Wie Feuer im Regen
es um Marc und Jamie ging. Sie hätte nämlich schwören können, dass der fröhliche Strauß von Marc und der exklusive von Jamie stammte, aber es war genau umgekehrt.
Marc entschuldigte sich auf der beigelegten Karte nochmals dafür, sie auf der Feier allein gelassen zu haben.
Etwas enttäuscht goss sie sich eine Tasse Tee ein und gab Milch und Zucker dazu. Nett, dass er ihr Blumen schickte, aber der Gipfel der Originalität war das gerade nicht. Immerhin hatte er sein Bedauern im Clubhaus schon mehrfach ausgedrückt.
Wenn er sie nicht dazu veranlasst hätte, alleine noch zu bleiben, hätte James Harkdale es niemals gewagt, sie derartig zu küssen.
Dann wäre sie sich ihrer Gefühle für Marc noch sicher und hätte nicht eine schlaflose Nacht verbracht, in der sie mit wenig Erfolg versucht hatte, Jamie aus ihren Gedanken zu verbannen.
`Zum Teufel mit den Männern`, dachte sie und stellte die Teetasse mit etwas zu viel Schwung zurück auf den Tisch.
Sie ging ins Badezimmer und putzte sich die Zähne.
Dann hielt sie es aber doch nicht mehr aus, lief zurück in die Küche und griff neugierig nach Jamies Karte:
„ Benutzername: Dlk4Kfd17dpw, Passwort: me45Jf987Thvs – würde ich schnell ändern, ist etwas schwer zu merken. Deine Zugangsdaten für den Inner Circle. Ich habe mir erlaubt, ein Profil für Dich anzulegen. James.“
Überrascht ließ sie sich auf einen Stuhl fallen. Er hatte sie in den Inner Circle aufgenommen! Einfach so! Ob er wohl geahnt hatte, wie viel ihr daran lag? Oder hatte er es nur getan, um den Kontakt zu ihr aufrecht halten zu können? Für den Moment war ihr das egal.
Sie fischte ihren Laptop aus der Tasche, rief die Inner Circle Webseite auf und gab ihren Zugangscode ein.
Tatsächlich hatte Jamie damit begonnen, ihre Daten, sofern er sie wusste, in ein Profil einzugeben. Unter der Rubrik „Freunde“ befand sich sein eigener Name.
Anne schüttelte den Kopf. Er schien wirklich ein sehr selbstbewusster junger Mann zu sein.
Sie vervollständigte die notwendigen Eingaben, änderte Benutzername und Passwort und lud ein Profilbild von sich hoch. Dann klickte sie auf Jamies Namen und wurde zu seinem Profil weitergeleitet.
Erstaunlicherweise hatte er nicht hunderte von Freunden, wie sie es von ihm als Inhaber des Netzwerks erwartet hätte, sondern lediglich eine recht überschaubare Anzahl. Anscheinend war er ziemlich selektiv.
Ihre Inbox zeigte eine neue Nachricht an. Wahrscheinlich die obligatorische Begrüßung für den neuen User.
Doch als sie auf das Eingangssymbol klickte, sah sie, dass die Email von Jamie war.
„ Wegen gestern – es tut mir nicht leid. James. P.S. Du bist jetzt eine von uns.“
***
Der Himmel war dunkelgrau und es regnete sinntflutartig als Marc über die Straße eilte und in der Kunstgalerie verschwand.
Genau das Wetter, das er hasste. Typisch England. Kein Wunder, dass die Leute hier ständig an ihrem Tee nippten und beim kleinsten Sonnenstrahl halbnackt ins Freie liefen. Dieser ständige Regen zermürbte ihn und er hatte bemerkt, dass er sich in letzter Zeit immer mehr nach der heißen Sonne Australiens sehnte.
Aber derlei Gedanken hatten keinen Platz in seinem Kopf, als er die Glastür hinter sich schloss und den gediegenen Ausstellungsraum betrat. Das edle Interieur suggerierte Großzügigkeit und Klasse.
Nicht zum ersten Mal fragte Marc sich, was ein derartig weitläufiges Ladenlokal in Mayfair wohl kostete.
Simon Threakston, der Galerist, kam aus den Tiefen seines Geschäfts herbeigeeilt und setzte ein begeistertes Lächeln auf, als er Marc erkannte.
„Wie schön sie zu sehen, Mr. Harper!“ Sein Händedruck war für Marcs Geschmack etwas zu lang und bestätigte ihn wieder einmal in seiner Vermutung, dass Threakston sicherlich schwul war.
Mit seinem maßgeschneiderten Savile Row Anzug, den handgefertigten italienischen Schuhen und dem dezenten golden Siegelring am kleinen Finger, hatte der Galerist zwar alles abgehakt, was man von einem gediegenen Upperclass Londoner erwartete, aber die kleinen Details waren nicht stimmig.
`Das Aftershave ist zwar teuer, aber trotzdem ordinär`, dachte Marc, `Hier war wohl jemand schlecht beraten und selbst nicht stilsicher genug.`
Außerdem fielen ihm die zu großen Poren in Threakstons Gesicht bei näherem Hinsehen auf sowie die fettig glänzende Haut mit ihrem grauen Unterton.
`Minderwertige Qualität des Essens, zu viel billiger Alkohol, zu viele Zigaretten und wahrscheinlich auch zu viel Kokain`,
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