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Wie es uns gefällt

Wie es uns gefällt

Titel: Wie es uns gefällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ackroyd
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Musselinkostüm bestanden. Leider verhakte sich beim Weg über die Bühne mittendrin ein Stück Stoff in einem Busch. Um sie daraus zu befreien, kniete sich Mr Harcourt hin und tat so, als würde er ein paar Blätter aufsammeln. Harcourt war ein gefeierter Komiker und konnte es sich nie verkneifen, einige seiner berühmtesten «komischen Grimassen» zu schneiden. Für diese Inszenierung setzte er sein sogenanntes «römisches Orgiengesicht» auf, in dem sich Lust, Zynismus und Langeweile paarten. Dazu zog er die Mundwinkel nach unten und die Augenbrauen in die Höhe. Das Publikum liebte diese Grimasse so sehr, dass er sie im Lauf seines Bühnenlebens unzählige Male zum Besten gab.
    Im dritten Akt geriet die Schlacht zwischen Römern und Briten zum Fiasko. Die blaue Farbe auf der Haut der antiken Briten war verlaufen und verteilte sich während des verzweifelten Handgemenges in den Gesichtern und auf den hölzernen Waffen der römischen Fußsoldaten. Wie sagte später einer der Statisten? «Wir sahen wie die Papageien aus.» Im Lauf dieses Gefechts sank Mr Harcourt tödlich getroffen zu Boden. Im selben Augenblick fiel der Vorhang. Leider hatte sich Harcourt so auf die Bühne geworfen, dass ihn der Vorhang buchstäblich halbierte. Kopf und Schultern ragten in die Bühne hinein, während das Publikum in den Anblick seines Unterleibs samt Beinen kam. Mühsam schälte er sich aus dem Vorhang. Schließlich hätte er doch schlecht den ganzen Abend als Sterbender verbringen können, meinte er später zu Mrs Siddons. Das schallende Gelächter konnte man bis hinunter zur Bow Street und zum Covent Garden hören.
    William verzog selbst dann noch keine Miene, als Sheridan zu ihm trat. «Ich dachte, Shakespeare hätte eine Tragödie geschrieben. Anscheinend handelt es sich aber um eine Komödie.»
    «Sir, mir fehlen die Worte.»
    «Ihnen? Sind Sie sicher?»
    «Ich weiß wirklich nicht, was ich sagen soll.»
    «Nichts, Mr Ireland, keinen Ton. Es ist nicht der subtilste Humor, aber er hat den gewünschten Effekt. Ich gratuliere Ihnen.»
    «Es besteht kein Anlass dazu, Mr Sheridan.»
    «Im Gegenteil. Sie haben uns – wie soll ich es ausdrücken? – ein Novum beschert!»
    «Es ist nicht meiner Phantasie entsprungen. Shakespeare – »
    « – macht sich als Name ausgezeichnet auf dem Plakat. Wir werden ihn beibehalten.»
    «Gibt es denn eine Wiederholung?»
    «So lange das englische Volk seinen Humor nicht verliert.»
     
     
    Die beiden letzten Akte gingen ruhiger über die Bühne. Neben gelegentlichem Gelächter gab es am Ende mancher Monologe sogar Applaus. In der Schlussszene fanden Vortigern und Edmunda zwischen den Gefallenen beider Lager wieder zusammen. Kemble und Mrs Siddons standen nebeneinander. Der ereignisreiche Abend hatte bei beiden deutliche Spuren der Erschöpfung hinterlassen. Zum Zeichen, dass sie einander verziehen, reichten sie sich die Hände, sanken auf die Bühne und starben. Den Auftakt machte Mrs Siddons:
     
    «Mich dünkt bei diesem Kuss, die Liebe selbst
    Ziert deine Stirn und streicht dir übers Silberhaar.»
     
    Worauf Kemble antwortete:
     
    «Du strahlst, als hätt ein Engel dich geküsst
    Und dir erzählt von künftigen Wonnen viel.»
     
    Endlich fiel der Schlussvorhang unter Applaus und Hochrufen, in die sich nur wenige Buhs und Pfiffe mischten. Als der Vorhang wieder hochging, versammelte sich das Ensemble zu einer gemeinsamen Verbeugung auf der Bühne. Mrs Siddons bekam ein großes Lilienbukett überreicht. Mehrfache Rufe nach dem Autor erregten große Heiterkeit im Parterre. Anschließend stimmten Schauspieler und Zuschauer sichtlich bewegt die Nationalhymne an.
    Nach dem endgültig letzten Vorhang lief Mrs Siddons in die Garderobe, ohne William Ireland eines Blickes zu würdigen. Nur Kemble kam und legte ihm den Arm um die Schulter: «Wir hatten ordentlich Kabbelwasser und mussten uns unter Deck verkriechen, aber wir sind mit glühenden Kanonen weitergesegelt! Gott segne die Londoner Bühne!»
    Noch immer stand William den Ereignissen dieses Abends seltsam gleichgültig gegenüber. Von der Angst und dem Schock, die er bei der ersten höhnischen Bemerkung empfunden hatte, war nichts mehr übrig. Er war nur noch sehr müde.
     
     
    Samuel Ireland und Rosa Ponting erwarteten ihn in dem Gang, der von der Brandmauer zur Garderobe führte. «Ich weiß, was es heißt, stolz zu sein», sagte sein Vater. «Du hast alle Erwartungen übertroffen.»
    «Ein echtes Vergnügen.» Rosa Ponting betrachtete

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