Wie, du stillst nicht
verhält. Das schließt ein, dass man das Kind nicht lange weinen und schreien lässt, sondern möglichst unmittelbar nach ihm schaut.
Sie reagieren angemessen, wenn Sie dem Baby das geben, was es benötigt: etwa Körperkontakt, wenn es den Wunsch nach Nähe verspürt, Nahrung, wenn es Hunger hat usw. Eine sichere Bindung zu Ihrem Baby entsteht durch liebevolle Zuwendung und Ansprache, durch Körperkontakt (z. B. durch Tragen, Kuscheln, Babymassage), durch Stillen nach Bedarf und durch Co-Sleeping (Nähe zu den Eltern beim Schlafen). Derartig umsorgte Kinder weinen auch mal, zeigen die Gefühle deutlich, akzeptieren aber auch den Trost anderer, fremder Menschen eher. Auch wenn Trennungen mit negativen Gefühlen verbunden sind, vertrauen Kinder darauf, dass ihre Bindungsperson sie nicht im Stich lässt.
In einer derartigen Bindung ist die Bindungsperson für das Kind ein »sicherer Hafen«, der immer Schutz bieten wird, wenn das Kind ihn braucht.
Kinder, die sich sicher gebunden wissen und fühlen, zeigen später adäquateres Sozialverhalten im Kindergarten und in der Schule. Doch nicht nur das. Sie entwickeln mehr Fantasie beim freien Spiel, sind länger und konzentrierter aufmerksam, haben ein höheres Selbstwertgefühl und zeigen in der Regel deutlich weniger depressive Symptome. Sie sind offener und aufgeschlossener für neue Sozialkontakte mit Erwachsenen und Gleichaltrigen und besitzen ein adäquates Kohärenzgefühl, was bedeutet, dass sie ein allgemeines Vertrauen in die Kontinuität der Bindungsperson haben. Das Kohärenzgefühl stellt eine wichtige Ressource zur Bewältigung von Anforderungen und Belastungen und somit zur Erhaltung der Gesundheit dar. Die sichere Bindung beschützt also, stärkt das Urvertrauen, das Selbstwertgefühl, die Fähigkeit, mit anderen Menschen sozial kompetent umzugehen, die Welt zu entdecken und ihr dabei mutig und emotional ausgeglichen gegenüberzutreten. Sie gilt als einer der wichtigsten Schutzfaktoren für die seelische Gesundheit. Denn sie sorgt für eine emotionale Ausgeglichenheit, welche die Widrigkeiten des Alltags wie auch tragische Schicksalsschläge abzufedern vermag - meist ein ganzes Leben lang.
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Das Continuum Concept
In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen das Continuum Concept vorstellen. Nach Jean Liedloff, einer New Yorker Psychotherapeutin, beschreibt der Begriff die Vorstellung, dass alle Menschen, insbesondere Babys, um sich optimal körperlich, geistig und auf der Gefühlsebene entwickeln zu können, die Art von Erfahrungen brauchen, an die sich unsere Gattung während des langen Prozesses der Evolution angepasst hat. Liedloff hat in mehreren Expeditionen südamerikanische Yequana-Indianer besucht. Sie war fasziniert von deren Glücksfähigkeit und Harmonie und studierte die Grundlagen dafür. Dabei verglich sie diese mit den Verhaltensweisen in der westlich »zivilisierten« Welt und deren Auswirkungen. In ihrem mit großem Beifall aufgenommenen Buch »Auf der Suche nach dem verlorenen Glück« (Originaltitel: The Continuum Concept), beschreibt sie ihre Erfahrungen mit den Indianern und fasst deren Lebensweise als sogenanntes Continuum Concept zusammen.
Für ein Kind gehört zu diesen Erfahrungen:
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■ von Geburt an regelmäßiger Körperkontakt mit der Mutter (oder einer anderen vertrauten Betreuungsperson),
■ das Schlafen im Bett der Eltern, solange es möchte,
■ das Stillen nach Bedarf,
■ in den Armen oder im Tragetuch getragen zu werden und alles beobachten zu können (oder an der Brust trinken, schlafen), während die Bezugsperson ihrer Arbeit nachgeht, bis das Kind aus eigenem Antrieb zu krabbeln beginnt,
■ eine oder mehrere Betreuungspersonen zu haben, die seine Signale (z. B. weinen, schreien) ernst nehmen und sie befriedigen,
■ die Erwartungen, welche die Eltern (oder Bezugspersonen) haben, zu erfüllen, weil es fühlt, dass es eine von Geburt an soziale, kooperative und kompetente kleine Persönlichkeit ist, die über starke Selbstschutzmechanismen verfügt. Jean Liedloff hat Yequana-Kinder nie streiten gesehen, Babys haben auch nie geschrien, höchstens kurz gewimmert. Die Babys wurden ständig am Körper getragen, meist auf der Hüfte, und es bestand immer und bei allen Tätigkeiten Körperkontakt. Die Babys wurden oft auch von anderen Frauen und Kindern getragen, sodass die Mutter entlastet wurde. Yequana-Babys haben auch keine Drei-Monats-Koliken, die bei unseren Babys
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