Wie Du Mir
große Neuigkeit: Ich hab ’ner Lady ihren verlorenen Pullover zurückgebracht und mich ’ne Zeit lang mit ihr unterhalten. Ende der Geschichte.“
Hugh schien trotzdem zufrieden. Er stieß einen Pfiff aus.
„Nicht schlecht für den Anfang, Columbo. Ich wette, du hast ihre Telefonnummer schon in der Tasche.“
War das wieder eine von Hughs Hellsehereien? Manchmal konnte er Gedanken lesen. Andererseits schaffte er es regelmäßig, auch bei unschuldigsten Bemerkungen einen sexuellen Bezug ausfindig zu machen. Also bemühte sich Will um ein schlüpfriges Lächeln und kaute vielsagend an seinem Curry.
Wie gehofft ging Hugh dazu über, seine Erlebnisse während Wills Abwesenheit aufzuzählen. Natürlich hatte er eine Menge verpasst. Erstens, eine legendäre Pubtour mit Oliver, bei der er ein abenteuerlustiges Mädchen vom Land kennengelernt habe, die ehrlich an Hugh interessiert gewesen sei, und es wäre auch zu etwas gekommen, hätte nicht ihre Freundin, diese langweilige Schnepfe, darauf bestanden, nach Hause zu gehen. Zweitens, Steve vom kriminaltechnischen Dienst sei unbefristet beurlaubt, weil er vor fünf Tagen volltrunken in die Kantine getorkelt war, einen Schöpfer voll Lammeintopf auf die arme Moira geschleudert und gebrüllt hatte, sie könne sich den Fraß behalten, ihn werde sie damit nicht vergiften.
„Außerdem“, Hughs Gabelspitze hackte mit jeder Silbe in Wills Richtung, „gibt es jetzt einen Plan für Operation Brutus.“
„Und ich nehme an, der Plan ist zu geheim für einfache Kriminalisten?“
„Du sagst es. Aber du hast Glück.“ Hughs Blick hopste von Tisch zu Tisch, dann holte er einen Kugelschreiber aus der Brusttasche seines Hemdes, entfaltete sein Servietten-Dreieck zu einem Quadrat und platzierte es vor sich auf der Tischplatte. „Du hast mich auf die Idee gebracht, am Abend im Crown, also ist es unser Plan, und den werd’ ich dir gleich erklären.“
Er zeichnete einen Kreis in die Mitte der Serviette und ein großes ‚H‘ hinein. Dann platzierte er mehrere kleine Kreise rund um den großen Kreis, wie Planeten in einem Sonnensystem.
„Also“, er senkte seine Stimme, „Paul soll uns Kontrolle über die West-Belfaster Einheiten verschaffen. Dafür müssen wir Hanlon ausschalten.“
„Warum nicht Doherty? Er ist eine Symbolfigur, wenn wir ihn aus dem Verkehr ziehen, sind seine Einheiten für längere Zeit ohne Kopf.“
Hugh machte ein zweifelndes Geräusch.
„Doherty ist ein ideologischer Hardliner, aber von der alten Schule, also halbwegs berechenbar. Fällt er weg, kommen als Nachfolger nur Hanlon oder Maguire, Dohertys Gegenstück aus Nord-Belfast, infrage, beide Psychopathen. Deshalb wollen wir so schnell wie möglich Agent Paul an die Seite von Doherty setzen.“
„Moment mal, warum sollte Doherty sich gerade an Paul wenden, wenn Hanlon ausfällt?“
„Weil Doherty absolutes Vertrauen in Hanlon hat, und Paul ist Hanlons Favorit. Wenn es hart auf hart kommt, wird er sich an jemanden wenden, der Hanlon möglichst nahekommt. Überleg doch mal“, er zirkelte noch einen Kreis über sein kleines Universum, „damit haben wir West-Belfast mehr oder weniger unter Kontrolle.“
Etwas von der Currysauce stieg Will in die Nase.
„Von welcher Kontrolle redest du? Paul erzählt euch doch nur das, was ihm gefällt. In Wahrheit kontrolliert der euch.“
„Provokant wie immer“, Hugh sah von seiner Skizze auf und grinste. „Paul ist unsere Eintrittskarte in die innersten Kreise. Hanlon hat direkten Kontakt zum Armeerat. Bei ihm laufen die Informationen zusammen. Der weiß alles. Personal, Operationen, alles. Jetzt will er Paul sogar zu seinem Stellvertreter machen. Der Heilige Gral ist das, sag ich dir, der verdammte Heilige Gral.“
Will fischte nach etwas in der Sauce, das wie ein Lorbeerblatt aussah, aber nach Zitrone schmeckte, als er daran leckte.
„Das Angebot hat Hanlon schon gemacht. Er muss nur noch annehmen.“
Hugh war sichtlich stolz auf sich, und Will musste zugeben, dass auch er beeindruckt war. Er griff nach der Dessertschale und begann seinen Pudding zu löffeln. Sah nach Vanille aus, schmeckte aber wieder nach Zitrone.
„Wie stehen die Chancen, Hanlon ganz aus dem Verkehr zu ziehen?“
„Theoretisch gut. Seine Liste an guten Taten ist so lang wie ’ne Klopapierrolle. Problem ist, dass wir niemanden haben, der vor Gericht den Mund aufmacht. Keiner hat den Mumm dazu, und ehrlich gesagt versteh ich auch, warum. Wer will schon tot sein oder auf
Weitere Kostenlose Bücher