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Wie die Libelle in der Wasserwaage

Wie die Libelle in der Wasserwaage

Titel: Wie die Libelle in der Wasserwaage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almut Irmscher
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Der aromatische Büffelmozzarella nichts als ein Klumpen saurer Milch. Der fruchtig-feurige Limoncello-Likör nichts als klebrig-fades Zuckerwasser. Wozu das alles, wenn man gerade so eine herbe Abfuhr erhalten hat?
    Aber, wie heißt es so schön? Ich dachte, es hätte schlimmer kommen können, und es kam schlimmer.
    Während ich geistesabwesend zwischen den anderen saß, deren ausgelassene Urlaubslaune dumpf an mir abprallte, als sei eine Wand aus Plexiglas zwischen ihnen und mir, klingelte mein Handy.
    Es war Tom. Und er war ziemlich aufgebracht. Die Polizei sei in seine Bar gekommen und habe nach mir gefragt. Es sei ihr ein Drogenkoch ins Netz gegangen, ein gewisser Johannes Soundso, der verhaftet worden sei. In dessen Wohnung habe man eine ausgewachsene Drogenküche sichergestellt, hier habe er Crystal Meth produziert, noch dazu von fadenscheiniger Qualität, wie die Analysten der Polizei festgestellt hätten. Und das sei eine verdammt fiese Droge, die schneller abhängig mache als Heroin und die Süchtigen zu körperlichen Wracks mache. Die Abhängigkeit hinterlasse bleibende Hirnschäden, das sei ja wohl das Allerletzte, mit so einem menschenverachtenden Dreck zu handeln.
    Dieser verbrecherische Johannes habe jedenfalls im Verhör die Namen seiner Dealer genannt, um damit eine Strafminderung rauszuschinden. Und einer der Namen sei genau meiner gewesen. Was ich denn dazu zu sagen hätte? Hä?
    Nichts hatte ich dazu zu sagen. Absolut nichts. Ich fuhr Tom mit gespielter Entrüstung an, dass ich überhaupt nicht wisse, wovon er rede. Das sei doch alles völliger Schwachsinn! In ein paar Tagen wäre ich ja sowieso wieder zuhause, dann könnten wir alles Weitere klären. Ich würde zur Polizei gehen und diesen Mist aus der Welt schaffen.
    Dann legte ich auf. Und was jetzt?
    *
    Wie eine Schlafwandlerin folge ich den anderen, als wir zu unserem Quartier zurückkehrten. Vierhundert Stufen, es war mir egal. Ich setzte einen Fuß vor den anderen, wie in einer Meditation. Ich glaube, die Leute verabschiedeten sich oben für die Nacht, Küsschen hier, Küsschen da, ich bekam alles nicht so wirklich mit, denn ich befand mich wohl wieder in einer anderen, langsameren Dimension. In was für einem grandiosen Mist steckte ich denn nun schon wieder?
    Ich setzte mich vor das Haus und betrachtete die unzähligen Lichter, während die anderen schlafen gingen. Ich lauschte den Zikaden, als die Lichter im Haus längst erloschen waren. Als sich neben mir etwas Größeres regte, merkte ich es zunächst gar nicht. Erst, als er mich ansprach, nahm ich Herbert wahr.
    Was ich denn hier draußen noch tue, so mitten in der Nacht, wollte er wissen. Ich weiß nicht mehr, was ich geantwortet habe. Und ich weiß wirklich auch nicht mehr, wie es kam, dass ich auf einmal in seinen Armen lag und wir uns dann unter dem zeitlosen Sternenhimmel liebten, unter all den Galaxien, die das Lied der Unendlichkeit erklingen ließen.
    Herbert war überhaupt nicht mein Typ. Und doch war die Nacht der Gemeinsamkeit herrlich nach den Ernüchterungen des Abends. Es war eine Genugtuung für mich. Wenn auch die Welt um mich herum kollabierte, so hatte ich immer noch mehr erreicht als Corinna, diese mich lästig verfolgende Schmeißfliege. Ich, niemand anderes als ich, hatte ihren angehimmelten Herbert erobert. Und das auch noch ohne mit der Wimper zu zucken, ganz nebenbei.
    *
    Also, ich fand an Herbert wirklich nichts. Der Typ sah nicht nur nach nichts aus, er brachte auch sonst nichts. Er war nicht einmal ein akzeptabler Liebhaber. Wie ein Tollpatsch war er mit groben Fingern über mich hergefallen. Der Idiot hatte keine Ahnung davon, dass der Körper einer Frau ein sensibles Instrument ist, das nur mit sanfter Feinfühligkeit virtuos gespielt und zu ekstatischen Sphären aufgeschwungen werden kann. Am nächsten Morgen zeigte ich ihm die kalte Schulter. Und Corinna auch. So ein blödes, infantiles Huhn. Die hatte doch nun wirklich keine Ahnung. Von nichts und wieder nichts.
    *
    Das war der Tag, an dem wir freies Feldkartieren üben sollten. Unser Dozent meinte, wir könnten gleich hier von unserem Haus aus starten und das anstehende Gestein untersuchen, vermessen und die ermittelten Werte dann später in Karten übertragen. Na fein. Rings um uns türmten sich Felsformationen in die Höhe. Wie sollten wir da viel erreichen ohne Bergsteigerausrüstung? Und selbst wenn ich eine gehabt hätte, ich habe Höhenangst, hallo, ich klettere nicht auf Felsen herum!
    Deshalb

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