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Wie ein einziger Tag

Wie ein einziger Tag

Titel: Wie ein einziger Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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und dann gefragt, was es darstellen sollte. Sie hatte nicht einmal Lust gehabt zu antworten.
    Sie schüttelte den Kopf, denn sie wußte, daß sie nicht ganz gerecht war. Sie liebte Lon, liebte ihn schon lange, wenn auch aus anderen Gründen. Zwar war er nicht Noah, doch er war in ihren Augen immer der Mann gewesen, den sie heiraten wollte. Mit Lon würde es keine Überraschungen geben, und es war ihr beruhigend vorgekommen zu wissen, was die Zukunft bringen würde. Er würde ihr ein guter Ehemann sein und sie ihm eine gute Ehefrau. Sie würde ein Haus in der Nähe von Freunden und Verwandten haben, einen angemessenen Platz in der Gesellschaft und Kinder. So war das Leben, das sie hatte leben wollen. Ihre Beziehung würde gewiß nicht leidenschaftlich genannt werden können, doch sie hatte sich schon vor langer Zeit eingeredet, daß es darauf nicht ankam. Die Leidenschaft würde mit der Zeit zwangsläufig vergehen; Achtung und Kameradschaftlichkeit würden an ihre Stelle treten. Beides würde sie bei Lon finden, und sie hatte geglaubt, daß sie mehr nicht brauchte.
    Das aber erschien ihr plötzlich fragwürdig, als sie Noah beim Rudern zusah. Er verströmte bei allem, was er tat, allem, was er war, eine solche Sinnlichkeit, daß sie sich bei Gedanken ertappte, die sie als verlobte Frau nicht haben sollte. Sie versuchte, ihn nicht anzustarren, und schaute oft zur Seite, doch seine Art, sich zu bewegen, machte es ihr schwer, den Blick von ihm zu lösen.
    »Da wären wir«, sagte Noah und steuerte auf das Ufer zu. Allie schaute sich um, konnte aber nichts Besonderes entdecken.
    »Wo ist es?«
    »Hier«, sagte er und lenkte das Kanu auf einen alten umgestürzten Baum zu, der eine Öffnung verdeckte, die als solche gar nicht zu erkennen war.
    Er ruderte um den Baum herum, und beide mußten den Kopf einziehen, um sich nicht zu stoßen.
    »Mach die Augen zu«, flüsterte er, und Allie schlug die Hände vors Gesicht. Sie hörte das leise Plätschern und spürte die Bewegung des Kanus bei jedem Ruderschlag, der sie aus der Strömung des Flusses trieb.
    »Gut«, sagte er schließlich und hörte auf zu rudern. »Jetzt kannst du sie wieder aufmachen.«

Schwäne und Stürme
    Sie befanden sich in der Mitte eines Sees, der vom Wasser des Brices Creek gespeist wurde. Er war nicht groß, vielleicht hundert Meter im Durchmesser, und doch war Allie erstaunt, daß man ihn vom Fluß aus nicht hatte sehen können Der Anblick war atemberaubend. Sie waren buchstäblich umringt von Tundraschwänen und kanadischen Gänsen. Von Hunderten, Tausenden! An manchen Stellen schwammen sie so dicht beieinander, daß man das Wasser kaum mehr sehen konnte. Und aus der Feme sahen manche Schwärme von Schwänen fast wie Eisberge aus.
    »O Noah«, flüsterte sie schließlich. »Es ist wunderschön.«
    Eine lange Weile saßen sie schweigend da und beobachteten das Treiben der Wasservögel. Noah deutete auf eine Gruppe frischgeschlüpfter Gänseküken, die eifrig paddelnd ihren Eltern folgten.
    Während Noah sein Kanu über das Wasser ruderte, war die Luft erfüllt von Schnattern und Piepsen. Dabei schenkten ihnen nur die Vögel Beachtung, die dem nahenden Boot ausweichen mußten. Allie streckte die Hand nach einem der Vögel aus und fühlte sein flaumweiches Gefieder unter ihren Fingern.
    Noah zog den Beutel mit dem Brot hervor und reichte ihn Allie. Sie brach es in kleine Stückchen und verteilte es, wobei sie die Kleinen bevorzugte und lachte, wenn sie sich um die Beute stritten.
    Sie verweilten, bis in der Feme Donnergrollen zu hören war, noch schwach zwar, aber beide wußten, daß es höchste Zeit war, den Rückweg anzutreten.
    Noah steuerte auf den versteckten Ausgang zu, ruderte kräftiger als vorher. Allie war noch immer wie verzaubert von dem, was sie gesehen hatte.
    »Noah, was tun sie hi er? «
    »Keine Ahnung. Ich weiß nur, daß die Schwäne jeden Herbst aus dem Norden zum Lake Matamuskeet ziehen, doch diesmal sind sie hier gelandet, warum, weiß ich auch nicht. Vielleicht hatte der frühe Blizzard etwas damit zu tun. Vielleicht sind sie von ihrer Route abgekommen. Auf jeden Fall finden sie ihren Weg zurück.«
    »Sie bleiben nicht?«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen. Sie werden von ihren Instinkten geleitet, und dies hier ist nicht ihr Ziel. Ein paar von den Gänsen werden vielleicht hier überwintern, aber die Schwäne fliegen zum Lake Matamuskeet zurück.«
    Noah paddelte kräftig, während immer dunklere Wolken dicht über ihnen

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