Wie Fackeln im Sturm
doch bei dem Gedanken an Zwillinge schien ihn der Mut zu verlassen.
Willa musste lächeln, aber ihre vergnügte Miene schwand, als ihr Unterleib sich wieder Zusammenkrampfte. Vor Schmerz kniff sie die Augen zusammen und verzog das Gesicht.
„Tut es sehr weh?“ fragte Hugh besorgt.
Willa riss die Augen auf und ließ in ihrem Schmerz ihre Wut an ihrem Gemahl ab. „Ja, Hugh“, schrie sie. „Soll ich dir zeigen, wie weh es tut?“
„Äh … nein.“ Unwillkürlich machte Hugh einen Schritt zurück, als sie nach seiner Lendengegend griff.
„Verärgert sie nicht unnötig, Hugh.“ Lord D’Orland blickte seinen Schwiegersohn stirnrunzelnd an und schenkte seiner Tochter dann ein aufmunterndes Lächeln. „Versuch dich zu entspannen, Willa. Eada wird gleich bei dir sein.“ Voller Sorge und Ungewissheit schaute er zur Tür. „Wo bleibt diese Frau bloß?“
„Vielleicht schläft sie tief und fest in ihrem Bett, da niemand sich die Mühe gemacht hat, sie zu wecken“, sagte Willa schwer atmend.
Der Schreck fuhr den beiden Männern in die Glieder, als sie erkannten, dass Willa Recht hatte. Bestürzt sahen sie einander an.
„Was, zum Teufel, soll der Lärm hier?“ Verschlafen stolperte Jollivet durch die offene Tür.
„Eada!“ rief Willas Vater. „Wir brauchen Eada!“
Erst da schien Hughs Vetter aus seinem Halbschlaf zu erwachen und hob ruckartig den Kopf. „Sind es die Kinder?“
„Ja“, bestätigte Hugh. „Jetzt lauf und hol Eada!“
Sein Vetter machte auf dem Absatz kehrt und wäre beinahe mit Lucan zusammengeprallt, der sich inzwischen auch auf dem Gang vor dem Gemach eingefunden hatte. Hughs Freund blickte dem forteilenden Jollivet nach und unterdrückte ein Gähnen, als er schlurfend den Raum betrat.
„Wo will der so schnell hin?“ fragte Lucan nichts ahnend.
„Er holt Eada. Die Kinder kommen.“
Lucan blieb vor Schreck der Mund offen stehen. „Jetzt?“ fragte er erschrocken. „Es ist mitten in der Nacht!“
„Das scheint die Kleinen nicht zu stören“, erwiderte Willa erschöpft und stützte sich mit hängenden Schultern auf den Ellbogen ab, als der letzte Wehenschmerz nachließ.
Lucan blieb nicht der letzte Besucher, denn in diesem Moment verrieten hastige Schritte auf dem Gang, dass wieder jemand angelaufen kam. Willa hatte gehofft, es wäre Eada, doch nun sah sie, dass Baldulf in den Raum eilte, dicht gefolgt von Lord Wynekyn.
„Jollivet hat gesagt, die Kinder kommen“, meinte Baldulf ganz aufgeregt.
Lord Wynekyn drängte sich an dem getreuen Recken vorbei, während Hugh und Willas Vater bloß verzagt nickten. Onkel Luieus war auch wegen der Jagd hergekommen. Lord Richards ältester und bester Freund hatte sich sogar mit Willas Vater angefreundet. Die beiden waren gleich alt, und da jetzt der Verdacht ausgeräumt war, Tristan habe seiner eigenen Tochter nach dem Leben getrachtet, verstanden sich die beiden Männer ausgezeichnet.
„Warum hat sie die Beine übereinander geschlagen?“ rief Lord Wynekyn entsetzt. „So können die Kleinen nicht kommen!“
Eilig trat er ans Bett, griff durch die Bettdecke nach Willas Füßen und legte die Beine wieder nebeneinander. Erst dann schien er sich bewusst zu machen, was er tat, und errötete. Sogleich ließ er von ihren Füßen ab und sprang förmlich vom Bett zurück.
„Seht ihr, so ist es besser“, murmelte er. Er wirkte furchtbar verlegen, trat dann aber wieder vor und tätschelte Willas Fuß durch die Decke. „Ich glaube, du solltest jetzt pressen.“
„Nein, nicht pressen!“ schrien Hugh und ihr Vater wie aus einem Munde.
„Natürlich muss sie pressen!“ Eada stürmte mit wehendem Kleid in den Raum, gefolgt von Jollivet. „Hinaus mit euch! Hier haben Männer nichts zu suchen!“
Es entging Willa nicht, dass alle anwesenden Männer sichtlich erleichtert waren, sich endlich aus der Verantwortung stehlen zu können. Sie stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als ihre alte Ziehmutter die Tür hinter ihnen schloss. „Männer!“
„Fürwahr.“ Eada zog die Decke zurück, die Hugh über ihr ausgebreitet hatte. „Aber sie lieben dich.“
„Ja.“ Willa lächelte glücklich, als sie beobachtete, wie die alte Frau sämtliche Vorbereitungen traf. Sie hatte nicht den geringsten Zweifel, dass die Männer, die eben den Raum verlassen hatten, wie auch die Frau, die ihr nun helfen würde, sie von Herzen liebten. Nunmehr wurde Willa viel Liebe zuteil. Nach all den Menschen, die sie verloren hatte, hatte sie nun
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