Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie du Ihr

Wie du Ihr

Titel: Wie du Ihr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Beckett
Vom Netzwerk:
mir zu diesem Raum gefolgt. Vielleicht hat Andrew ihr etwas erzählt. Ich habe einen Faden von meinem Schlafanzug abgerissen und spanne ihn immer über das Versteck, wo ich mein Notizbuch aufbewahre. So kann ich überprüfen, ob es jemand gelesen hat. Das ist keine Paranoia, sondern gesunder Menschenverstand. Wenn man gesehen hat, was ich gesehen habe, gibt es da keinen Unterschied.

8
    Am nächsten Morgen verstauten wir unser Gepäck im Begleitfahrzeug und brachen um halb zehn auf. Unser Fahrer hieß Joe – ein kräftiger Kerl mit Dreifachkinn. Sein Sohn hatte die Tour ein paar Jahre zuvor mitgemacht und seitdem stellte er der Schule seine Zeit und seinen Geländewagen kostenlos zur Verfügung. Wir waren die zweitletzte Gruppe, die aufbrach. Das war Mr Camdens Idee. Wahrscheinlich fürchtete er, dass er uns nie Wiedersehen würde, wenn er uns als Letzte gehen ließ.
    »Keine Angst«, rief er uns zu, als wir auf unseren Rädern durch das Tor auf die Straße hinausfuhren. »In den fünfzehn Jahren, in denen ich das schon mache, ist es noch nie vorgekommen, dass eine Gruppe den Abschnitt mit dem Fahrrad nicht geschafft hat.« Eigentlich hätte er wissen müssen, dass jemand wie Jonathan gar nicht anders konnte, als das als Herausforderung aufzufassen.
    Eine Woche vor der Exkursion hatte Mr Camden eine ehemalige Profiradfahrerin in den Kurs eingeladen. Sie erklärte uns, wie man den Windwiderstand im Pulk reduzieren und den Kraftaufwand um ein Drittel verringern konnte. Damals hatte sich alles so einfach angehört. Ohne die Komplikationen des wahren Lebens. Ohne Komplikationen wie Jonathan.
    Er und Rebecca fuhren voraus, gefolgt von Lisa und mir. Zum Schluss kam Ms Jenkins. Jonathan versuchte, uns von Anfang an das Leben schwer zu machen. Er kam auf die geniale Idee, einen so unregelmäßigen Rhythmus vorzugeben, dass man ihm unmöglich folgen konnte. Erst raste er in einem Affenzahn davon. Und dann drosselte er so abrupt das Tempo, dass wir bremsen mussten, um nicht mit ihm zusammenzustoßen. Rebecca ließ sich nicht so leicht abschrecken und passte sich seinem unsteten Fahrstil trotzig an. Doch uns andere machte seine Fahrweise völlig fertig. Genau wie er es beabsichtigt hatte. Schon nach kurzer Zeit brannten meine Beine vom unregelmäßigen Fahren. Genau davor hatte man uns im Vorfeld ausdrücklich gewarnt. Wir waren erst dreißig Minuten unterwegs und Jonathan hatte schon den ersten Sieg errungen. Er hatte es geschafft, das Fahren im Pulk zu einer extrem kraftraubenden Technik zu machen.
    Trotzdem kamen wir erstaunlich gut voran. Für die ersten dreißig Kilometer brauchten wir gute eineinhalb Stunden. Vor uns erstreckte sich der einzige echte Anstieg des Tages, und als Jonathan spürte, dass wir kurz vor dem Zusammenbruch waren, konnte er nicht widerstehen. Er ging aus dem Sattel und preschte davon. Rebecca ließ sich nicht abhängen und folgte ihm Tritt für Tritt, sodass er nur noch entschlossener in die Pedale trat. Ich quälte mich eine Weile lang auf meinem Rad ab, und vielleicht hätte ich es sogar geschafft, mit ihnen mitzuhalten, wenn ich es wirklich versucht hätte. Doch nachdem ich den ganzen Morgen zusammen mit Lisa gefahren war, fühlte ich mich ihr auf unbestimmte Weise verbunden. Überrascht stellte ich fest, dass uns Ms Jenkins mühelos überholte und sich beherrschen musste, um nicht selbstzufrieden zu lächeln.
    »Ich hasse diesen Arsch von Jonathan«, murmelte Lisa und blickte starr geradeaus über ihren Lenker. Ihr dunkelrotes Gesicht war schweißüberströmt und der Helm war ihr ins Gesicht gerutscht.
    »Ich auch«, gab ich keuchend zurück. Es waren die ersten Worte, die wir an diesem Morgen wechselten, und sie genügten, um uns zu Freunden zu machen.
    Als wir auf der Bergkuppe ankamen, warteten die anderen drei am Straßenrand auf uns und versuchten, entspannt auszusehen, obwohl man ihren Gesichtern die Anstrengung noch immer ansah.
    »Beeil dich, Lisa«, stichelte Jonathan. »Du hältst die ganze Gruppe auf.«
    »Ich finde, sie schlägt sich prima«, erwiderte ich zu schnell.
    »Ach, sieh mal einer an. Da haben sich wohl zwei gefunden, was, Marko?«, sagte Jonathan. Rebecca grinste spöttisch hinter ihm.
    »Halt dein blödes Maul, du Arschloch!«, zischte Lisa. »Du vermasselst hier doch alles.«
    »Lisa, wenn du etwas auszusetzen hast, solltest du das etwas höflicher ausdrücken«, sagte Ms Jenkins in dem vergeblichen Versuch, einen Streit zu verhindern. Zu spät. Das Feuer war entfacht

Weitere Kostenlose Bücher