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Wie es uns gefällt

Wie es uns gefällt

Titel: Wie es uns gefällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ackroyd
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Ireland?›, fragte sie.
    ‹Ich denke schon, Mrs Strafford›, antwortete ich. ‹Darf ich Ihnen dieses Dokument zeigen? Haben Sie es schon einmal gesehen?›
    ‹Nein, habe ich nicht›, antwortete sie.
    ‹Dann gehört Ihnen jetzt ein neues Haus!›
    ‹Davon hat mein Mann nie etwas erwähnt›, meinte sie. ‹Was hat er sich nur dabei gedacht? Knightrider Street? Das ist in der Nähe von St. Paul’s, nicht wahr? Keine billige Immobilie, davon bin ich überzeugt.› Sie sah mich an, aber leider verstehe ich von solchen Dingen nichts. ‹Wir müssen uns dieses Haus sofort ansehen.›
    Wir riefen einen verdeckten Einspänner herbei. Ich bevorzuge Kabrioletts. Diese Einspänner riechen nach Stroh und feuchten Schirmen. Finden Sie nicht auch? Leider ließ sich kein anderes Gefährt auftreiben. In Holborn mussten wir kurz anhalten. Ein kleiner Junge war unter die Pferde geraten. Dann ging es weiter in östliche Richtung, zur Knightrider Street. Miss Lamb, kennen Sie diese Straße? Ihre Krümmung erinnert an die Außenseite eines römischen Amphitheaters. Daher auch der Name. Noch ehe ich bezahlt hatte, sprang Mrs Strafford in ihrer Begeisterung schon aus der Droschke, lief voraus und prompt an der richtigen Tür vorbei. Ich rief sie zurück. Dann standen wir beide auf der Straße. Es war ein düsterer Nachmittag. Zu unserer großen Überraschung brannte hinter dem Fenster eine Kerze. Es hätte mich gar nicht gewundert, wenn der angeblich tote Strafford immer noch hier gelebt hätte. Mrs Straffords entsetzte Miene ließ darauf schließen, dass auch sie dasselbe gedacht hatte. Doch dann merkte ich, wie sie allen Mut zusammennahm, die Eingangstreppe hinaufstieg und an die Tür klopfte. Dabei fiel mir zum ersten Mal auf, dass sie keine Handschuhe trug. Finden Sie das nicht auch merkwürdig? Auf das Klopfen hin zog eine unsichtbare Hand die Kerze weg. Wir warteten und wurden dabei immer ungeduldiger. Schließlich öffnete eine völlig verkrümmte, alte Frau. Offensichtlich litt sie unter einer schrecklichen Krankheit. ‹‘s is’ keiner da›, sagte sie. Zu meinem Erstaunen ging Mrs Strafford einfach an ihr vorbei und rief laut: ‹Komm herunter! Komm herunter!›
    ‹Mr Strafford, der kommt nimmer›, sagte die alte Frau.
    ‹Wie bitte?› Mrs Strafford hatte bereits den Fuß auf die Treppe gesetzt, drehte sich dann aber wieder um.
    ‹Der war schon seit acht Monaten oder mehr nicht mehr da. Hab auch schon seit zwei Monaten kein Geld mehr gekriegt›, sagte die alte Frau.
    ‹Sie sind die Haushälterin?›, fragte Mrs Strafford.
    ‹War ich, hab aber kein Geld mehr gekriegt›, brummte die Alte.
    ‹Das wird sofort erledigt.› Offensichtlich schob Mrs Strafford nichts auf die lange Bank. ‹Wie viel ist mein Mann Ihnen schuldig?›
    Die Frau ließ sich nicht anmerken, ob das plötzliche Auftauchen von Mrs Strafford sie überrascht hatte. ‹Sechzig Shilling. Sieben und sechs in der Woche.›
    ‹Darf ich davon ausgehen, dass Sie auch Geldscheine nehmen?› Mrs Strafford zog drei Pfundscheine aus ihrem Pompadour. ‹Sind so gut wie Münzen.›
    Die beiden Frauen unterhielten sich noch eine Weile, aber ich war neugierig und wollte unbedingt herausfinden, was sich hinter den Türen dieses alten Hauses verbarg. Wenn es denn etwas geben sollte. Ich liebe Dinge mit Vergangenheit, Miss Lamb. Direkt hinter der Treppe lag ein Zimmer, das auf die Rückseite des Hauses hinausging. Schon beim Betreten stieg mir ein leichter Geruch nach altem Papier in die Nase, der auf mich genauso erfrischend wirkt wie irgendein Kraut oder eine Pflanze. Was ist schon süßer Blumenduft im Vergleich zum kräftigen Aroma von abgestandenem Bücherstaub? In der einen Zimmerecke stand ein Sekretär. Als ich ihn öffnete, entdeckte ich stapelweise gefaltete Dokumente. Einige waren zusammengebunden, andere lagen lose herum. Plötzlich tauchte Mrs Strafford hinter mir auf.
    ‹Was ist das? Noch mehr Papiere? Gütiger Gott, mein Mann ist ja in Dokumenten förmlich ertrunken.›
    ‹Vielleicht ist das ganze Haus voll damit. Was kann ich tun –›, wollte ich wissen.
    ‹Was Sie damit tun können? Sie können sie behalten, Mr Ireland. Sie haben dieses Haus für mich entdeckt. Die Dokumente darin gehören Ihnen.›
    Ich überlegte eine Weile, dann ertappte ich mich dabei, wie ich durch ein schmutziges Fenster auf einen kleinen gepflasterten Innenhof hinausschaute. ‹Nein, das ist nicht gerecht. Wir sollten es anders formulieren. Sollte ich etwas finden,

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