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Wie die Madonna auf den Mond kam

Wie die Madonna auf den Mond kam

Titel: Wie die Madonna auf den Mond kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Bauerdick
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selber um, statt ihren Alten. Zwei Jahre blieb sie spurlos verschwunden. Was sag ich, keiner verschwindet spurlos. Die Frage ist nur, wann wir die Reste finden.«
    Über Fräulein Barbulescu, ergänzte Plutonier Cartarescu, sollten wir uns vorerst keine Sorgen machen. »Die taucht bestimmt wieder auf. Es sei denn, sie hat sich irgendwo mit einem verschwiegenen Liebhaber eingenistet.« Cartarescu lachte kurz, schaute verlegen zu dem schweigenden Lupu Raducanu und meinte dann, das Liebesleben sei grundsätz lich eine Privatsache und unterliege folglich auch nicht der behördlichen Kontrolle. Da es sich jedoch bei Fräulein Barbulescu um eine Person in Diensten des Staates handelte, müsse ihr Fernbleiben vom Unterricht als ernste Missachtung ihrer Pflicht geahndet werden, wobei man allerdings zum jetzigen Zeitpunkt von einer Suchaktion absehen müsse.
    Der Dicke nickte und trat seine Zigarette aus. »Suchen bringt nichts. Jetzt, wo in den Bergen schon Schnee fällt.«
    Cartarescu ermahnte uns noch, mit wachen Augen und offenen Ohren jedwede Beobachtung sofort in der Polizeistation von Apoldasch zu melden. Dann fasste er sich an die Mütze, salutierte und öffnete die Fahrertür des Geländewagens.
    »Moment! Wir haben noch Zeit.«
    Lupu Raducanu, der mir die ganze Zeit den Eindruck vermittelte, das Schicksal vermisster Trunkenbolde interessiere ihn ebenso wenig wie das Verschwinden einer Dorflehrerin, wendete sich an die Männer aus Baia Luna.
    »Ein paar Fragen noch«, sagte der Sekurist. Dann schaute er sich um und ging auf den Sachsen Hermann Schuster zu. Jeder sah die Beule auf seiner Stirn, die sich dunkelblau verfärbt hatte, seit der Parteigenosse Roman Brancusi an Großvaters Geburtstag eine Flasche an seinem Kopf zertrümmert hatte.
    »Sie sollten sich im Spital untersuchen lassen«, sagte Raducanu. »Wenn eine Gehirnerschütterung nicht erkannt wird, kann das bleibende Schäden hinterlassen.«
    »Nicht der Rede wert«, erwiderte der Sachse.
    »Sieht aber schlimm aus.«
    »Ich sagte doch, nicht der Rede wert.«
    Raducanu nestelte in den Taschen seines Mantels und holte eine weiße Schachtel Zigaretten hervor. Kent, eine Marke, die in Baia Luna unbekannt war. Der Major klappte ein silbernes Benzinfeuerzeug auf. In aller Ruhe brannte er seine Zigarette an und inhalierte den Rauch.
    »Wie ich hörte, hatten Sie vor ein paar Tagen eine kleine Auseinandersetzung? «
    »Ich? Nein. Ich kann nur wiederholen, alles nicht der Rede wert.« Schuster wirkte verunsichert.
    »Richtig. Alles nur ein Missverständnis.« Liviu Brancusi und seine Brüder Roman und Nico lösten sich aus dem Kreis der Männer und traten an Raducanu und Schuster heran.
    »N-n-nur ein M-M-Missverständnis unter Mä-mä-männern«, wiederholte Roman. »Eine unb-b-bedeutende M-mmeinungsverschie-schie-denheit unter Mä-mä-männern, die vielleicht ein wenig zu viel ge-ge-getrunken haben. Sehen Sie, Major, d-d-der Streit ist längst schon wieder be-be-beigelegt.«
    Demonstrativ reichte Roman Brancusi Hermann Schuster die Hand. Der Sachse schlug ein.
    »So, so, der Streit ist beigelegt. Wie schön. Das hört man gern. Sie haben sich demnach geeinigt?«
    Schuster und die drei Brancusi-Brüder nickten verhalten. »Sehr schön. Man sagt, es sei bei diesem Streit um die Umsetzung des Fünf-Jahres-Planes der Regierung gegangen. Um die anstehende Kollektivierung der Landwirtschaft.« »Wer sagt das?«, wollte Schuster wissen.
    »Ist das nicht egal, jetzt, wo Sie sich geeinigt haben, Sie, ein deutschstämmiger Sachse, und die Genossen Brancusi?« Hermann Schuster schwieg.
    Major Raducanu drehte sich zu Roman. »Genosse, ich habe richtig verstanden, diese Meinungsverschiedenheit ist wirklich begraben?«
    »Ja-ja-wohl, Ge-ge-genosse Major.«
    »Sehr gut. Das heißt, die Überführung des privaten Besitzes in Baia Luna in das Eigentum des staatlichen Gemeinwohls kann unverzüglich vonstattengehen ?«
    Liviu Brancusi schaltete sich ein. »Möglicherweise bedarf es noch ein wenig an Übe rzeugungsarbeit. Doch die Argu mente liegen auf unserer Seite. Baia Luna braucht den Fortschritt.«
    »Das heißt, diese Überzeugungsarbeit, Genosse Brancusi, die ist noch nicht abgeschlossen?«
    »Aber schon bald, Genosse Major! Schon bald.«
    »Ich verstehe nicht. Eben war von einer Einigung die Rede.
    Und nun? Gibt es Probleme bei der Einsicht in die Notwendigkeit des Fortschritts? Sturheit? Protest? Widerstand?«
    Die Umstehenden sahen, wie dem Parteimitglied Liviu die Röte

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