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Wie Du Mir

Wie Du Mir

Titel: Wie Du Mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Dunne
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Fingernägeln kauten. Es gehörte zu Dallys Kindheit wie das abwesende Summen seiner Ma während der Hausarbeit, Dads explosives Schnarchen oder das Knattern von Hubschraubern im Stillstand. Seán unter ihm im Stockbett, ein Buch lesend oder vergeblich auf den Schlaf wartend. Klick-Klack.
    „Warum bist du hier und nicht zu Hause? Oder bei Kieran?“
    Dally wusch gründlicher ab als notwendig. Mit Seán zu reden war immer noch leichter, wenn er ihn nicht ansehen musste.
    „Keine Angst, du warst nicht meine erste Wahl“, erwiderte Seán gereizt, „aber Kieran braucht nicht noch ’n siebtes Familienmitglied an der Backe.“
    Ach ja, die neueste Nichte. Orla war gestern auf die Welt gekommen.
    „Außerdem geht Dad jetzt endgültig der Verstand flöten.“ Stuhlrücken, dann stand Seán neben ihm, reichte ihm seine Tasse und verströmte seinen eigentümlichen Curry-Geruch. Wo war das Parfum geblieben? „Hat mich am Montag angerufen wegen Rory. Hatte schon ’ne Liste an Sachen, die ich für die Totenwache mitbringen soll. Ich hab ihn gefragt, woher er die Information nimmt, dass ich überhaupt kommen werde.“
    „Autsch.“
    Seán lachte wieder sein trotziges Lachen.
    „Die Verhaftung letztes Mal hat mir nur Ärger eingebracht im Büro. Die sind allergisch gegen politische Verbindungen. Wenn die rausfinden, dass ich jeden Monat auf Republikanerbegräbnissen rumhänge, feuern sie mich.“
    „Haste ihm das erklärt?“
    „Hätte ich, wäre ich zu Wort gekommen. Er ist vollkommen ausgerastet; sogar ohne Telefon hätte ich ihn bis nach Dublin gehört. Hat mich ’ne Schande für die Familie genannt und dass er mich von der Liste seiner Kinder für alle Ewigkeit streichen werde, wenn ich nicht aufkreuze.“
    Der Gedanke an den pflaumenfarbig angelaufenen Kopf seines Vaters, die Augen zu Schlitzen verengt und den Mund schief verzogen, ließ Dally schmunzeln.
    „Und du Schisser gibst klein bei? Sieh mich an: schon zehnmal enterbt, noch immer auf dem Posten.“
    „Hey, ich wollte Ma das ganze Trara ersparen. Außerdem sind wir’s Liam, Anne und Conor schuldig. Von Barbie konnte ich auch Abstand brauchen, also dachte ich, was soll’s, ich hab noch Urlaub gut. Aber den Alten halt ich keine fünf Minuten aus, verstehste? Führt sich auf wie Zeus persönlich.“
    „Der beruhigt sich wieder.“
    „Ich verfluche den Tag“, imitierte Seán Gregs Bassbariton.
    „… an dem ich dich gezeugt habe“, beendeten sie unisono, stilecht mit Gregorys Zornesgeste aus dem italienischen Bilderbuch.
    Dally fischte im Spülwasser nach dem Abfluss-Stöpsel und ließ es auslaufen.
    „VERFLUCHE DEN TAG!“, schmetterte Seán ihm plötzlich ins Ohr. Dann brüllten sie vor Lachen, so lange, bis Seán Schluckauf bekam.
    „Du hast mich vor fünf Tagen mit Blitzen im Arsch gerettet, Mann“, murmelte er und rieb sich die Augen. „Darauf sollten wir einen trinken gehen.“
    Dally untersuchte sein Lächeln. Kein Sarkasmus diesmal. Sah nach einem Angebot zum Waffenstillstand aus.
    „Warum nicht.“
    „Dann mal vorwärts, Zeit ist Geld.“ Kopfschüttelnd schnalzte Seán mit der Zunge und ahmte Colms Krähen nach. „Dieses Pack aus dem Norden … einfach keine Arbeitsmoral.“
    Dally zog ihm mit dem spülwasserdurchtränkten Schwamm eins über, wehrte Seáns Gegenschlag mit dem Küchentuch ab und erwiderte sein Grinsen. Die Ferguson-Brüder ritten wieder.

Schutzengel
     
    Brian Hanlons Besuche hatten immer etwas von einem Staatsbesuch. Der dunkle Nissan. Hanlons muskelbepackter Neffe und Leibgardist Eoin, der ihn zur Tür begleitete und sich anschließend zurück zum Auto trollte.
    „Liam“, sagte er, das Gesicht schmerzverzerrt. Er umarmte ihn noch im Eingang und folgte ihm ins Wohnzimmer, wo Liam seit einer Stunde zum zweiten, dritten, vierten Mal überprüft hatte, ob alles an seinem Platz stand.
    Hanlons Blick blieb am Kaminsims und dem von brennenden Kerzen eingerahmten Foto hängen. Er betrachtete es wie das eines Schutzpatrons. Rory in seiner grünen Uniform, mit Sonnenbrille und einer Irlandflagge in der Hand, bei einer Gedenkfeier zur Osterrevolution vor ein paar Jahren.
    „Dieses Bild hätte sich auch Rory ausgesucht“, sagte Hanlon feierlich. Liams Angebot zum Tee lehnte er mit einer Geste ab. Noch in seiner Jacke setzte er sich auf die Couch, nicht ohne seine Hose auf Kniehöhe anzuheben. Das schonte den Stoff.
    „Cén chaoi abhfuil tú? Wie geht es dir? Pat hat nach dir gefragt, und ich habe ihm gesagt, dass deine

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