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Wie die Madonna auf den Mond kam

Wie die Madonna auf den Mond kam

Titel: Wie die Madonna auf den Mond kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Bauerdick
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Kenner.
    »Hui, das sieht man aber selten. Ein wunderbares Gerät. Ein Traum. Allerbeste Qualität. Loewe Optalux, aus Deutschland. Aus dem Deutschland im Westen, wohlgemerkt. Aber ihr kommt zu spät. Ich kaufe wirklich nichts mehr an. Bis Ende nächster Woche muss ich hier raus. Ich mache gerade Räumungsverkauf.«
    »Was hätten Sie für den Fernseher bezahlt, wenn Ihr Geschäft noch laufen würde? «, fragte ich hartnäckig.
    »So ein Gerät hätte mich schon an die Grenzen meiner finanziellen Möglichkeiten gebracht. Eins sechs, eins acht vielleicht. Wenn euch das nicht zu wenig ist. Und selbstverständlich nur, wenn ihr die Herkunft nachweisen könnt. Ohne Zahlungsbeleg habe ich nie etwas von Kunden angenommen. Zumindest keine teuren Geräte. Bei gestohlener Ware stehe ich mit einem Bein bereits in Pitesti. Aber wie gesagt, ich kaufe nichts mehr. Ich bin froh, wenn ich den restlichen Kram hier noch loswerde.«
    Ich schaute mich um. Die Objekte meiner Begierde waren alle noch vorhanden. Dann zählte ich auf: »Das Teleskop im Schaufenster, die Fotokamera mit den Linsen und das Rotlichtlabor mit allem Drum und Dran, Schalen, Papiere, Chemikalien, was soll das alles kosten?«
    »Alles zusammen? Habt ihr denn so viel Geld?« Herr Gherghel überschlug. »Um die zweitausend. Das ist wirklich mehr als reell.«
    Großvater mischte sich ein. »Wir machen Ihnen einen Vorschlag: Wir tauschen. Den Fernseher gegen aIl das Zeug. Ist das auch reell?« Dabei legte er die Kaufquittung vor.
    Gheorghe Gherghel verschlug es die Sprache. Er ging zu einer Treppe, die zu seinen privaten Räumen führte, und rief nach einem Matei. Sofort kam sein Neffe herunter, der mich von meinem ersten Besuch her wiedererkannte.
    »Hallo, bist du noch an dem Vergrößerer interessiert?« Bevor ich antworten konnte, sagte Mateis Onkel: »Schau dir diesen Fernseher an. Wir können ihn haben, im Tausch gegen den optischen Kram hier. Was hältst du davon?«
    Matei sagte nur: »Dann brauchst du abends nie mehr vor Langeweile aus dem Fenster zu starren.«
    Eine Viertelstunde später zweifelte keiner von uns dreien, dass Gheorghe Gherghel nicht nur ein redlicher, sondern auch ein glücklicher Mann war. Als wir erwähnten, wir stammten aus den Bergen, schenkte er uns noch ein etwas ramponiertes, aber funktionstüchtiges Rundfunkgerät mit grünem magischem Auge. Matei fragte mich, ob mein Begleiter vom letzten Besuch immer noch scharf auf eines dieser Zielfernrohre sei. Auf die Antwort »Aber mit Sicherheit« legte Matei noch ein Zielfernrohr aus alten Armeebeständen obendrauf. »Die Dinger kauft in diesen Zeiten eh kein Privatmann, seit die Jagd verboten ist.« Während ich mir ausmalte, wie Petre Petrov vor Freude jubeln würde, holte Gheorghe Gherghel das Teleskop aus dem Schaufenster und erklärte, es handele sich um ein achromatisches Linsenfernrohr nach Kepler'schem Prinzip mit beachtlichem Vergrößerungsfaktor.
    Dimitru wollte nur wissen: »Taugt das unverchromte Rohr auch für den Mond?«, woraufhin Gherghel kurz stutzte, dann aber glaubhaft versicherte, das Gerät sei geradezu dafür geschaffen, auf weit entfernten Himmelsobjekten selbst kleinste Details zu erkennen. »Ihr habt Glück. Zu dem Teleskop gebe ich euch noch eine alte Mondkarte eines Astronomen namens Giovanni Battista Riccioli. Er war ein gelehrter italienischer Jesuit. Die Karte stammt aus der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts. Es ist natürlich nicht das Original, das ist unbezahl bar, aber eine gute Replik aus neuerer Zeit. Die hilft euch bei der Orientierung bei euren Mondstudien.«
    Als der freundliche Antiquar die Kopie der Karte der »Maria et Monti Lunae« von 1651 ausrollte, erstarrte Dimitru in Fassungslosigkeit. Dann jubelte er. »Maria und die Berge! Dieser Gelehrte, dieser Jesuitenmänch, hat Maria schon vor dreihundert Jahren gesehen. Auf dem Mond! Und das mit einem simplen Teleskopierrohr.«
    »Wen? Wen hat Riccioli gesehen?« Gheorghe Gherghel schüttelte den Kopf.
    »Die Jungfrau Maria. Die Gottesmutter in persona. Dieser Astronom hat sie entdeckt.«
    »Wie um Himmels willen kommst du denn da drauf?« »Da!« Dimitru tippte mit dem Zeigefinger auf die Karte. »Da steht es. Maria et Monti Lunae. Nach meinen bescheidenen Kenntnissen des Lateinischen, Dank sei dem seligen Papa Baptiste, heißt das: Maria und die Mondberge.«
    Gheorghe Gherghel klatschte sich auf die Schenkel und hielt sich den Bauch vor Lachen. »Ihr in den Bergen, ihr lebt aber wirklich hinter dem

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