Wie Du Mir
die Shetlands emigrieren?“, fragte Hugh sein Taschentuch, erhielt aber keine Antwort, also wandte er sich wieder an Will. „Nein, wir erwischen ihn entweder mit dem Finger am Abzug oder gar nicht.“
„Stell ich mir schwierig vor. Hanlon sieht nicht aus, als würde er sich die Hände schmutzig machen.“
„Schwierig, aber nicht unmöglich“, wurde Hughs Stimme wieder heiterer. „Und hier kommt deine Idee ins Spiel.“
Will lächelte die Krater in seinem Pudding an. Wo er selbst nur Wenns und Abers entdeckte, sah Hugh Möglichkeiten. Beneidenswert.
„Agent Paul wird Hanlon vielleicht schon bald seinen lange gesuchten Informanten liefern.“
Noch während er den Mund für seine Frage öffnete, wurde Will klar, um wen es sich handelte. Hughs Lächeln sprach Bände. Plötzlich fühlte Will sich übersatt. Er legte seinen Löffel beiseite.
„Ferguson geht gerade auf dünnem Eis spazieren. Nach dem Anschlag auf dich und dem Mord an Callahan richten sich alle Augen auf ihn, und er ist ’n paar Leuten ziemlich auf den Schlips getreten. Hanlon hält sich zurück, weil Doherty ’ne Schwäche für Ferguson hat. Noch, zumindest. Aber mit Pauls Hilfe wird sich das schnell ändern.“
„Wie sieht das aus? Schwärzt er ihn bei Hanlon an?“
Will wartete darauf, dass Hugh sein Grinsen erwiderte. Doch der schielte bloß nach dem Heißwasserspender am Kantineneingang.
„Ferguson ist Hanlon ein Dorn im Auge. Wenn sein vertrautester Freiwilliger den Verdacht äußert, dass er die Ratte im Nest ist, wird er dem zumindest nachgehen.“
Will warf einen Blick auf die Serviette. Sie sah aus wie die begonnene Strategie-Skizze eines Fußball-Trainers.
„Hanlon führt die Verhöre mit seinen Leuten selbst“, machte Hugh weiter. „Wenn alles so läuft wie immer, wird er sich Ferguson schnappen und ihm ein paar Tage auf den Zahn fühlen. Paul wird uns ’nen Tipp geben, wo das passiert, und wenn die Zeit reif ist, dann schalten wir uns ein.“
„Ist Ferguson dann noch am Leben?“
Hugh zuckte die Achseln.
„Je nachdem, wie es läuft. Im besten Fall gibt er irgendwas zu, und sie verpassen ihm ’ne Kugel, dann sind wir fein raus … Tee?“
Abrupt erhob sich Hugh und verschwand in Richtung Heißwasserspender, der gerade eben frei geworden war.
Will machte noch einen Versuch mit seinem Pudding, doch der Appetit hatte ihn verlassen. Stattdessen ließ er seine Löffelspitze über die glatte Oberfläche gleiten, grub weitere Gräben, schüttete sie wieder zu. Wie lange hatte er auf diese Möglichkeit gehofft? Jetzt war sie da. Er sollte sich glücklich schätzen. Jennys Mörder verdiente den Tod.
„Du siehst ja überglücklich aus.“ Hugh schob Will einen Pappbecher mit Tee unter die Nase. Seine Mundwinkel, soeben noch über seinen Schnurrbart hinweg lächelnd, zogen sich wieder darunter zurück. „Ich dachte, ich könnte dich ein wenig mehr begeistern.“
„Bin ich ja“, bemühte sich Will um ein natürliches Lächeln. „Ich frage mich bloß, was an dem Ganzen nun meine Idee war.“
„Also weißt du …“, Hughs Blick tadelte ihn über den Rand seines Bechers hinweg. „Wer hat sich denn hier laut gewundert, warum man Ferguson intern noch immer über den Weg traut? Und du hattest recht. Ich hab eins und eins zusammengezählt, nichts weiter. Wir müssen nur dafür sorgen, dass Hanlon und Doherty ihr Vertrauen in ihn endgültig verlieren, dann haben wir gewonnen. Eine saubere Lösung, wenn du mich fragst.“
„Ja, aber wie stehen die Chancen für deine saubere Lösung? Sieht nach ziemlich vielen Unwägbarkeiten aus. Doherty könnte sich für jemand anderen als Paul als Nachfolger entscheiden, dann haben wir nichts gewonnen. Ferguson könnte sich bei Hanlon irgendwie rausreden …“, er verstummte. Die Zornesfalte auf Hughs Stirn war bedenklich tief.
„Unwägbarkeiten“, murmelte er, klappte die Serviette wieder zurück in ihre ursprüngliche Form und betrachtete sie eingehend. „Lass mich raten: Du hast mal wieder zu viele Skrupel, nicht wahr?“ Er schüttelte den Kopf, dann gewann erneut das Lächeln die Oberhand. Es war säuerlich.
„Ich finde nur, du verlässt dich zu stark auf diesen Paul. Er ist Informant, so einer spricht zu allen mit gespaltener Zunge. Woher weißt du, dass du ihm trauen kannst?“
„Welchem Menschen kann man heutzutage schon vertrauen?“ Hughs Fingerspitzen tauchten in den Tee auf der Suche nach dem versunkenen Teebeutel, zogen sich aber blitzartig wieder zurück.
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