Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)
nackten Huren ihn kaltließen?
»Was machst du?« Ein heiseres, verschlafenes Flüstern drang durch die Dunkelheit und berührte ihn innerlich.
»Ich bin gerade hereingekommen und wollte sehen, ob es dir gut geht.«
Sie legte sich auf ihr Kissen zurück und zog das Laken bis zum Kinn hoch. »Sind Lee und Micah schon zurück?«
Jake schüttelte den Kopf und lächelte in sich hinein. »Nein. Sie bleiben sicher noch eine Weile weg.«
»Was hast du … wo bist du hingegangen?« Es kostete sie einigen Stolz, das zu fragen. Sie schaute ihn nicht an, sondern hielt ihre Augen auf die Decke gerichtet.
»Nirgendwo.«
»Du bist doch irgendwo hingegangen.«
»Das ist kein Ort, über den du etwas wissen müsstest, Banner.«
»Zu ihr?«
»Wem?«
»Priscilla Watkins.«
»Vielleicht.«
»Hast du mit ihr zu Ende gebracht, was du mit mir in der vergangenen Nacht angefangen hast?«
»Was für eine verfluchte Frage!«
»Also, hast du?«
»Das geht dich nichts an.«
Blitzschnell setzte sie sich wieder auf. Die Decke glitt ihr bis zur Taille herab. »Es geht mich wohl etwas an«, sagte sie und boxte mit den Fäusten gegen die Matratze, »wenn du mich in meinem Zimmer einschließt, damit du sie sehen kannst. Die Jungens können auf Sauftour gehen, du tust es auch, und ich hänge in diesem Zimmer fest.«
»Die Jungens können auf sich selbst aufpassen.«
»Ich auch!«
Er seufzte. Es lief nicht so, wie er es sich gewünscht hätte. Er war froh gewesen, als sie aufgewacht war. Er hatte mit ihr reden, in ihrer Stimme eine Spur von Vergebung für das, was gestern Nacht vorgefallen war, hören wollen. Vielleicht hätte er sie in die Arme nehmen, sie auf die Wange küssen, ihr sagen wollen, wie leid es ihm tat, sie wieder verletzt zu haben. Vielleicht hätte er ihr erklären wollen, dass er sich viel zu viel aus ihr machte, um sie nicht mit mehr Respekt als eine Frau, die er bezahlte, zu behandeln. Und vielleicht, nur vielleicht, hätte sie ihn verstanden.
Aber sie stritten sich wieder einmal.
»Banner, du hast doch genug Verstand, um zu begreifen, dass du nicht ohne Begleitung in Fort Worth herumschlendern kannst.«
»Du hättest mich ja begleiten können. Stattdessen hast du mich in dieses Zimmer geschoben, die Tür abgeschlossen und bist losgezogen, um deine Hure zu besuchen. Da bist du doch hingegangen, oder nicht? Sag es mir.«
»Ja. Ich habe Priscilla gesehen. Bist du jetzt zufrieden?« Etliche Sekunden lang starrte sie ihn in verletztem Schweigen an, bevor sie sich wieder hinlegte, das Laken hochzog und ihm den Rücken zukehrte.
»Scheiße!«, murmelte er und knallte die Tür zu.
Das Hotelzimmer schloss sich um ihn, und er begann, hin und her zu tigern. Er dachte daran, in ihr Zimmer zurückzugehen und sich dafür zu entschuldigen, dass er sie eingesperrt hatte. Er würde ihr anbieten, morgen, nachdem ihr Geschäft mit Culpepper abgeschlossen war, mit ihr die Stadt zu besichtigen.
Aber ihm war nicht zu trauen, wenn er in ihr Zimmer zurückging. Sie glaubte, er hätte sein Bedürfnis bei Priscilla gestillt. Was sie nicht wusste, war, dass er sich jetzt vor Begierde verzehrte.
Jake ließ sich auf das Bett fallen, um seine Stiefel auszuziehen. Sollte er Banner warnen, dass Sheldon in der Stadt war? Er hätte den Mann heute Abend beinahe umgebracht. Die Stärke seines Hasses war abschreckend. Sheldon stellte eine Bedrohung für die Colemans dar. Das alleine war Grund genug für Jake, ihn zu hassen. Aber mörderisch wurde Jakes Einstellung zu ihm deshalb, weil er besonders Banner bedrohte und ausgerechnet auf diese Art.
Sheldon schien wegen des Todes seiner Frau, seines ungeborenen Babys und seines Schwiegervaters nicht in Trauer zu sein. Noch verhielt er sich so wie ein Mann, der ängstlich darauf wartet, dass sein Heiratsantrag angenommen wird. Er benahm sich selbstsicher, als stünde die Antwort bereits fest. Solche Arroganz ging Jake gegen den Strich.
Und was zum Teufel trieb er in Fort Worth?
Jake blickte auf die Verbindungstür zwischen den Zimmern. Hatte Sheldon von ihrer Reise erfahren? Es war bestimmt nicht unbeobachtet geblieben, als Banner in Larsen Vorbereitungen traf, ihnen zu Pferde zu folgen. Konnte Sheldon ihr absichtlich gefolgt sein, weil er glaubte, dass sie seinen Antrag eher annehmen würde, wenn sie nicht unter dem Schutz ihrer Familie stand?
Nun gut, ob Banner auf ihn wütend war oder nicht, morgen würde Jake sie nicht aus den Augen lassen. Er wollte es Sheldon unmöglich machen, in ihre
Weitere Kostenlose Bücher