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Wie Du Mir

Wie Du Mir

Titel: Wie Du Mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Dunne
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abrupt wieder das Wort. Sie hatte vielleicht einmal Jennys Körperbau gehabt, bevor die Jahre ihren Hintern und Busen ausgesaugt hatten. Doch sie hatte nichts von Jennys ungezügelten Emotionen, die von einer Sekunde auf die andere ihre Energien entluden – in Übermut oder Zorn, je nachdem.
    „Da gibt es nichts zu verzeihen, ich bitte Sie“, gab er sich großzügig.
    Unter ihnen brodelte das Wasser wie ein außer Kontrolle geratener Whirlpool, trieb schäumend abwärts in Richtung Manor Lodge. Die Luft war voll mit feinen Wassertröpfchen. Entlang ihrer Haare reihten sie sich zu einer zartgliedrigen Perlenkette auf. Sie lächelte wieder zu ihm hoch, trat von einem Fuß auf den anderen.
    „Darf ich Ihnen einen Drink spendieren, William?“
     
    Später fragte sich Will, was genau ihn dazu bewogen hatte, Kates Angebot anzunehmen. Ihre offensive Herzlichkeit hatte ihn überrumpelt, ihre vielen Grimassen beim Reden irritiert. Doch erzählen, das konnte sie. Die junge Kellnerin, Kates Bridgeclub – sie alle kamen und gingen. Tonicwater folgte auf Gingerale, Käsekuchen auf Clubsandwich.
    Sie erzählte von ihrer Kindheit in Ballymena und davon, dass ihr Mann nach 25 gemeinsamen Jahren plötzlich „zu sich selbst finden wollte“, sein profitables Textilunternehmen 1990 verkauft und die Scheidung eingereicht hatte. Seitdem lebte er in einem Cottage nahe Inverness, verkaufte Regenbogenforellen aus der eigenen Zucht und spielte Dudelsack in der Fußgängerzone. Sie erzählte davon, dass man den besten Fisch Belfasts im Laden des „reizenden“ John Frizzell an der Shankill Road bekam und sie jeden Samstag dorthin zum Einkaufen kam, da mochte passieren was wollte, auch wenn sie eigentlich nahe der Universität wohnte. Davon, dass sie ein furchtbares Vergissmeinnicht war und schon auf über zwanzig dauerhafte Verluste von Regenschirmen, Kleidungsstücken oder Schmuck zurückblicken konnte. Und von ihrem Vater, der in der Ballymena Bibliothek gearbeitet und sich mit der örtlichen Kleptomanin herumgeschlagen hatte.
    Ihre Unterhaltung hatte wenig Publikum. Die meisten Besucher hatten den Park verlassen, nur die Hausgäste waren noch da. An der Bar saß ein junges Paar, die Gesichter starr dem Fernseher zugewandt; genauso wie der fette Kellner mit Ziegenbart und Ohrring, der sich schon seit einer halben Stunde nicht mehr am Tisch von Will und Kate hatte blicken lassen. Kates Bridge-Freundinnen hatten sich in den Bereich gegenüber dem Restaurant zurückgezogen und gingen konzentriert ihrem Spiel nach. Durch die mit Glaslegearbeiten verzierten Raumteiler konnte Will ihre Köpfe auf und ab wogen sehen wie auf Wasser schwimmende Äpfel.
    Will schielte auf seine Uhr. Fast neun. Fünf Stunden, die er mit einer fremden Frau verbracht hatte. Wüsste Jenny davon, hätte sie ihm mindestens eine Woche die kalte Schulter gezeigt. Nach einer gehörigen Szene natürlich. Eigenartigerweise war sie sich seiner Zuneigung offensichtlich nie sicher gewesen, denn ihre Eifersucht hatte kaum Grenzen gekannt. Und das, obwohl Will außerhalb seiner Arbeit ein ereignisloses Leben führte.
    „Sagen Sie mal, William“, Kates Hände berührten flüchtig seine um das leere Bierglas geflochtenen Finger, „Sie müssen mich für eine Verrückte halten, nicht? So einfach ’nen Mann an ’nem Wasserfall aufzugabeln … das ist doch nicht ganz normal für ’ne alte Kuh wie mich oder?“
    Einmal mehr konnte Will seine Verblüffung nur mit einem Lachen äußern.
    „Wie kommen Sie denn darauf?“
    „Weil ich die ganze Zeit über mein Leben erzähle und Sie nur mit diesem nachsichtigen Ausdruck im Gesicht zuhören. Ich amüsiere Sie, nicht?“
    „Auf positive Weise. Sie erzählen einfach zu gut, dem habe ich nichts entgegenzusetzen, das ist alles“, beeilte sich Will zu versichern.
    „Papperlapapp! Ich wette, Sie sind ein viel interessanterer Mensch als ich. Legen Sie doch mal los.“
    „Ach, ich hab schon gesagt, über mich gibt es nicht viel Erfreuliches zu sagen. Kommt mit dem Beruf.“
    „Aber ich nehme doch an, Sie haben Familie. Ich seh Ihren Ehering, aber haben Sie Kinder? Sie haben gesagt, Sie arbeiten für die Polizei, ist das nicht schwierig für Ihre Frau?“
    Wills Feuermal begann zu schwelen. Zum ersten Mal seit ihrer Begegnung starrte Kate es an, ihre Augen geweitet, Stirn gerunzelt. Wie seine Kollegen, Schulkameraden, Jenny am Anfang, bevor sie diese Stelle bevorzugt küsste. Wie Jennys Mörder, verdammt noch mal. Alle waren sie

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