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Wie Du Mir

Wie Du Mir

Titel: Wie Du Mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Dunne
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Treppenabsatz.

Nummer fünf
     
    Kurz bevor das Ziel planmäßig auftauchen sollte, vergewisserte sich Dally noch einmal, dass alles seine Ordnung hatte. Per Knopfdruck entließ er das Magazin aus dem Griff seiner Browning, die er zwischen den Knien hielt. In der Öffnung schimmerte mattgolden die Hülse der obersten Patrone.
    Der Abzug ist übrigens hier, falls du es vergessen hast, hatte der Quartiermeister bei der Waffenübergabe gefeixt. Vollidiot. Seit Florida Drive meinte jeder der Jungs, seinen Kommentar darüber loswerden zu müssen.
    Er hätte auf sein Gefühl vertrauen sollen und sich für das Training entschuldigen. Das hatte er jetzt davon. Um halb vier hatten sie ihn aus dem Schlafsack geholt, ihn zusammen mit einem ortskundigen, aber offensichtlich taubstummen Fahrer und Rory Sullivan in einen alten Mazda gesteckt.
    Eine Operation. Das erste Ziel seit Florida Drive. Mit Laber-Rory als Ersatzmann für Lucky. So weit waren sie also gekommen. Zugegeben, Rory war nach außen hin beeindruckend, mit einer Statur, die geradezu „Rugby!“ schrie und einem verwegenen, frauenmordenden Blick. Leider lastete ihn allein schon das Kauen seiner unvermeidlichen Mentos geistig vollkommen aus. Aber Lucky zu ersetzen, darauf war er schon immer scharf gewesen. Und Pat Doherty inzwischen auch.
    Klick. Das Magazin war wieder an seinem Platz, und er hob den Kopf. Eine gesichtslose Wohnstraße im Morgendunst. Montague Lane. Ganz schön theatralisch für ein Nest wie Castlederg, Tyrone. Nichts rührte sich, die Dämmerung hatte gerade erst eingesetzt, und die Bewohner schliefen dem Samstagmorgen entgegen.
    Dally zog den Schlitten der Browning nach hinten, löste mit dem Daumen die Verriegelung, ließ den Schlitten wieder nach vorne schnellen. Sein Einrasten machte in der Enge des Mazdas mehr Lärm als angenommen. Rory, immer noch schmatzend auf der Rückbank, sandte ihm einen vorwurfsvollen Blick über den Rückspiegel.
    „Sehr unauffällig, JR.“
    Noch etwas, das er Rory verdankte. Ein Spitzname aus einer Seifenoper. Was in Gottes Namen hatte er mit einem texanischen Ölmagnaten gemeinsam? Trotzdem war Rorys Geistesblitz an ihm haften geblieben.
    Er sicherte den Hahn, dann umschloss er den Griff wieder mit beiden Händen. In seinem Oberbauch rumorte es. Eine Portion Magensaft auf dem Weg nach oben. Mit angehaltenem Atem schluckte er. Er konnte keine Ablenkung gebrauchen, kein Brennen, keine Schmerzen. Vielleicht später, wenn „Operation Montague“ vorbei war.
    Anschläge nach den Adressen der Ziele zu benennen war Liam Sullivans Idee gewesen. Rorys intelligenterer Zwillingsbruder war Informationsoffizier der Einheit, suchte die Ziele aus, sorgte dafür, dass alle Einheitsmitglieder zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Liam hatte es irgendwie mit Adressen.
    „Haste gewusst, dass die während des Trainings so was durchziehen wollten?“, fragte Rory. Seine Kiefer zermalmten das Mentos, als wäre es ein zähes Steak.
    „Nein.“
    „Ich frage mich, warum die Jungs aus Tyrone den Job nicht selbst erledigen – haben die nicht die Eier dazu? Oder ist es ein Teil des Trainings?“
    Ein klassischer Rory. Kein Wunder, dass der Fahrer kein Wort mit ihnen redete. Der musste sie für typische Arroganzler aus Belfast halten, die den Landeiern mal zeigen wollten, wie eine erfolgreiche Operation aussah.
    „Keine Ahnung.“
    „Wenigstens hat der Chief begriffen, dass ich an die Front gehöre. Lucky wird immer unzuverlässiger … Magste auch eins? Das beruhigt.“
    Dally betrachtete die Röhre mit den Mentos neben seiner Schulter und schüttelte den Kopf. Noch fast voll. Großartig.
    „Mann, wo bleibt der Kerl? Ist der Hund krank oder was? Er ist schon zehn Minuten zu spät!“
    Halt. Die. Klappe. Dally schloss die Augen. Ein bunter Kosmos aus Sternen tanzte auf dunkelgrauem Hintergrund.
    Seltsam. Er konnte sich an keinen einzigen Namen seiner bisherigen Ziele erinnern. Namen machten es schwerer, abzudrücken, deshalb erfuhr er sie meist erst aus den Nachrichten. Aber auch dann vergaß er sie schnell wieder. Namen waren nicht sein Ding. Gesichter ja, in jedem Detail, aber keine Namen. Vier Namen. So viele, wie er Geschwister hatte. Kieran, Seán, Bridie, Aidan. Alles wartete auf Nummer fünf.
    „Also der Typ muss ja der letzte Blödmann sein.“ Rory gluckste, während er sich die Reste seines Mentos von der Fingerspitze lutschte. „Für die Bullen arbeiten und wie’n Uhrwerk an derselben Ecke den Hund Gassi

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