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Wie Feuer im Regen

Wie Feuer im Regen

Titel: Wie Feuer im Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Oliver
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diagnostizierte er im Geiste. Dabei schätzte er sein Gegenüber auf noch nicht einmal vierzig.
    Marc hatte nichts gegen Emporkömmlinge, im Gegenteil. Er respektierte jeden, der aus eigener Kraft Karriere machte und es schaffte seine persönliche Situation zu verbessern.
    Aber Simon Threakston war eine profitgierige kleine Ratte und unter seiner parfümierten Schale lag ein stinkender Kern.
    Im Moment war ihm das jedoch egal, denn der Galerist besaß etwas, das Marc wollte.
    „Sie hatten in meinem Büro angerufen…?“
    „ Richtig, Mr. Harper. Es kam heute Morgen an und ich sah es als meine oberste Pflicht, sie sofort zu informieren.“
    „ Wo ist es? Kann ich es sehen?“
    „ Selbstverständlich. Es befindet sich noch im hinteren Bereich. Wenn sie mir bitte folgen wollen.“
    In einem der zahlreichen Räume lag eine geöffnete Holzkiste auf einem Tisch.
    „Ich war gerade dabei, es auszupacken.“
    Der Galerist schlüpfte in ein paar weiße Baumwollhandschuhe und griff vorsichtig in die Kiste. Beinahe andächtig nahm er das darin liegende Bild heraus, legte es auf die Tischplatte und trat einen Schritt zurück, damit Marc es sich ansehen konnte.
    Es war nicht besonders groß, mit unregelmäßigem Rand, ohne Rahmen.
    „ Pergament“, flüsterte Threakston, „Rötel auf Pergament. Es ist ein Frauenportrait. Eine Skizze.“
    „ Das kann ich sehen.“
    „ Für die Authentizität bürge ich mit meinem Namen.“
    Marc verdrehte die Augen.
    „Selbstverständlich liegt auch eine gutachterliche Zertifizierung bei, die bestätigt, dass es sich um ein Original handelt. Allerdings in Italienisch. Die Ausfuhr aus Italien erfolgte auf vollkommen korrektem Wege und der Vorbesitzer, ein Mitglied des italienischen Hochadels, versichert, dass seine Familie die Skizze damals direkt vom Meister erwarb. Ursprünglich war sie wohl der erste Teilentwurf für ein Gemälde, welches jedoch nie ausgeführt wurde.“
    Das Portrait des Mädchens übertraf Marcs Vorstellung. Die feingestrichelte Rötelzeichnung war typisch für die Renaissance und der Stil sah in der Tat aus, wie der Leonardo da Vincis. Sanfte Locken umrahmten ein traurig in die Ferne blickendes Gesicht. Sie hielt den Kopf etwas zur Seite geneigt, was die Melancholie in ihren Augen noch verstärkte. Am faszinierendsten war jedoch der Mund. Sinnlich geschwungen, aber nicht zu voll. Perfekt in seiner Proportion.
    Falls die Skizze tatsächlich echt war, war sie ein kleines Vermögen wert – und das gedachte Treakston auch zu berechnen.
    Marc blickte lange auf das Pergament hinab. Er besah sich jede Linie, jede Schattierung. Niemand aus seinem Freundeskreis wusste von seiner Leidenschaft für Leonardos Zeichnungen. Sie war sein kleines teures Geheimnis. Im Laufe der Jahre hatte er sich zu einem Fachmann auf diesem Gebiet entwickelt und war sich absolut sicher, dass die Zeichnung vor ihm ein Original war.
    Ohne sich auf weitere Diskussionen mit dem Galeristen einzulassen, drehte er sich um und ging zurück zum Empfangstresen.
    „ Ich nehme es. Schicken sie es bitte in mein Haus, wie üblich“, aus der Innentasche seines Jacketts fischte er eine schwarze Kreditkarte und reichte sie Treakston.
    Gerade hatten sie die Transaktion abgeschlossen, als sich die Tür der Galerie öffnete. Zusammen mit einem Schwall Regenwasser und einem kräftigen Windstoß stand plötzlich Freddie Finmore vor ihm, an einem Arm seine Verlobte und am anderen einen riesigen Regenschirm.
    „Wusste ich doch, dass du es bist“, polterte er, „Ich kenne dich sogar von hinten, durch den Regen und durch die Fensterscheibe! Was machst du denn hier, alter Junge?“
    „ Ich hatte einen Termin in der Nähe und noch etwas Zeit. Da dachte ich mir, ich suche schon mal nach einem Geburtstagsgeschenk für meinen Vater“, log Marc flüssig.
    „ Und – was gefunden?“
    „ Nein, leider nicht.“
    „ Dann komm doch mit uns. Eliza und ich waren gerade mit Jamie Mittagessen und wollen noch ins Wolesley auf einen Tee.“
    Obwohl Marc wusste, dass Eliza Bellwood-Greene ihn genauso wenig leiden konnte, wie er sie, lächelten sie einander höflich an.
    „Würde ich wirklich sehr gerne, aber ich muss wieder zurück ins Büro.“
    „ Wie schade“, meinte Eliza mit überzeugt gespieltem Bedauern. „Dabei hatte ich gehofft, du könntest etwas Licht ins Dunkel bringen. Immerhin warst du es doch, der diese PR Managerin mit nach Tornhill Hall gebracht hatte.“
    „ Du meinst Anne Marsden? Wieso, was ist mit

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