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Wie es uns gefällt

Wie es uns gefällt

Titel: Wie es uns gefällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ackroyd
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dass ich Sie auf diese Weise anspreche, aber ich habe nun mal eine Abneigung gegen Anwälte, Rechtsverdreher und dergleichen mehr. Die letzten Wochen habe ich immer wieder zu mir gesagt, wenn mir zufällig eine Person über den Weg laufen sollte, die sich aufs Entziffern von Papieren versteht, dann schnappe ich sie mir.› Über diesen Satz musste ich unwillkürlich lächeln. ‹Wie Sie sehen, Sir, bin ich kunstvolle Wortklaubereien nicht gewöhnt. Würden Sie mir Ihren Namen verraten?› Sie öffnete ihren schwarzen Seidenpompadour. Intensiver Veilchenduft verbreitete sich. Ein zauberhaftes Parfüm, finden Sie nicht auch? ‹Ich habe keine eigene Visitenkarte, nur die meines Mannes. Aber die Adresse ist dieselbe.› Ich nahm zur Kenntnis, dass ihr Mann, Valentine Strafford, Teeimporteur gewesen war und unter einer guten Adresse residiert hatte: Great Titchfield Street, im Sprengel von Marylebone. Also stellte ich mich ihr vor und versprach, bei ihr vorbeizuschauen. Schließlich gebot das schon die Höflichkeit.
    Rein zufällig kam ich drei Tage später auf dem Weg zu einem Buchbinder in der Clipstone Street an diesem Haus vorbei. Kennen Sie diesen Stadtteil, Miss Lamb? Das Viertel ist nicht sonderlich alt, aber interessant. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht wirklich die Absicht, sie zu besuchen, obwohl sie mich ziemlich beeindruckt hatte, das muss ich gestehen. Ich warf also einen raschen Blick zum untersten Fenster hinein, und was sehe ich dort auf einem langen Tisch? Haufenweise Papiere und Manuskriptrollen! Neben diversen Mappen und Schachteln lagen noch jede Menge Dokumente herum, die man mit Schnüren oder Bändern zusammengebunden hatte. Also hatte sie tatsächlich die Wahrheit gesagt, als sie von den Papieren ihres Gatten erzählte. Ohne zu zögern, eilte ich fast automatisch die Treppe hinauf und läutete. Zu meiner Überraschung öffnete sie persönlich. ‹Ich hatte auf Ihr Kommen gehofft, Mr Ireland. Ich habe Sie bereits erwartet.› Sie brachte mich in den Raum im Erdgeschoss mit den ganzen Papieren. Nach hinten hinaus konnte ich einen langen, schmalen Garten mit einem als Grotte ausgebildeten Pavillon sehen. So etwas ist momentan ziemlich in Mode.
    ‹Mrs Strafford, ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihnen helfen kann›, sagte ich.
    ‹Unsinn›, entgegnete sie. ‹Ich habe gesehen, wie Sie beim Betreten des Raums die Augen aufgerissen haben. Sie lieben solche Sachen.› Sie bot mir eine Tasse Sassafras an, was ich ablehnte. Offensichtlich hatte sie für den Tee ihres Mannes wenig übrig. ‹Selbstverständlich werde ich Sie entlohnen.›
    ‹Lassen Sie mich erst einmal eine Weile herumstöbern. Dann sprechen wir über Bezahlung›, sagte ich. Vielleicht handelt es sich um völlig unbedeutende Papiere. Vielleicht aber auch um sehr bedeutende. Erlauben Sie, dass ich mir zuerst einen Eindruck verschaffe.› Und so machte ich mich an die Arbeit. Es war eine interessante Sammlung. Da gab es Rechnungsbücher der Abtei Bermondsey aus dem dreizehnten Jahrhundert und Fragmente eines Zinsbuches der Pfarrei Morebath in Devon aus dem sechzehnten Jahrhundert. Hoffentlich langweile ich Sie nicht. Ferner eine nicht näher datierte Karte des Küstenverlaufs zwischen Gravesend und Cliffe; aufgrund der Kalligraphie war sie meiner Ansicht nach um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts anzusiedeln. Selbstverständlich konnte ich nicht ermitteln, wie ihr Mann zu einem dieser Stücke gekommen war. Ich entdeckte eine lange Inventarliste mit der Signatur des Accisenprüfers der Londoner Zollbehörde aus dem dreizehnten Regierungsjahr von Richard dem Zweiten, dazu noch mehrere Blätter mit heraldischen Motti und Entwürfen. Das Ganze wirkte auf mich wie eine willkürlich zusammengewürfelte Sammlung mit durchaus eigenwilligen Zügen. Ich spürte eine gewisse Erregung. Dieses Konvolut forderte meine Abenteuerlust heraus. Schließlich stieß ich auf einen erst kürzlich notariell bestätigten Grundbuchauszug, der das unverwechselbare grüne Wachssiegel des Londoner Katasteramtes trug. Mein Vater hatte mich schon mehrmals darauf aufmerksam gemacht. Aber das hier war keine antike Urkunde. Es ging um ein Anwesen in der Knightrider Street. Aus dem Dokument ging eindeutig hervor, dass Strafford erst vor zwei Jahren dort für zweihundertfünfunddreißig Pfund ein Gebäude erworben hatte. Ich ging in die Diele hinaus und rief laut nach Mrs Strafford, die sofort aus dem ersten Stock herunterkam.
    ‹Haben Sie etwas gefunden, Mr

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