Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)
sich selbst. »Ich hatte diesen gequirlten Mist satt, den ich in der Serie sagen und machen musste. Dieser Quatsch hängt mir zum Hals raus. In sieben Jahren vier Ehen und ungezählte Affären, zudem ein Autounfall, bei dem ich das Gedächtnis verlor. Beinahe hätte ich meine lange vermisst geglaubte Schwester geheiratet. Gottlob fanden wir noch rechtzeitig heraus, dass wir verwandt waren. Mein Sohn starb an Leukämie, und ich bekam die Approbation entzogen, weil mich die Tochter irgendeines Geldscheichs verklagte, ich hätte eine Abtreibung bei ihr vorgenommen und das Kind wäre von mir. Ich habe die Nase gestrichen
voll von Doktor Hambrick. Der kann mich mal kreuzweise. Sieben Jahre mit derart banalen Skripts reichen mir voll und ganz.«
»Das heißt, Sie schmeißen die Rolle?«, fragte sie entgeistert und stoppte abrupt mit ihrer Massage.
»Nööö, nicht unbedingt. Bitte, hören Sie nicht auf.« Als ihre Finger wieder mit sanften Knetbewegungen seine Schulterpartie lockerten, fuhr er fort. »Ich hab Murray erklärt, dass ich eine Auszeit brauche, um mit mir selbst ins Reine zu kommen. Ich hatte in den ganzen Jahren nur ein paar Tage Ferien, von daher kann ich mir ruhig ein paar freie Wochen gönnen. Letzten Mittwoch nahmen wir eine Episode auf, in der Doktor Hambrick beim Flanieren mit seiner aktuellen Herzdame durch den Central Park von einem Straßenräuber zusammengeschlagen wird. Jetzt liegt der arme Doc im Koma. Seine Flamme wurde vergewaltigt, folglich wird sich in den nächsten Folgen alles um sie drehen. Hundertprozentig verliebt sie sich in irgendeinen anderen Mediziner«, bemerkte er abfällig schnaubend.
»Sie haben mir den Kopf dick bandagiert und ein paar Sequenzen mit mir gefilmt, wie ich reglos im Krankenbett liege. Wenn sie in der nächsten Zeit eine Aufnahme von Doktor Hambrick brauchen, werden sie dieses Stück Film einblenden. Und derweil bin ich hier bei Jennifer und genieße das herbstliche New Mexico.«
»Geht das denn so einfach?« Lauri hatte nur eine vage Vorstellung von der übermächtigen Unterhaltungsindustrie und dachte, dass Drake sich auf dünnes Eis wagte, indem er seine Karriere aufs Spiel setzte.
Er zuckte nur wegwerfend mit den Achseln. Automatisch
wippte sein Kopf nach hinten gegen ihre aufreizende Oberweite. Ihre Finger glitten über seine Wangenpartie, rieben rhythmisch seine Schläfen. Als wenn sie seinen Kopf bewusst festhielte, aber da kannte er Lauri schlecht.
»Erst einmal schon«, beantwortete er schließlich ihre Frage. »Bei aller Bescheidenheit, aber ich hab die Show immerhin einige Jahre am Laufen gehalten. Mittlerweile kenne ich auch ein paar Leute aus dem Business, die mir im Ernstfall was Neues besorgen. Außerdem weiß schließlich jeder, wie temperamentvoll wir Schauspieler sind.« Das sollte wohl ein Scherz sein, für Lauri war es jedoch wie eine schallende Ohrfeige. Ja, das können Sie laut sagen, fauchte sie im Stillen.
Um das Thema zu wechseln, fragte sie: »Wo werden Sie wohnen?«
Lachend bog er den Kopf zurück, um sie anzusehen. Ihr blieb die Luft weg. Merkte er eigentlich nicht, worauf er da gerade sein sensibles Künstlerhaupt bettete?
»Wo ich wohne?«, alberte er. »Tja, falls Sie es noch nicht gemerkt haben: Mein Zimmer ist das große im ersten Stock. Das mit dem Riesenbett und den verspiegelten Schranktüren.«
Wie von einer Biene gestochen schnellte Lauri zurück. Ihre friedfertige Stimmung von vorhin war schlagartig verschwunden. »Sie können doch nicht ernsthaft erwägen hierzubleiben!«
»Was hatten Sie denn erwartet, Mrs. Parrish? Dass ich im Mountain View Hotel einchecke?«, meinte er sarkastisch. »Natürlich bleibe ich hier.«
»Aber das geht nicht. Nicht solange ich in diesem Haus
wohne. Wir würden …« Nervös befeuchtete sie sich die Lippen und knetete ihre Hände. »Das können Sie nicht machen, nicht mit mir.« Wie kindisch sie klang, kritisierte sie sich insgeheim.
»Freunden Sie sich ruhig schon mal mit der Vorstellung an, dass wir hier zusammenleben werden.« Er bemühte sich, ernst zu bleiben. »Schätze, darauf wird es nämlich hinauslaufen. In gewisser Weise jedenfalls.«
»Es ist unmöglich!«, giftete sie.
»Wieso?«, fragte er scheinheilig. Seine grünen Augen verengten sich zu Schlitzen. »Mrs. Parrish, Sie überraschen mich. Sie haben doch nicht etwa Hintergedanken, oder? Nein, sicher würden Sie die Situation niemals schamlos ausnutzen. Oder muss ich ernsthaft Angst um meinen guten Ruf haben?«
»Nein,
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