Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
Polizeipräsidium der niedersächsischen Landeshauptstadt muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass es die Gruppierungen zu lange als Ordnungsfaktor im Rotlichtgewerbe geduldet hat. Die ungestört gewachsenen Strukturen und Vertragsgeflechte bei Immobilien, Teilhaberschaften und Pachtverträgen im Milieu und der angrenzenden Gastronomie scheinen polizeiliche Ermittlungen jetzt nicht mehr durchdringen zu können.
In der folgenden Gerichtsverhandlung plädierte der Staatsanwalt für eine Haftstrafe gegen Frank Hanebuth und den Einzug von 1,7 Millionen Mark illegaler Profite aus der Prostitution. Er bezeichnete den Präsidenten der Hannoveraner Hells Angels als eine Art »Unternehmensberater« auf dem Hamburger Kiez.
Das Mammutverfahren – es war geplant, 469 Zeugen, darunter 200 Prostituierte, zu laden – sprengte jeden Rahmen und so entschloss sich die Justiz erneut, einem Deal zuzustimmen. Das Entgegenkommen rechnete sich wieder einmal für die Angeklagten. Strähnchen-Matthias erhielt nur vier Jahre und acht Monate Haft und ein weiterer Höllenengel zwei Jahre Gefängnis.
Die Beweise gegen Hanebuth reichten aber wieder nicht aus; sein Anwalt, Götz v. F., handelte einen Deal aus. Gegen eine Geldzahlung an die Staatskasse wurde das Verfahren in der Hansestadt eingestellt.
Das Ermittlungsverfahren in Hamburg wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Zuhälterei und Menschenhandel hatte Präsident Hanebuth beinahe völlig unbeschadet überstanden. Doch dann holte seine gewalttätige Vergangenheit den »Steintorkönig« wieder einmal ein.
Im Jahr 1999 hatte der ehemalige Profiboxer bei internen Streitigkeiten ein Mitglied aus dem eigenen Charter mit Schlägen gegen Kopf und Gesicht lebensgefährlich verletzt. Nur der robusten körperlichen Konstitution des Opfers, eines ehemaligen Bodybuilding- und Karatechampions, war es zu verdanken, dass es die zahlreichen Frakturen im Gesicht überlebte. Das Gericht belehrte Hanebuth, dass er nur knapp einer Verurteilung wegen versuchten Totschlages entgangen sei. Trotz des strafmildernden Umstandes, dass Hanebuth bereits 13 000 Euro Schmerzensgeld an das Opfer überwiesen hatte, sprach das Gericht ein hartes Urteil. Es verhängte gegen den bis dahin als unantastbar geltenden Rockerführer eine 3,5-jährige Freiheitsstrafe.
Seine Regentschaft im Steintorviertel beeinträchtigte die Haftzeit jedoch nicht im Geringsten. Alles war bestens organisiert und lief wie geschmiert weiter. Vorfälle im Revier regelten die Höllenengel nach wie vor unter sich.
So beispielsweise, als 2003 zwei Türsteher der Securityfirma des Präsidenten einen Gast vor einem Club im Vergnügungsviertel Hannovers abwiesen. Der zog eine Schusswaffe und bestätigte damit die negative Einschätzung der Security, die er durch mehrere Schüsse verletzte. Höllenengel, von denen es nachts auf der Vergnügungsmeile nur so wimmelt, nahmen die Verfolgung auf, stellten den Mann, überwältigten ihn und übergaben ihn der Polizei. Nicht ohne ihn vorher auf schmerzhafteste Weise zu bestrafen. Schwer verletzt und übel zugerichtet überließen sie ihn den Beamten.
Dafür hielten sich die beteiligten Angels bei der folgenden Gerichtsverhandlung gegen den Schützen auffällig zurück und belasteten ihn nicht. Der Vorfall belegt einmal mehr, dass die Hells Angels ihre eigene Gerichtsbarkeit leben.
Angebote, die man nicht ablehnen kann
Das Perfide an der Macht eines Einprozenter-Clubs sind die Auswirkungen auf die Betroffenen, die in seinen Herrschaftsbereich fallen. Der gewalttätige Ruf der Angels allein sorgt dafür, dass die meisten Geschäftspartner entsprechend eingeschüchtert sind und ihnen großen Respekt erweisen. Allen Beteiligten an Geschäften mit den Höllenbikern ist bewusst, dass die nicht eine Sekunde vor Gewaltanwendung zurückschrecken würden. Diese Erkenntnis pflastert weltweit den blutigen Weg der Bruderschaft. Dabei können völlig unterschiedliche Gruppen in die Abhängigkeit der Biker geraten.
Prostituierte, denen von einem auf den anderen Tag die Tagesmiete für ein Zimmer in einem Laufhaus oder einem abgestellten Wohnmobil um 30 Prozent erhöht wird. Kleindealer, die plötzlich eine höhere Abgabe zu entrichten haben. Zufällige Zeugen einer Straftat, denen Gedächtnisschwund angeraten wird. Gastronomen und Diskothekenbetreiber, denen erst eine neue Securityfirma wärmstens ans Herz gelegt wird, damit es in ihren Läden keinen Ärger gibt, und dann geraten wird, ihre Angebotspalette
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