Wie es uns gefällt
wie es sich für Angehörige des Klerus geziemte, mit weißer Halsbinde, weißen Manschetten und gepuderten grauen Perücken.
«Hocherfreut», sagte Doktor Parr.
«Ganz ungemein», tönte Doktor Warburton.
Beide verbeugten sich sehr geziert.
«Mr Malone hat an den Erzbischof geschrieben.»
«Der Erzbischof ist überglücklich.»
Die beiden ältlichen Geistlichen hatten William so beeindruckt, dass er einen Moment lang wegschauen musste. Er konzentrierte sich auf einen Kupferstich von Abraham und Isaak in einem schweren, schwarzen Rahmen.
«Endlich Gewissheit. Nun besteht nicht mehr der geringste Verdacht, dass unser erster Dichter Papist gewesen ist. Das ist wahrlich eine große Freude.»
William bemerkte, dass beide Theologen nach zerriebenen Orangen dufteten.
«Möchten Sie mit uns ein Gläschen Amontillado teilen?», erkundigte sich Doktor Parr. «Trockenster Sherry. Vom Feinsten.»
Doktor Warburton läutete mit einem Glöckchen. Ein schwarzer Knabe – auch er ganz in Schwarz mit weißen Manschetten und grauer Perücke – trug auf einem Silbertablett vier Gläser und eine Karaffe herein. Doktor Parr schenkte ein und brachte einen Toast auf «den göttlichen Barden» aus.
Erst jetzt zog Samuel Ireland aus seinem Portefeuille jenes Dokument, das William ihm in der vergangenen Woche triumphierend präsentiert hatte. «Sir, können Sie die Sekretärsschrift lesen?»
«Ich bin zeit meines Lebens damit vertraut.»
«Dann dürfte Ihnen dieses Schriftstück keine Mühe bereiten.»
Doktor Parr nahm das Pergament entgegen und reichte es seinem Kollegen weiter. Doktor Warburton setzte sich feierlich die Brille auf, was er sichtlich genoss, und begann, laut vorzulesen: «Vergib uns, o Herr, all unsere Sünden, und bewahre uns wie der holde Vogel, der seine Küken im Schutz seiner ausgebreiteten Schwingen um sich schart und über sie wacht, damit ihnen – was steht da?»
Er gab das Blatt an Doktor Parr weiter. «Kein Leid geschieht, Warburton.»
« – damit ihnen kein Leid geschieht und sie sicher sind. Beschirme auch deinen gesalbten Herrscher James. Parr, das ist ausgezeichnet. Er unterwarf sich unserer Anglikanischen Kirche. Beachten Sie das Symbol des Vogels.»
William trat an ein Fenster und schaute auf die Fetter Lane hinunter. Unter der Ulme stand auf einer Wandtafel: «Bis hierher wütete der Große Brand von London.» Zwischen dem Fenster und den Bücherregalen der Bibliothek hing eine Tapisserie, auf der Jesus unter den Schriftgelehrten im Tempel dargestellt war. Am Rand hatten sich ein paar Fäden gelöst. Ganz impulsiv zupfte er sie heraus und steckte sie in seine Tasche. Als er sich umdrehte, merkte er, dass ihn der schwarze Diener beobachtet hatte. Der Knabe schüttelte den Kopf und lächelte ihn an.
Da die anderen immer noch ganz versunken Shakespeares Testament überprüften, ging William zu ihm hinüber und meinte: «Ein Andenken. Zur Erinnerung an diesen Ort.»
Der Knabe hatte verängstigte Kulleraugen, die William wie durch einen Wasserspiegel ansahen. «Das soll nicht meine Sorge sein, Sir.»
Zu Williams Erstaunen sprach der Knabe ein lupenreines Englisch. Er hätte auch hier geboren sein können. Bisher war William nur einem einzigen Neger begegnet, dem Straßenfeger am London Stone, und der schien kaum der Sprache mächtig zu sein. «Wie lange arbeitest du schon hier?»
«Schon seit frühester Kindheit, Sir. Man hat mich über den Ozean gebracht. Hier wurde ich ausgelöst.» William wusste nicht recht, was der Knabe mit «auslösen» meinte. Es klang irgendwie nach Schuld oder Kauf. Vielleicht hatte er damit aber auch seine Taufe gemeint.
Josephs Mutter Alice hatte ihn auf ein Schiff mitgenommen, das von Barbados aus mit einer Ladung Zuckerrohr in See stach. Alice war vor kurzem die Geliebte des Kapitäns geworden und hatte darum gebettelt, dass ihr kleiner Sohn sie auf der Reise nach England begleiten dürfe. Joseph war damals sechs Jahre alt gewesen. Nach ihrer Ankunft im Hafen von London brachte der Kapitän Mutter und Sohn zur Evangelikalen Seemannsmission in der Wapping High Street und befahl ihnen, dort auf seine Rückkehr zu warten. Die ganze Nacht saßen sie auf der Treppe. Am nächsten Morgen wies Alice Joseph an, er solle hier auf den Kapitän warten, während sie sich auf die Suche nach etwas Essbarem mache. Sie kam nie mehr wieder. Besser gesagt, sie war immer noch nicht zurück, als Hannah Carlyle sieben Stunden später den kleinen schwarzen Jungen zusammengekauert
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