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Wie es uns gefällt

Wie es uns gefällt

Titel: Wie es uns gefällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ackroyd
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ihn mit einer Mischung aus Neugierde und Mitgefühl. «Kümmere dich nicht um die Lacher.»
    «Das hat nichts zu bedeuten», rief Samuel Ireland. «Papperlapapp, alles nur bezahlte Störenfriede.»
    «Die Lambs sind zu deinem Vater gekommen und haben ihm gratuliert.»
    «Die Lambs?» William hatte schon vergessen, dass er sie im Zuschauerraum gesehen hatte. Das alles schien ewig lange her zu sein.
    «Charles und Mary standen neben dem Orchester, zusammen mit einem komischen alten Herrn. Sie haben zu uns heraufgeschaut. Wir hatten so eine hübsche Loge, und ganz für uns allein. Aller Augen waren auf deinen Vater gerichtet.»
    «Wo ist Sheridan?», erkundigte sich sein Vater. «Ich muss ihm die Hand schütteln. Er ist ein grandioser Schöpfer. Das muss gefeiert werden. Darauf muss man anstoßen.»
    «Verzeih mir, Vater. Bleib du hier und begrüße Mr Sheridan. Ich werde zu Fuß heimgehen.»
    Das ließ sich Samuel Ireland nicht zweimal sagen. Mit Wonne blieb er noch länger in den heiligen Hallen des Theaters. Rosa in ihrem spitzenverzierten Satinkleid, eine liebevolle Kreation ihrer Schneiderin und Busenfreundin aus der Harley Street, wollte unbedingt Mrs Siddons und Mrs Jordan kennen lernen. Und so verließ William allein das Drury Lane.
    Als er an der Ecke Catherine Street und Tavistock Street vorbeikam, fiel ihm ein Mann mit abgeschabtem Hut und Überrock auf, der Handzettel an alle verteilte, die aus dem Theater kamen. Wie ein Wilder schoss er eifrig zwischen den kleinen Menschengruppen hindurch und drückte ihnen den Zettel in die Hand. Er kam auch zu William. Der nahm das Flugblatt und sah sofort die schwarz gedruckte Überschrift: «DREISTE FÄLSCHUNG.»
    William blieb stehen und sprach ihn an: «Sir, wer sind Sie?»
    «Jemand, der Shakespeare liebt, Sir.»
    «Und dieses Stück mögen Sie nicht?»
    «O nein, Sir, es ist Betrug. Ein Plagiat.»
    «Woher wollen Sie das wissen?»
    «Ich habe einen Freund beim Theater. Er hat es mir gezeigt.» William vermutete, dass der Mann selbst ein arbeitsloser Schauspieler war. «Jeder Zeile fehlt der Ton des Originals.»
    «Ich bin nicht Ihrer Meinung. Ich habe es gerade gesehen und versichere Ihnen, dass das Stück echt ist.»
    «Ach, Sir, echt mag es schon sein und doch zur selben Zeit unecht. Verstehen Sie mich?»
    Bevor William noch fragen konnte, was er damit meine, stürzte der Mann bereits auf eine neue Gruppe zu. Und so ging William mit dem Zettel in der Hand Richtung Covent Garden. Plötzlich sah er wenige Meter vor sich die Lambs. Mary Lamb spazierte Arm in Arm mit ihrem Vater und redete eifrig auf ihn ein. Da William unbemerkt bleiben wollte, bremste er seinen Schritt, bis die Lambs den gepflasterten Marktplatz erreicht hatten. Dann sah er, wie Mary allein rasch auf die Arkaden zulief, wo sonst die Töpfer ihre Stände hatten. Charles folgte ihr. Hatten sie sich gestritten?
    Er drehte um und marschierte nach Holborn zurück. In dieser Nacht schlief er tief und fest und erwachte am nächsten Morgen viel später als üblich.

12
     
     
     
    Auch Thomas de Quincey besaß eines jener ominösen Flugblätter, die vor dem Drury Lane verteilt worden waren. Charles Lamb hatte es ihm zur Erinnerung an diesen Abend geschenkt. Inzwischen waren de Quincey und Lamb gut befreundet und zechten häufig miteinander. Charles war ihm behilflich gewesen, eine Stelle als angehender Kontorist in der Zentrale der Südsee-Kompanie in der Threadneedle Street zu finden. De Quincey, der in Manchester auf eine weiterführende Schule gegangen war, hatte eine ordentliche Handschrift und konnte auch überraschend gut rechnen. Beide trafen sich manchen Abend nach der Arbeit im Billiter Inn, wo ihm Charles fünf Tage nach der Premiere von Vortigern auch dieses Flugblatt zeigte.
    «Man bezichtigt unseren Freund dreister Fälschung», sagte er nicht ohne eine gewisse Befriedigung.
    «Wirklich?»
    «Aber Ireland ist nie und nimmer imstande, ein so umfangreiches Stück zu verfassen. So gefällig kann er nicht schreiben. Das ist teilweise ausgezeichnete Poesie. Du bist ja selbst dabei gewesen.» Er berührte de Quinceys Arm. «Ich vertrete folgende Theorie: Dieses Stück stammt von einem Zeitgenossen Shakespeares, vielleicht von einem zweitrangigen Dichter. Ireland ist von dem Namen Shakespeare so verhext, dass er ihn jedem seiner Fundstücke anheftet.»
    «Ich halte mehr von ihm als du.»
    «Dieses Stück soll aus der Feder von Shakespeare sein?»
    «Im Gegenteil, es stammt von

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