Wie ein dunkler Fluch
übersehen?
Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Direkt hinter McBride lief sie in das Gebäude. Sie fanden die Stelle, an der der Schlauch hineinführte.
Eine Sackgasse.
Verdammt.
Der Schlauch hing schlaff von der Wand, das geringelte Ende führte ins Nichts.
»Dieser Mistkerl!«, sagte McBride wütend. Er zog seine Packung Zigaretten heraus, schob sich eine in den Mund und steckte sie an.
Er hatte den ganzen Abend nicht geraucht. Aber jetzt wurde ihm der Stress zu viel. Sie spürte die letzten Reste Hoffnung schwinden. Dennoch: Irgendetwas nagte an ihr, verbot ihr, alle Hoffnung aufzugeben.
Draußen hatte der Wasserschlauch sich kalt angefühlt. Weil die Tagestemperaturen bei 30 Grad und die Nachttemperaturen bei 18 Grad Celsius lagen, gab es keinen Grund, dass der Schlauch kalt war – es sei denn, es floss Wasser hindurch.
Vivians Blick fiel auf den schlaffen Abschnitt des Schlauchs, der aus dem Fenster baumelte. Wieder ging sie darauf zu und fasste ihn an: Umgebungstemperatur, nicht kalt wie der andere Teil – hier floss kein Wasser durch. Sie ging zurück nach draußen, dorthin, wo sie die Furche entdeckt hatten, und kniete sich hin, um den Bereich außerhalb des Lichtscheins der Taschenlampe zu untersuchen.
Und da fand sie, wonach sie gesucht hatte.
Mehrere alte Sprit- und Ölkanister waren zu einem kippeligen Stapel aufgeschichtet worden, damit sie einen zweiten Pfad verdeckten, der von dem ersten abzweigte. Der erste Pfad war ein Ablenkungsmanöver gewesen. Der Täter hatte darauf spekuliert, dass sie, sobald sie den toten Abschnitt des Schlauchs gefunden hätten, annehmen würden, dass da nichts wäre, und weitergehen
würden. Weil die Suche auf Bereiche mit Wasser konzentriert war, hatte ein Stapel leerer, verrosteter Kanister kein Interesse geweckt.
»Hier drüben, McBride!«
Gemeinsam schoben McBride und sie die Kanister und den anderen Müll beiseite, um nachzusehen, wohin der Pfad führte. Sie waren Dutzende Male in dem Gebäude und dessen Umgebung gewesen. Der Betriebsleiter hatte gesagt, in dem alten Kraftwerk werde überwiegend »Schrott« aufbewahrt. Man hatte auf den ersten Blick gesehen, dass sich dort nichts befand, was groß genug war, einen menschlichen Körper zu verbergen, aber sie hatten trotzdem nachgesehen. Weil es in dem Gebäude keinen Wasseranschluss gab, hatten sie es ganz von der Liste gestrichen und weitergesucht.
Aber ihr Täter war schlau; er hatte sich seine eigene Wasserversorgung gebastelt.
Vivian blieb stehen und warf einen Blick auf einen Schlauch, der an der Rückseite eines alten, ausrangierten Gefrierschranks entlangführte. »Ich glaube, hier ist es.«
McBride ging um den Gefrierschrank herum und stellte sich neben sie.
»Der Schlauch führt hier durch.« Sie zeigte auf die Rückseite des Gefrierschranks, fast ganz oben. Dort musste es sein. Diese alten Gefrierschränke eigneten sich nicht dazu, Eis zu erzeugen , sondern nur dazu, es gefroren zu halten. Es war also keine Wasserzufuhr erforderlich.
Eine einzelne Metalltür vorn bildete den einzigen Zugang. Mein Gott. Wenn sie einfach hingeschaut hätte, statt in Gedanken andere Möglichkeiten auszuschließen,
dann hätte sie erkannt, was das Ding bedeutete, als sie daran vorbeigegangen war.
Deutlich sichtbar .
Sie trat vor den Gefrierschrank und zog am Türgriff. Er bewegte sich nicht. Als sie mit der Taschenlampe auf den Fußboden leuchtete, war auf den ersten Blick nicht zu erkennen, warum er sich sehr schwer öffnen ließ.
McBride trat hinter dem Gefrierschrank hervor. »Der Motor läuft nicht, aber die Seitenwand fühlt sich kalt an.«
Wie der Wasserschlauch .
»Ich habe versucht, den Schlauch herauszuziehen. Der Täter muss von innen irgendetwas angebracht haben, so dass sich der Schlauch nicht durch das Loch herausziehen lässt.« Er zog an der Tür, wie Vivian es probiert hatte. »Rufen Sie Pratt an«, sagte er, während er noch fester zog. »Sagen Sie ihm, wir brauchen zwei Stemmeisen und ein paar kräftige Männer. Vielleicht eine Säge, um das Ding hier aufzubekommen.«
Betäubt von der Vorstellung, wie einfach alles hätte sein können, rief Vivian Pratt an, steckte ihr Handy in den Clip zurück und klemmte sich die Taschenlampe unter den Arm. Mit klopfendem Herzen packte sie mit beiden Händen den Griff des Gefrierschranks und zog zusammen mit McBride daran. Der Griff bewegte sich immer noch nicht. »Es ist …« – ihre Blicke trafen sich -, »als wäre er versiegelt.« Vivians Brust
Weitere Kostenlose Bücher