatte es sich Karin bis hierhin immer noch eingeredet, schlenderte vergnügt mit einer brasilianischen Prostituierten Arm in Arm aus dem Terminal. Karin trennte sich daraufhin von ihrem Freund und drohte ihm und dem Club in ihrer Wut und Verzweiflung mit der Polizei. Ab diesem Zeitpunkt war sie ständigen Einschüchterungen, Morddrohungen und Gewalttätigkeiten ausgesetzt.
Als sie den Schlachter wieder zu einem seiner gewalttätigen »Hausbesuche« nahen sah, übergoss sie ihren mit blauen Flecken übersäten Körper und den Kopf, aus dem die Haare ihr schon büschelweise ausgerissen worden waren, mit Spiritus und zündete sich auf dem Balkon ihrer Penthousewohnung an. Als ihr Pullover Feuer fing und die Haare brannten, lief sie halb nackt und schreiend ins Treppenhaus und konnte gerettet werden. Erst in einer Nervenklinik kam sie zur Besinnung und fasste einen folgenschweren Entschluss. Karin S. entschied sich, ihr Wissen der Polizei zu offenbaren, und lieferte den Behörden tiefe Einblicke in die Organisationsstrukturen und die kriminellen Geschäfte der Hells-Angels-Mitglieder. Die ehemalige Rockergefährtin lebt heute im Zeugenschutzprogramm der Polizei an einem unbekannten Ort in Europa. Selbst ihre Tochter darf sie nur an wenigen Tagen im Jahr unter Polizeischutz sehen.
Norbert S. warfen die Hells Angels vor, seine Freundin nicht unter Kontrolle gehabt zu haben. Nachdem er mit einem »out in bad standing« versehen worden war und man zudem ein Kopfgeld in Höhe von 100 000 Mark auf ihn ausgeschrieben hatte, flüchtete er nach Südamerika. Dort machten ihn deutsche Zielfahnder ausfindig, nahmen ihn fest und ließen ihn vor ein deutsches Gericht überführen. Auch Norbert S. entschloss sich daraufhin zu einer Zusammenarbeit mit den Behörden und wanderte ins Zeugenschutzprogramm der Polizei, wo sich seine Spuren bis heute verlieren.
Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelte in Zusammenarbeit mit Polizeibeamten der Abteilung Organisierte Kriminalität unter der Leitung von Manfred Q. penibel und umfangreich, bevor sie im November 2000 zuschlug. 400 Polizisten durchsuchten 29 Freudenhäuser, darunter die Großbordelle »Pascha« und »Laufhaus« auf der Reeperbahn, sowie Wohnungen und Firmensitze in ganz Norddeutschland. Die Razzia dehnte sich vom Schwerpunkt Hamburg über Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern bis nach Baden-Württemberg aus.
Vier der Festgenommenen rechnet die Polizei den Hells Angels zu. Neben Frank Hanebuth selbst waren das Hans-Peter S., 44, Frank W., 36, und Michael F., 48. Des Weiteren inhaftierten die Polizeikräfte Strähnchen-Matthias S., 39, und Hans-Peter »Pit« K., 46. Zwei der Festnahmen führten spanische Polizeieinheiten auf Mallorca durch, wo Mitglieder der Allianz aus Höllenengeln und anderen Zuhältern Beteiligungen an einem Bordell und einer Kneipe hielten.
Die einjährigen Ermittlungen der Kriminalpolizei ergaben, dass die Bande über 100 Prostituierte kontrollierte, von denen einige regelrecht von den Zuhältern eingekauft worden waren. Alle Prostituierten waren einem strengen Reglement unterworfen, das ihnen unter anderem vorschrieb, wie sie ihre Arbeit zu verrichten hatten. Auch den Jahresumsatz der Zuhälterbande konnten die Experten klar beziffern: nicht weniger als 37,2 Millionen D-Mark.
Die Polizei nahm 38 ausländische Prostituierte wegen illegaler Arbeitsaufnahme fest und begann damit, die kriminell erworbenen Vermögenswerte zu beschlagnahmen. Sie stellten fünf Harley-Davidsons, eine Yamaha, acht Autos und in Hannover den Lamborghini Hanebuths sicher. Auch die Tageskasse der Bordelle wurde gefunden, 300 000 DM in bar.
Für den Exboxer war diese Festnahme doppelt ärgerlich, da der Boss der Hannoveraner eine Woche später als Festredner auf einer Party mit über 1000 Gästen fest eingeplant war. Der Grund der opulenten Feierlichkeiten: ein Jahr Vereinigung des Bones MC mit dem Hells Angels MC.
Es fällt auf, dass die Ermittler in Hamburg für ihr entschlossenes polizeiliches Vorgehen und die umfassenden Beschlagnahmungen nur ein Jahr benötigten. Vergleichbare Erfolge konnte die Hannoveraner Polizei auch nach zehn Jahren umtriebigster krimineller Aktivitäten der Bones und Hells Angels in ihrer Stadt nicht aufweisen.
Das
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