Wie die Madonna auf den Mond kam
stand. Großvater schob den Ascher zu dem Sekuristen herüber. Raducanu fingerte eine weiße Kent aus der Schachtel. »Willst du mal eine gute probieren? Mit Filter. Aus Amerika.«
Ich reckte das Kinn vor. »Vielen Dank. Ich rauche nicht.«
»Probieren kannst du doch mal. Die sind wirklich gut. Kratzen nicht so im Hals wie diese Carpatis.«
»Tut mir leid. Aber ich rauche nie.«
»Das ist löblich.« Lupu Raducanus Lächeln wirkte angestrengt. Ich spürte die Bedrohung wachsen. Jetzt kam es auf Großvater Ilja an. Er wusste, dass ich rauchte.
»Aber wenn ich ehrlich bin«, redete ich mich um Kopf und Kragen, »nie geraucht, das stimmt nicht. Ich habe mir mal mit einem alten Schulkameraden, dem Hofmann Fritz, hinter der Schule eine halbe Schachtel reingezogen. Was glauben Sie, wie ich gekotzt habe. Seitdem bin ich kuriert.«
Ilja schwieg, und ich fand, dass mein Großvater ein kluger Mann war. Lupu startete einen neuen Versuch. Er fummelte in seinen Hosentaschen herum, als suche er sein Feuerzeug. »Hast du mal Streichhölzer?«
»Klar«, antwortete ich. Statt die Schachtel aus meiner Hose zu ziehen, ging ich zu dem Ladenregal, riss ein neues Paket auf und reichte dem Major der Sekurität ein Päckchen Zündhölzer mit dem Aufdruck» Volkseigene Genossenschaft, Handelsorganisation Kronauburg«.
»Können Sie behalten. Oder nicht, Großvater?« Ich blickte zu Ilja.
»Aber sicher, braucht er nicht zu bezahlen. Selbstverständlich nicht.«
Raducanu wechselte die Gesichtsfarbe. Er war nicht mehr Herr der Situation. Das Blut schoss in sein blasses Gesicht, und seine kleinen Augen flackerten. Dann schrie er, dass sich seine Stimme überschlug: »Du warst bei Hofmann unten im Keller! Was hast du dort gemacht? Ich weiß, dass du da unten warst! Ich weiß es genau!« Raducanu senkte seine Stimme wieder. »Du bist jung. Aber ich garantiere dir, wenn sie dich in fünf Jahren aus Aiud oder Pitesti wieder rauslassen, dann siehst du alt aus. Gib alles zu, und ich gebe dir die Hand drauf, dann bringen wir die Sache unter uns ins Reine.«
Ich schloss die Augen und hielt mir, was man als Geste von Schuldbewusstsein deuten konnte, die Hände vors Gesicht. Ich spürte, dass Raducanu mir den Arm um die Schulter legte. »Jeder macht in jungen Jahren Dummheiten.« Die Stimme des Sekuristen hatte nichts Bedrohliches an sich. »Glaub mir, ich hab früher auch manchen Mist gebaut.«
Ich schluchzte.
»Ich geb's ja zu. Ich war unten im Labor. Aber ich verspreche, ich hab sie nicht angefasst. Ganz bestimmt nicht.«
Irritiert schaute der Sekurist zu Cartarescu herüber, der vor Verwirrung nicht wusste, wohin er blicken sollte.
Raducanu zog seinen Arm fort und schnauzte mich an: »Von wem redest du?«
»Die Frau, ich meine, die hübsche Blonde mit dem Pferdeschwanz. Sie war doch so nett. Und da hab ich sie gefragt, ob sie mir das Labor zeigt. Obwohl mich dieser ganze Fotokram gar nicht interessiert. Aber ich hab keine Freundin, und weil sie so schön war ... Ich hatte doch wirklich keine Ahnung, dass sie in festen Händen ist. Wenn ich gewusst hätte, dass Sie Irinas Verlobter sind, wäre ich doch nie mit in den Keller runter. Aber mein Ehrenwort, ich hab sie nur angeschaut, aber nichts gemacht. Obwohl es dunkel war.«
Ich hatte den Eindruck, als fliege ein spöttisches Grinsen über Raducanus Gesicht.
»Ihre Pässe sind in Ordnung«, meldete Cartarescu sich zu Wort und wandte sich an den Major. »Ich denke, unsere Aufgabe ist erfüllt. Gehen wir.«
»Einen Moment noch. Der Fernseher dort. Wem gehört der?«
»Mir«, antwortete Großvater barsch. »Das können Sie sicher beweisen?«
Opa griff erneut in seine Brieftasche. »Hier! Die erste Rate für die Antenne. Und, einen Moment, die Quittung für das Gerät, wo hab ich sie?« Dann öffnete er die Registrierkasse und zog den Zahlungs beleg hervor, den Dimitru ihm überlassen hatte. »Hier! Alles korrekt!«
Raducanu warf einen flüchtigen Blick auf die Quittung. »Ihr Kaufladen scheint ja blendend zu laufen. Woher haben Sie so viel Geld?«
Großvater wand sich um eine Antwort herum.
»Wenn Sie nicht auf der Stelle die Herkunft des Geldes offenlegen, wird der Apparat konfisziert, und wir nehmen Sie mit«, drohte Cartarescu.
Als Großvater antwortete, musste ich mir alle Mühe geben, meine Verblüffung zu verbergen. Großvater war nicht nur ein kluger, er war ein sehr kluger Mann.
»Geschäfte«, sagte Ilja leise. »Private Geschäfte.« Seine Brieftasche erwies sich als
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