Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie es uns gefällt

Wie es uns gefällt

Titel: Wie es uns gefällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ackroyd
Vom Netzwerk:
einem Termin bei seinem Augenarzt.»
    «War er denn zufrieden?»
    «Er war entzückt. Über alle Maßen.» Ireland lief noch den ganzen Laden der Länge nach ab. Erst dann wandte er sich seinem Sohn zu. «Wann siehst du deine Gönnerin wieder?»
    William hatte seinem Vater weniger erzählt als Mary Lamb. Er hatte ihm nur mitgeteilt, er habe in der Bibliothek einer älteren Dame einen Grundbuchauszug für ein Haus gefunden. Zum Dank dafür habe sie ihm gestattet, gewisse Dinge zu behalten, auf die sie keinen Wert legte. In ihren Augen sei das alles «nur Papier». Außerdem hatte er ihm klargemacht, er habe sich mit einem heiligen Eid verpflichtet, nie ihren Namen preiszugeben. William wusste, dass sein Vater schnell begeistert und hochtrabend war und dazu neigte, extravagante Pläne auszuhecken. Dass er urplötzlich ganz impulsiv Edmond Malone ins Spiel gebracht hatte, war nur ein Beispiel dafür.
    «Ich habe gesagt, in ein paar Tagen käme ich wieder vorbei.»
    «In ein paar Tagen? Bist du dir überhaupt bewusst, was wir hier haben?»
    «Ein Siegel.»
    «Eine Mine, eine Goldmine. Weißt du, welchen Preis solche Sachen auf einer Auktion erzielen?»
    «Darüber habe ich nie nachgedacht, Vater.»
    «Und deine Gönnerin vermutlich auch nicht, sonst hätte sie dir diese Dinge nicht zur Verfügung gestellt. Oder soll ich sie als deine Wohltäterin bezeichnen?» Schwang etwa ein Hauch von Ironie in seiner Stimme mit? William weigerte sich, darauf einzugehen. «Sie steht über solchen Dingen, nicht wahr?»
    «Es handelt sich nur um ein Geschenk. Wie gesagt, ich habe den Grundbuchauszug für ein Haus ihres verstorbenen Gatten gefunden – »
    «Und diese Sachen haben für dich tatsächlich keinen pekuniären Wert?» Samuel Ireland lief schon wieder wie von einer seltsamen inneren Energie getrieben durch den Laden. Das erkannte William klar und deutlich. Obendrein machte sein Vater auch keinen Hehl daraus. «William, ich möchte dir eine Frage stellen: Hast du die innere Kraft, an dir zu arbeiten? Damit du in diesem Leben Erfolg hast?»
    Das war keine Frage, sondern eine Herausforderung. «Ich hoffe es. Das will ich doch behaupten.»
    «Dann musst du die Gelegenheit beim Schopf packen. Es werden noch weitere Papiere aus dem Umkreis von Shakespeare auftauchen, davon bin ich überzeugt. Ein Siegel und eine Urkunde tauchen an ein und demselben Ort auf – das ist mehr als purer Zufall. William, du musst gezielt danach suchen.» Er drehte ihm den Rücken zu, um einige Bücher im Regal umzustellen. «Deine Gönnerin muss davon ja nichts wissen. Wir können die Stücke privat verkaufen.»
    William bemerkte ein weißes Haar auf dem Rücken seines Vaters. Am liebsten hätte er es entfernt, aber er beherrschte sich. «Vater, diese Stücke können nicht verkauft werden.»
    «Nein?»
    «Ich will aus der Großzügigkeit dieser Dame keinen Profit schlagen.»
    Sein Vater zwang sich sichtbar zu einer aufrechteren Haltung. «Und meine Meinung – meine Gefühle – in dieser Sache möchtest du nicht berücksichtigen?»
    «Selbstverständlich werde ich mir deinen Rat stets gerne anhören, Vater, aber hier geht es für mich ums Prinzip.»
    «Du bist zu jung, um Prinzipien ins Feld zu führen.» Er wandte ihm immer noch den Rücken zu. «Glaubst du, deine Prinzipien werden dir ein besseres Leben verschaffen?»
    «Jedenfalls werde ich mich damit nicht schlechter stellen.»
    «Möchtest du für den Rest deines Lebens in einem Laden arbeiten?» Sein Vater drehte sich um, sah ihn aber immer noch nicht an. Er trat an den Ladentisch und wischte ihn mit der flachen Hand ab. «Hast du kein ehrgeizigeres Ziel, als immer nur Handel zu treiben?» William blieb stumm und zwang dadurch seinen Vater zum Weiterreden. «Wenn ich bei meinen ersten Gehversuchen in der Welt diese Wohltäterin, diese Gönnerin gehabt hätte, ich hätte meinen Nutzen daraus gezogen.»
    «Welchen Nutzen?»
    «Um aufzusteigen.»
    «Und wie sollte mir das gelingen, Vater?»
    «Indem du Geld ansparst.» Bei diesen Worten sah er seinen Sohn an. «Hast du eigentlich eine Ahnung, was Armut bedeutet? Ich kam mit leeren Taschen auf die Welt. Ich musste um mein Brot kämpfen. Ich hab die Armenschule in der Monmouth Street besucht. Nun ja, das alles habe ich dir längst erzählt.» William hatte sich die Lebensgeschichte seines Vaters tatsächlich bereits anhören müssen. «Ich habe mir ein paar Shilling für einen schäbigen Verkaufsstand zusammengebettelt und geborgt. Das Geschäft ist nur

Weitere Kostenlose Bücher