Wie Feuer im Regen
wie nah er neben ihr stand. „Mein Rückzugsort im Chaos. Ich liebe die Atmosphäre in einem leeren Theater. Den Geruch. Die Stille.“
Anne konnte nicht anders, als über die Brüstung hinunter auf den Flügel zu blicken. Dort stand er, stumm, in seiner ganzen Schönheit.
„Dann will ich dir auch etwas gestehen. Ich war vorhin schon einmal hier. Weil ich mich verlaufen hatte.“
„ Ich weiß. Ich saß in dieser Loge, als du herein kamst.“
Ihr Blick kehrte zu seinen Augen zurück. Sie stand mit dem Rücken zur Wand und er hatte eine Hand neben ihrem Kopf abgestützt.
„Wirklich?“
Sein Gesicht näherte sich dem ihren. „Wirklich.“
„Wir hatten doch vorhin schon darüber gesprochen, dass es unfein ist, andere Leute heimlich zu beobachten.“
„ Es ist mein Haus und ich war zuerst hier.“ Sogar im Halbdunkel war das Blau seiner Augen überwältigend.
„ Das stimmt.“
„ Falls ich dich darum bitten würde, würdest du dann für mich spielen?“
„ Nur für dich alleine?“
Er nickte.
„Ich weiß nicht. Das ist etwas sehr Persönliches. Aber ich denke schon. Wenn du das gerne hättest.“
Sie waren sich nun so nahe, dass sich ihre Lippen beinahe berührten.
„Das wäre wundervoll. Was ist mit morgen Abend? In meiner Stadtwohnung? Dort steht ein Klavier.“
Anne schüttelte leicht den Kopf, „Oh nein. Wenn ich für dich spielen soll, dann nur hier, auf dem Steinway.“
Sein Mund wanderte zu ihrem Ohr. „Dann werde ich den Flügel in meine Wohnung bringen lassen.“
Trotz seiner verführerischen Stimme hatte Anne mit einem Schlag die Kontrolle über sich zurückerlangt. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, sich derartig in James Harkdales Welt hineinziehen zu lassen? Eine Welt, in der Geld keine Rolle spielte und in der es keine Grenzen gab, wenn es darum ging eine Frau zu erobern.
Sie schlüpfte an ihm vorbei „Sei bitte nicht albern. Weshalb solltest du einen Konzertflügel vom Land in die Stadt transportieren lassen? Ein wenig viel Aufwand, nur um ein Mädchen ins Bett zu bekommen, findest du nicht? Ich bin keine oberflächliche Goldgräberin, die man mit dem richtigen Statussymbol beeindrucken kann und ich bin sicherlich kein Spielzeug für einen kleinen reichen Jungen.“
Das wütende Glitzern in seinen Augen verriet, wie sehr sie ihn verärgert hatte. „Was ist los mit dir, Anne Marsden? Hast du etwa Minderwertigkeitskomplexe? Kannst du dir nicht vorstellen, dass jemand wirklich an dir interessiert ist? Ich bin kein kleiner Junge und erst recht nicht auf der Suche nach einem Spielzeug. Davon gäbe es unten im Wintergarten genug. Aber ich bin auch kein langweiliger australischer Geschäftsmann, der über seiner Arbeit vergessen hat, dass es noch etwas anderes im Leben gibt, als Geld zu scheffeln. Ich wäre niemals in den Wagen gestiegen, ohne dich zu küssen!“
Anne war gerade im Begriff gewesen, die Tür der Loge zu öffnen. Verblüfft hielt sie nun inne und drehte sich wieder zu Jamie um.
Mit einem Schritt war er bei ihr und nahm ihr Gesicht in beide Hände.
Sein Kuss war leidenschaftlich und fordernd und sie erwiderte ihn bereitwillig.
Ohne sie freizugeben sank er auf einen der dick gepolsterten Sessel und zog sie auf seinen Schoß.
Sie drückte sich an ihn und legte ihre Arme um seinen Hals. Durch den dünnen Stoff ihres Kleides spürte sie die Wärme seiner Hände, die über ihren Körper glitten.
Erst als sein Mund in Richtung ihres Ausschnittes wanderte, machte sie sich los und sprang auf.
„Okay“, stieß sie hervor, „Ich werde jetzt nach Hause gehen. Vielen Dank für deine Gesellschaft, es war ein sehr schöner Nachmittag.“
Ohne sich umzublicken, riss sie die Tür auf und trat auf den Gang hinaus.
Hinter ihr im Dunkel der Loge lehnte Jamie sich zurück in den Sitz, ein triumphierendes Lächeln spielte um seine Mundwinkel.
***
Am nächsten Morgen trafen gleichzeitig zwei Blumenlieferanten bei Anne aufeinander.
Verwirrt öffnete sie die Wohnungstür und nahm einen sommerlichen Strauß mit Margeriten, Klatschmohn und bunten Wiesenblumen entgegen, ebenso wie eine edle Komposition aus weißen Orchideen und Bambus.
Nachdem sie die passenden Vasen gefunden hatte, stellte sie sie vor sich auf den Küchentisch und betrachtete sie eingehend.
Beide Sträuße waren wunderschön, auf ihre unterschiedliche Art und Weise. Als sie die Karten las, die zwischen den Blumen steckten, musste sie lächeln.
Anscheinend ließ ihre Intuition sie völlig im Stich, wenn
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