Wie ein dunkler Fluch
unterstützt hätte, hätte er vielleicht versagt. Was würde er das nächste Mal tun?
Und es würde ein nächstes Mal geben.
Was, wenn er das hier nicht hinbekäme? Vielleicht verließen ihn dann seine alten Instinkte komplett – und ein Mensch müsste seinetwegen sterben.
Rasch lief er die Treppen hinunter, mit einer Hand am Geländer, weil alles vor seinen Augen kippte. Du musst hier raus. Ein bisschen Luft schnappen. Lauf weiter.
Schweißperlen traten ihm auf die Stirn.
McBride lief die ganze Strecke bis hinunter in die Eingangshalle. Teams von Dutzenden Nachrichtensendern hatten sich dort versammelt und hofften, Neues zu erfahren. Er machte einen großen Bogen um die Journalisten, die in der Nähe der Aufzüge standen. Er ignorierte die bösen Blicke und Bemerkungen der Journalisten, die er in seiner Hast anrempelte, und drängte sich durch die Menge. Musste nach draußen. Ein enormes Gewicht lastete auf seiner Brust. Er konnte nicht mehr atmen, nicht mehr klar denken. Und durfte erst recht nicht riskieren, einem Reporter in die Arme zu laufen.
Er trat auf den Bürgersteig. Bekam wieder Luft.
Atme.
Tief .
Das war’s. Weiter atmen. Luft anhalten. Ausatmen .
Das Gewicht auf seiner Brust schien leichter zu werden. Schließlich verschwand das Gefühl der Beklemmung.
Er hatte verhindert, dass jemand starb – dieses Mal.
Er konnte es immer noch … hoffte er .
»McBride?«
Er schloss die Augen und verscheuchte die Dämonen und die »Du kannst mich mal«-Einstellung, die bei ihm so gut funktionierte – meistens jedenfalls. »Was?«
Grace erschrak. »Geht’s Ihnen gut?«
Er überhörte die Frage und gewann seine Fassung zurück. »Wie sind Sie denn den Reportern entkommen?« Sie hatte den Lift genommen, während die Horden der Reporter in der Lobby schon gelauert hatten wie Geier am Straßenrand, wenn ein Tier überfahren worden war.
»Worth hat sie mit einer Presseerklärung abgelenkt.«
McBride machte sich gar nicht die Mühe zu fragen, was Worth dabei gesagt hatte. Es interessierte ihn nicht.
»Kommen Sie, verschwinden wir von hier.« Grace ging auf das Parkhaus zu, in dem sie den Explorer abgestellt hatte. »Möchten Sie ins Waffle House oder ins IHOP?«, fragte sie, als er zu ihr aufgeholt hatte.
»Sie machen Witze, nicht wahr?« Das Letzte, was er wollte, war essen. Er blieb stehen, zog eine Zigarette aus der Packung und steckte sie sich an; sofort spürte er die beruhigende Wirkung des Nikotins.
»Sie müssen etwas essen, McBride.«
Die Bemerkung kam ihm bekannt vor. Er blickte auf ihre Brüste, dann auf ihren Mund; sie erschrak, sofort blitzte Empörung in ihren Augen auf. »Sie sind weder meine Mutter noch meine Krankenschwester. Ich esse,
wann es mir beliebt.« Er inhalierte noch einmal tief. »Mal sehen, wie Davis mit der Liste vorankommt. Wir müssen wissen, ob Schaffer zwischen den beiden Opfern irgendeine Art Verbindung herstellen konnte.«
Grace sah ihn einen Augenblick lang an, schwieg aber. Schließlich drehte sie sich um und ging weiter zum Parkhaus. Von nun an strafte sie ihn mit Schweigen, aber das störte ihn nicht.
Wenn sie miteinander redeten, würde nur sein letzter Fall zur Sprache kommen, und Grace würde Fragen stellen, die er nicht beantworten würde. Über Vergangenes sprechen, so etwas tat er nicht.
Niemals.
1000 Eighteenth Street
14.30 Uhr
Davis hatte die Anzahl der Namen auf der Liste auf knapp unter tausend reduziert. Mehr als die Hälfte der Personen kam aus den Südstaaten, was rund sechshundert Namen ergab. McBride hatte sich zu ihm an den Konferenztisch gesellt; zwei Laptops waren darauf für sie bereitgestellt. Schaffer fahndete nach irgendeiner Verbindung zwischen Alyssa Byrne und Katherine Jones.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes waren die Informationen auf der Tafel auf den neuesten Stand gebracht. Darauf war das Foto von Alyssa Byrne zu sehen, mit Bemerkungen zur Lösung ihres Entführungsfalls. Direkt daneben ein Foto von Katherine Jones mit der gleichen Information. Ein gesonderter Bereich war für die bekannten Tatsachen über den Täter geschaffen
worden. Es gab nur zwei: Er, angenommen, es handelte sich um einen Mann, war ein Fan von McBride und lebte irgendwo innerhalb eines 150-Kilometer-Radius von Birmingham.
Der Modus Operandi war in den beiden Fällen sehr unterschiedlich, die Opfer wiesen keinerlei Ähnlichkeiten auf. Es gab nichts, womit sich ein anständiges Profil erstellen ließ. Was, wie McBride meinte, der springende
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