Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie es uns gefällt

Wie es uns gefällt

Titel: Wie es uns gefällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ackroyd
Vom Netzwerk:
etwas hättest du zu dem jungen Milton nicht sagen dürfen. Und auch nicht zu Pope. Chatterton starb in meinem Alter.»
    «Milton und Pope waren grandiose Genies. Bildest du dir etwa ein, du – »
    «Nun, eines steht fest: Geerbt habe ich jedenfalls kein geniales Talent!»
    Den restlichen Abend wechselten sie kein Wort mehr miteinander.
     
     
    Samuel Ireland hatte bereits in der vergangenen Woche an Philip Dawson, den Herausgeber des Gentleman’s Magazine, geschrieben.
    Dawson war ein kluger Mann, der in aller Ruhe konsequent seinem Geschäft nachging, aber als Irelands Brief eintraf, legte er pfeifend den Kopf zurück und rief: «Meine Güte, das nenne ich eine Entdeckung.»
    Er ging an ein Schränkchen und holte eine Flasche Soda heraus. Dawson trank nur Soda. Wie sagte er immer? Damit behalte er stets einen klaren und wachen Kopf. Seine Bekannten nannten ihn «Soda», und mit diesem Spitznamen unterschrieb er sogar seine persönlicheren Briefe. Seine Antwort an Samuel Ireland hatte er schlicht und einfach mit «Dawson» unterzeichnet. Er hatte ihn um einen Besuch gebeten.
     
     
    Als sich Samuel Ireland den Redaktionsräumen des Gentleman’s Magazine näherte, konnte er einen Moment die Unzufriedenheit seines Sohnes nachempfinden. Schon als ihm William die ersten Blätter gebracht hatte, hatte er sofort erkannt, welcher Profit darin steckte. Einige Gelehrte und Sammler würden für eine solche Unterschrift oder ein solches Dokument ein ordentliches Sümmchen berappen. Die Tatsache, dass William sich weigerte, diese Stücke zu verkaufen, war völlig unwichtig. Im Laufe der nächsten Wochen oder Monate könnte ihn Samuel garantiert vom Gegenteil überzeugen. William wäre nicht sein Sohn, wenn er die Aussicht auf finanziellen Gewinn verachten würde. Auf seinem Weg zum St. John’s Gate plagte ihn eigentlich nur eine große Sorge: Er stand vor einem großen Schritt. In Kürze würde er der englischen Öffentlichkeit eine Reihe von bisher unbekannten Shakespeariana enthüllen, die noch niemand gesehen hatte. Dadurch würde er ins Zentrum von Auseinandersetzungen geraten. Samuel Ireland überlegte bereits, wie man ihn wohl beschreiben würde: Als Buchhändler? Als Kaufmann? Als Ladenbesitzer? Und wie sollte er sich in der Gesellschaft von Gelehrten und Literaten verhalten?
    Philip Dawson saß am hinteren Ende eines langgestreckten, niedrigen Zimmers an einem Schreibtisch. Der Raum mit den mächtigen Deckenbalken aus dem fünfzehnten Jahrhundert lag direkt über dem Pförtnerhaus. Kaum erblickte er Samuel Ireland, stand er auf und ging ihm entgegen. Dawson registrierte sofort den modischen Schnitt von Irelands Gehrock, seine blühende Gesichtsfarbe, den vollen Mund und den scharfen, unsteten Blick. «Mr Ireland, Sie haben ein Wunder vollbracht», sagte er nach der förmlichen Begrüßung, wobei er ihn noch immer unverwandt musterte.
    «Es ist wirklich ein Wunder, Mr Dawson. Dürfte ich um einen Schluck Wasser bitten, bevor wir uns unterhalten?» Ireland hatte eine ganz trockene Kehle.
    «Soda?»
    «Herzlich gern.» Er trank in großen Schlucken. Als er sein Glas absetzte, konnte er ein Rülpsen nicht unterdrücken. «Verzeihung.»
    «Das geht vielen meiner Gäste so. Das Soda wühlt sie innerlich auf.»
    «Gewiss. Ich nehme an, Sie haben meinen Brief gelesen?»
    «Mr Ireland, jetzt benötige ich nur noch das Beweisstück. Das Dokument an sich.»
    «Rein zufällig – » Er beugte sich zu seinem Portefeuille hinunter und holte William Shakespeares Testament heraus, das er zur Sicherheit in ein Leinentuch gewickelt und in einem Umschlag verwahrt hatte.
    Dawson nahm es heraus und prüfte es sorgfältig. «Ein wirklich bemerkenswertes Stück.»
    «Höchst bemerkenswert.»
    «Selbstverständlich vertritt er strenggläubige Ansichten.»
    «Wie tröstlich, Mr Dawson. Angenommen, unser Barde hätte sich als Puritaner entpuppt oder als Papist…»
    «Das hätte ein merkwürdiges Licht auf seine Dramen geworfen.»
    «Wie beunruhigend wäre das gewesen.»
    «Aber – wird man es auch für authentisch halten? Das ist hier die Frage.»
    Samuel Ireland war überrascht. Er hatte an der Echtheit dieser Dokumente nie gezweifelt. Aus welchem Grund sollte Williams Gönnerin so etwas fälschen? «Ich kann Ihnen versichern, Sir, die Herkunft ist über jeden Zweifel erhaben. Darauf können Sie sich verlassen.»
    «Das höre ich gern. Trotzdem werden wir einen Paläographen brauchen.»
    «Verzeihung?» Diesen Ausdruck hatte Samuel

Weitere Kostenlose Bücher