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Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Titel: Wie die Welt endet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will McIntosh
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scherzten und lachten miteinander. Auch wenn niemand etwas Lustiges gesagt hatte, brachen sie einfach spontan in Gelächter aus, manchmal so heftig, dass ihnen das Essen aus dem Mund flog.
    Phoebes Mutter war erstaunt, als sie erfuhr, dass wir nicht unbedingt vorhatten, uns die Doctor-Happy-Spritze geben zu lassen und damit für immer gerettet zu werden. Sie blieb allerdings versöhnlich; nach Phoebes Reaktion zu urteilen, ging ihre Mutter also, seit sie infiziert worden war, ganz anders mit Unstimmigkeiten um. Phoebe versprach, sie sobald wie möglich wieder aufzusuchen, und wir gingen weiter.
    Auf unserer Tour fiel mir auf, dass alles, was an die Außenwelt erinnerte, mehr oder weniger aus Athens verbannt worden war. Vor dem Kino hingen keine Filmplakate, es gab keine Werbung, keine Reklametafeln und keine Disney-Figuren in dem Geschenkeladen, an dem wir vorbeikamen. Sie schienen es mit dem Neuanfang ernst zu meinen. » Und was habt ihr mit dieser Stadt vor?«, fragte ich. » Inwiefern soll sie sich von früheren Städten unterscheiden?«
    » Also, als Erstes findet eine Dezentralisierung der Macht statt«, antwortete Sebastian. » Bei uns gibt es keine korrupten Politiker. Wir übernehmen viel von einer anderen Stadt, die einen Neuanfang versucht hat, wir schauen uns an, was dort funktioniert hat und was nicht. Äußerlichkeiten, wie kürzere Arbeitstage und die Abwertung materieller Güter, sind zwar wesentlich, aber wir arbeiten auch an der inneren Umstrukturierung.«
    » Zum Beispiel?«, fragte ich. Ich interessierte mich wirklich dafür, was sie da auf die Beine stellten. In gewissem Sinn befanden wir uns ja möglicherweise im Jahre Null und konnten den Beginn von etwas völlig Neuem miterleben. Vorausgesetzt, die Jumpy-Jumps machten das Ganze nicht dem Erdboden gleich.
    Sebastian zog ein Spiralheft aus der Tasche und hielt es hoch. » Das hier ist mein Lügenheft. Immer, wenn ich lüge, schreibe ich die Lüge auf. Jeder hat so ein Heft.«
    » Ihr seid doch alle verrückt«, sagte Cortez.
    » Verrückt ist das, was da draußen vor sich geht«, entgegnete Sebastian und zeigte über die Stadtmauer.
    Er führte uns durch den alten Teil des Campus, wo hohe Eichen einem langen Rasenstück Schatten spendeten. Dort ruhten sich Leute aus, so als hätten sie gerade eine Pause zwischen zwei Seminaren. Es wirkte so anachronistisch, eine Szene aus der Zeit, bevor alles den Bach runtergegangen war.
    » Jeder hat einen Tag in der Woche frei«, erklärte Sebastian. » Wenn mal alles läuft, erhöhen wir die Freizeit nach und nach, bis auf drei oder vier Tage pro Woche.«
    Colin und Jeannie betrachteten die Szene mit einem Blick, als seien sie auf Wohnungssuche und würden gleich ein Maßband hervorziehen, um auszumessen, ob ihr Lieblingssofa hier hinpassen könnte.
    Als die Dunkelheit das letzte Licht am Himmel aufgesogen hatte, waren Phoebe und ich zwar müde, konnten jedoch nicht schlafen.
    » Und was jetzt?«, fragte sie.
    » Ich weiß es nicht.«
    » Ich auch nicht.«
    Aus dem Nachbarzelt, wo Colin und Jeannie wach lagen, hörten wir Gemurmel. Ich fragte mich, worüber sie wohl sprachen. Joel stieß vor lauter Hunger einen jammervollen Schrei aus. Es war ein herzzerreißender Laut, unerträglich. Ich würde die beiden nicht bitten, einen weiteren Tag zu warten, denn ich hatte schon ein schlechtes Gewissen, weil ich sie um den heutigen Tag gebeten hatte.
    Mit meinem leeren Magen fiel mir das Denken schwer. Am liebsten hätte ich jetzt Phoebe an mich gezogen und ihr gesagt, dass ich sie liebte. Ich wollte den letzten kleinen Abstand zwischen ihr und mir vertreiben, damit wir den nächsten Schritt gemeinsam gehen konnten. Aber dafür kannten wir uns noch nicht lange genug.
    » Es gibt ein paar Dinge, über die ich gerne mit dir sprechen möchte«, sagte ich zögernd, » aber normalerweise bespricht man so etwas erst, wenn man schon viel länger zusammen ist, als wir es jetzt sind.«
    Phoebe schwieg ein Weilchen. » Vielleicht sollten wir unter diesen Umständen doch darüber reden?«, sagte sie schließlich.
    » Okay.« Einen Moment lang meldete sich meine altvertraute Unsicherheit. Würde ich alles kaputt machen, wenn ich ihr meine Liebe gestand? Erwiderte Phoebe meine Gefühle, oder war ich bloß irgendein sicherer Hafen in einem Sturm? In der Ferne brachte ein winselnder Hund uns ein Ständchen: die Stimme meiner Psyche.
    Zum Teufel damit. Was hatte ich denn zu verlieren?
    » Ich befürchte, dass Doctor Happy meine

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