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Wie es uns gefällt

Wie es uns gefällt

Titel: Wie es uns gefällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ackroyd
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Sie werden es nie Wiedersehen.» Dann sprang er rückwärts, stürzte ins Wasser und trieb einen Augenblick dahin. Dabei lächelte er William an. Schließlich war er verschwunden. Unterhalb der Wasseroberfläche herrschte eine starke Tideströmung, deren Sog ihn nach unten zog. Alles geschah so plötzlich und mühelos, dass William den merkwürdigen Wunsch verspürte, es ihm nachzutun.
     
     
    Diese Empfindung war ihm immer noch gegenwärtig, während er mit Charles und Mary in der Laystall Street saß.
    «Ich bin länger geblieben als beabsichtigt», sagte er und stand auf. «Mein Vater wird mich bereits vermissen.»
    «Aber Sie werden doch wiederkommen?» Mary wandte sich an ihren Bruder: «Mr Ireland hat versprochen, mir noch mehr von Shakespeare zu zeigen. Seine eigene Handschrift.»
    William entfernte sich leise, um Mr Lamb nicht aufzuwecken, und blieb noch mit Charles in der Haustüre stehen.
    «Wer hat Sie geschlagen? Ein Straßendieb?»
    «Ich habe ihn nicht gesehen.» Charles hielt sich am Türrahmen fest, als wäre er inzwischen sehr müde.
    «Hatten Sie getrunken?»
    «Leider ja.»
    «Sie müssen vorsichtig sein, Mr Lamb.» Er war sich bewusst, dass er damit Marys Rolle übernahm. «Nachts ist man auf den Straßen nie sicher.»
    «Mr Ireland, beim Gedanken an die Nacht fallen mir Katzen im Hof ein.»

4
     
     
     
    Drei Wochen nach jenem ereignisreichen Abend beschloss Mary Lamb, sich in die Holborn Passage vorzuwagen. Seit ihrer Begegnung mit William Ireland hatte sie sich ihn oft zwischen seinen Büchern vorgestellt. Dabei hatte er in ihrer Phantasie bereits durchaus interessante Züge angenommen. Die Freunde von Charles waren alles in allem zu laut und zu geschwätzig. William jedoch war sensibler und geistig kultivierter. Jedenfalls bildete sie sich das ein. Als sie beim Näherkommen das Türschild über der Buchhandlung las – «Samuel Ireland, Buchhändler» –, ging ihr Atem schneller. Sie lief am Schaufenster vorbei und wollte sich eigentlich rasch entfernen, da ertönte von drinnen lautes, bellendes Gelächter. Sie blieb stehen, drehte sich um und sah, wie ein älterer Mann William auf den Rücken klopfte, während ein anderer Mann zusah.
    William warf einen Blick zu ihr hinaus, als hätte er sie bereits erwartet, und lief dann schnell zur Tür. «Miss Lamb, möchten Sie nicht hereinkommen? Sie haben uns in einem besonderen Augenblick ertappt.»
    Man zerrte sie fast gegen ihren Willen in den Laden. Begegnungen mit Fremden gingen ihr gegen den Strich. Sie erkannte Samuel Ireland aufgrund seiner Ähnlichkeit mit seinem Sohn. Als sie dem älteren Herrn mit dem immer noch lächelnden Gesicht unwillkürlich die Hand schüttelte, spürte sie, wie ihr vor tiefer Verlegenheit ganz heiß wurde.
    Inzwischen redete Samuel Ireland bereits auf sie ein. «Fühle mich sehr geehrt, Ihre Bekanntschaft zu machen, Miss Lamb. Wie ich sehe, hat sich Mr Malone schon vorgestellt. Sicher wissen Sie ja bereits, dass er ein großer Gelehrter ist. Miss Lamb, wir haben ein Juwel entdeckt.»
    «Etwas viel Kostbareres als jedes Juwel, Vater.»
    «Sehen Sie das hier?» Samuel Ireland hielt eine rote, am Rand leicht ausgeblichene Wachsscheibe hoch. «Das ist sein Siegel.»
    «Seine Petschaft», sagte der alte Mann.
    «Laut Ihren Erläuterungen, Mr Malone.» Noch immer lächelte Samuel Ireland Mary an, der sein triumphierendes Gehabe herzlich egal war. «Das müssen Sie mir bitte erklären, Sir. Wenn Sie die Güte hätten.»
    Er hielt Mary das Siegel unter die Nase, und Malone beugte sich über sie, um auf die Details hinzuweisen. Sie konnte seinen säuerlich-abgestandenen Atem riechen. «Hier haben wir die Quintane.» Mary konnte eine auf einem Querbalken montierte Stange erkennen, an deren einem Ende ein Sack hing. «Dieses Gerät, das sich ständig drehte, wurde bei Turnieren eingesetzt. Der Reiter stürmte mit gezücktem Speer im Galopp darauf zu und versuchte, es zu treffen. Andernfalls erhielt er einen Schlag. Begreifen Sie, was das bedeutet, Miss? Ich habe Ihren Namen nicht verstanden. Den Speer schütteln – ‹Shake› und ‹spear›. Und schauen Sie da. Hier stehen die Initialen.»
    Mary konnte am unteren Ende des Siegels undeutlich ein «W» und ein «S» erkennen. Jetzt verstand sie die Begeisterung der drei Männer.
    «Dieses Siegel müsste er für seine Briefe benutzt haben», sagte William. «Für Theaterdokumente. Mr Malone war so liebenswürdig, es für uns zu identifizieren. Er hat eine Konkordanz

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