Wie es Euch gefaellt, Mylady
die andere Hand zu nehmen. Ihr Gesicht war gerötet, sie war ein wenig außer Atem.
Julia blieb gleichfalls stehen. „Wir hätten Hamm bitten sollen, uns zu helfen. Schaffst du es noch, Tante Hermia?“
Hermia bedachte sie mit einem gereizten Blick. Sie hatten beinahe das hohe Scheunentor erreicht. In der Scheune brannten noch Licht, die Bühne war noch nicht vollständig abgebaut, aber es war ganz still.
„Ich werde doch noch in der Lage sein, einen Korb zu tragen, Julia“, entrüstete Hermia sich und setzte sich wieder in Bewegung.
Julia schmunzelte. „Kannst du mir dann bitte verraten, warum dein Gesicht gerötet ist? Und warum du kaum Luft kriegst?“
Hermia seufzte und wirkte verlegen. „Es ist wegen Odham. Der Dummkopf hat mich schon wieder geküsst vorhin, als ich das Haus verließ. Du liebe Güte, die Schauspieler sind gar nicht mehr da.“
Julia warf einen Blick über die Schulter. „Wahrscheinlich schminken sie sich in ihren Wohnwagen ab und ziehen sich um.“
„Ich hätte den Schauspieler gerne kennengelernt, der den Orsino spielte“, seufzte Hermia wehmütig. „Er erinnerte mich an meinen verstorbenen Ehemann.“
„Vielleicht hast du ja noch Gelegenheit dazu“, tröstete Julia sie mit einem Augenzwinkern.
„Odham hat mich wieder gefragt, ob ich ihn heirate.“ Hermia knabberte an einem Stück Käse aus dem Korb. „Diesmal überlege ich ernsthaft, ob ich Ja sage. Ich weiß, es klingt albern, aber als ich dieses Theaterstück sah, hatte ich das merkwürdige Gefühl, mein lieber Gerald will mir sagen, ich möge glücklich werden.“
Julia wandte sich ihr zu. „Dann bringe Herzog Orsino deinen Korb und laufe zu Odham und sage Ja - oh, sieh nur. Ein Schauspieler ist noch in der Scheune. Ich bitte ihn, uns zu helfen.“
„Ich geh schon mal vor.“
„Bleib nicht zu lange, Tante Hermia“, scherzte Julia. „Odham hat Sehnsucht nach dir.“
In der Scheune verbreitete nur eine Laterne einen schwachen Schein, als Julia den schweren Korb mit Obstkuchen, einem Laib Brot, Käse und zwei Flaschen Wein auf der provisorischen Tischplatte auf zwei Holzböcken abstellte.
Auf dem grob gezimmerten Podium übte nun ein einsamer Schauspieler sich im Fechtkampf gegen einen imaginären Gegner, probte offenbar für die nächste Vorstellung. Grayson hatte erwähnt, dass Romeo und Julia gleichfalls auf dem Programm der Truppe stand.
Ein schwarzer Umhang umwallte die sehnige Gestalt des Fechters, der in dramatischen Posen herumsprang. Offenbar spürte er, dass er Publikum hatte, und gab Julia eine Privatvorstellung seiner Fechtkunst. Prahlerei war schließlich nichts Ungewöhnliches bei Schauspielern. Julia trat an die Bühne.
„Die Vorstellung hat mir gefallen.“
Der Fechter machte eine gezierte Verbeugung und sprang vom Podium. „Es war mir ein Vergnügen.“
Sie musterte sein kantiges unrasiertes Gesicht, nicht unattraktiv, wenn auch eine Spur zu grob geschnitten. Seine Augen lagen tief in den Höhlen und glitzerten im schwachen Lichtschein wie schwarze Kohle. „Sie haben die Rolle der Gräfin Olivia gespielt“, sagte Julia erstaunt. „Ohne Ihr Kostüm hätte ich Sie nicht erkannt.“
Er verbeugte sich wieder, kreuzte den Degen vor seinem Herzen. „Und Sie“, sagte er weich mit einem kaum merklichen französischen Akzent, „sind Julia Hepworth Whitby. Die Frau, die von Boscastle und Althorne begehrt wird. Wie reizend von Ihnen, mir meine Vergeltung so leicht zu machen.“
Im ersten Moment ergaben seine Worte keinen Sinn, es dauerte eine Weile, bis Julia begriff, was er meinte. Doch dann erkannte sie in ihm den Fremden auf der Straße mit dem Zylinder, der ihr Buch aufgehoben hatte. Ein Stich des Grauens fuhr ihr ins Herz, als ihr klar wurde, dass sie allein mit dem französischen Offizier war, schutzlos dem Mann ausgeliefert, der Heath grausam gefoltert und ihm Wunden zugefügt hatte, deren Narben seinen Körper bis heute entstellten. Diese Begegnung erschien ihr unwirklich wie ein Albtraum. Nicht hier, im Hause der Boscastles, wo sie sich geborgen und sicher fühlte. Nicht hier an diesem Ort, wo dieser Mann so vielen unschuldigen Menschen Schaden zufügen konnte.
„Auclair“, stieß sie tonlos hervor, stand wie gelähmt, das Herz schlug ihr bis zum Hals. Der Name hing in der Luft. Er war das Monster, dem es höllisches Vergnügen bereitete, andere leiden zu sehen.
Er warf den Degen in die Luft und fing ihn mit der Linken auf, als wiege er nichts. Sie sah gerötete Narben wie
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